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Cholesterin - Freund und Feind zugleich

Cholesterin ist besser als sein Ruf. Trotzdem sollten die Blutfettwerte im Auge behalten werden.

Jahrzehntelang waren Eier, rotes Fleisch, ­Butter und Milchprodukte als regelrechte Cholesterinbomben verrufen, die Lebens­mittel­industrie entwickelte eigens cholesterinarme Produkte, und wer genug Disziplin aufbrachte, achtete auf eine möglichst cho­lesterinfreie Ernährung. Mittlerweile konnte in zahlreichen Studien nachgewiesen werden, dass stark cholesterinhaltige Lebensmittel keine nennenswerten Auswirkungen auf den Cholesterinspiegel im Blut haben.

Überdosierung durch Nahrung praktisch unmöglich

Der Grund dafür ist ein faszinierender Selbstregulierungsmechanismus im Körper: Führt man mit der Nahrung viel Cholesterin zu, wird die ­körpereigene Produktion gehemmt und der mit einem zu üppigen Eierfrühstück zugeführte Cholesterin-Überschuss über den Darm wieder ausgeschieden. Für gesunde Menschen ist eine Cholesterin-"Überdosierung" aus der Nahrung daher praktisch unmöglich.

Besser auf gesättigte Fettsäuren achten

Das hat im heurigen Frühjahr sogar die Ernährungsexperten in den USA zu einer radikalen Kehrtwende bewogen: In den vergangenen Jahrzehnten herrschte dort bisweilen eine ­regelrechte Anti-Cholesterin-Hysterie; cho­lesterinhaltige Lebensmittel wurden in den offiziellen Ernährungsempfehlungen als ­Gefahr für die menschliche Gesundheit eingestuft.

Seit heuer wird in den US-Leitlinien nicht mehr davor gewarnt, Cholesterin gilt nicht mehr als Problem-Nährstoff. Ein Freibrief für ungehemmtes Schlemmen ist das trotzdem nicht. Gerade stark cholesterin­haltige Produkte enthalten oft auch viele gesättigte Fettsäuren meist tierischer Fette, die nach heutigem Stand der Forschung Arterienverkalkungen begünstigen. Es scheint also weitaus sinnvoller zu sein, auf die Art und Menge der Fettzufuhr zu achten, als cholesterinhaltiges Essen ganz vom Speise­plan zu streichen.

Die gute Seite des Cholesterin

Schließlich hat das Cholesterin auch seine gute Seite: Dieses Blutfett, in der Fachsprache Lipid genannt, wird zu etwa drei Vierteln in Leber und Darmschleimhaut gebildet, zu einem Viertel über Lebensmittel wie tierische Fette und Eigelb aufgenommen.

Trotz seines lange Zeit schlechten Rufs zählt es zu den lebenswichtigen Bau­steinen im Körper: Gemeinsam mit Triglyzerid, einem anderen Fettstoff, wird es in die Außenhaut von Zellen eingebaut und stellt das Grundgerüst für Hormone und Gallensäuren bereit. Da Cholesterin als Fettstoff in Wasser und somit auch im Blut nicht löslich ist, verbindet es sich mit Eiweißen. Diese Fett-Eiweiß-Verbindungen nennt man Lipoproteine.

Gute und schlechte Lipoproteine

Gute und schlechte Lipoproteine

Das sogenannte Low-Density-Lipoprotein (LDL-)Cholesterin transportiert Cholesterin von der Leber zu den Zellen. Ist mehr von diesem Cholesterin vorhanden, als die Zellen benötigen, setzt es sich nach und nach an den Zellwänden ab und kann im fortgeschrittenen Stadium zu Gefäßverstopfungen führen. Aus diesem Grund bezeichnet man LDL als das "schlechte", gefäßschädigende Cholesterin. Je niedriger der Anteil von LDL im Blut, desto besser.

Dem High-Density-Lipoprotein (HDL-)Cholesterin wiederum wird eine gefäßschützende Wirkung zugeschrieben, weil es Cholesterin aus den Geweben aufnimmt und zurück zur Leber transportiert. Je höher dessen Wert im Blut, desto besser.

Schlechte Werte lange unentdeckt

Das Gefinkelte am Cholesterin ist, dass man lange nicht spürt, wenn sich die Werte verschlechtern. Anders als bei Kopf- oder Zahnschmerzen, geschwollenen Beinen oder anderen deutlichen Symptomen lässt es sich mit "hohem Cholesterin" relativ lange gut leben. Meist wird das ungesunde Übermaß erst im Rahmen von Routine- und Vorsorgeuntersuchungen festgestellt – oder dann, wenn es dort und da zu zwicken anfängt.

Zum Beispiel in der Gallenblase: Zu viel Cholesterin kann dort zur Bildung von Cholesterinkristallen führen, aus denen sich Gallensteine entwickeln können. Langfristig erhöht eine ungünstige Balance zwischen LDL- und HDL-Cholesterin im Blut das Risiko für verkalkte Arterien. Durch schlechten Blutfluss kommt es allmählich zum Absterben von ­Gewebe und im schlimmsten Fall zu schwer­wiegenden Folgeerkrankungen wie Herz­infarkt oder Schlaganfall.

Gesamtcholesterin und HDL-Wert entscheidend

Durch eine Blutabnahme lassen sich verschiedene Cholesterinwerte bestimmen. Wissenschaftler der Universität Cambridge analysierten die Daten von 300.000 Personen und kamen zu dem Schluss, dass vor ­allem das Gesamtcholesterin und der HDL-Cholesterinwert hohe Aussagekraft haben. Triglyzerid- und LDL-Cholesterinwert ­würden keine weiteren bedeutenden Erkenntnisse liefern.

Meist werden sie im Labor aber trotzdem standardmäßig erhoben und auf den Befunden angeführt. Ein einzelner aus dem Grenzbereich fallender Wert muss dabei noch kein Anlass zur Sorge sein. Für viele Menschen stellen leicht erhöhte Gesamt­cholesterinwerte kein Problem dar, sie müssen nicht sofort mit cholesterinsenkenden Medikamenten behandelt werden. Mit jedem bekannten, messbaren Risikofaktor, der hinzukommt, steigt aber das Risiko für Arterien­ver­härtungen und Verkalkungen mit entsprechenden Folgeerkrankungen.

Ernährung, körperliche Bewegung, Entspannung

Durch eine entsprechende Ernährungs­umstellung (vor allem auf günstige Fette und Öle) und eine Lebensstiländerung (viel körper­liche Bewegung bei gleichzeitig ausreichenden Entspannungsphasen) lassen sich diese Verhärtungen oft im Rahmen halten oder – wenn rechtzeitig gegengesteuert wird – sogar wieder verringern.

Daher sollten Erwachsene regelmäßig ihr Gesamtcholesterin bestimmen lassen – am besten im Rahmen einer Vorsorgeuntersuchung, damit gewährleistet ist, dass zur Abwägung des persönlichen Erkrankungsrisikos auch alle anderen Faktoren miteinbezogen werden.

Cholesterinwerte im Vergleich

Als aussagekräftigste Werte gelten das Gesamtcholesterin und das HDL-Cholesterin. Oft werden in Laborbefunden auch noch andere Messwerte angeführt.

Gesamtcholesterin (Ges.-C/Tot-C):

Jugendliche unter 20: < 160 mg/dl

Erwachsene Idealwerte: < 200 mg/dl
leicht erhöht: 200 – 240 mg/dl
erhöht: 241 – 300 mg/dl
stark erhöht: > 300 mg/dl

HDL-Cholesterin

Idealwert: > 50 mg/dl

Cholesterin-Quotient (CHOLQ, Ges.-C/HDL-C): Verhältnis des Gesamtcholesterins zum "guten" HDL-Cholesterin. Um es zu errechnen, wird der Wert des Gesamt­cholesterins durch den Wert des HDL-Cholesterins dividiert.

Idealwerte:
bei Frauen < 4,9
bei Männern < 4,6

LDL/HDL-Quotient (LDL/HDL): Verhältnis des gefäßschädigenden LDL-Cholesterins zum gefäßschützenden HDL-Cholesterin. Um es zu errechnen, wird der Wert des LDL-Cholesterins durch den Wert des HDL-Cholesterins dividiert.

Idealwerte:
für Frauen < 2,5
für Männer < 3,5

Hohes Risiko:
für Frauen ab 3,5
für Männer ab 4,5

Risikofaktoren

Ein erhöhter Gesamtcholesterinwert allein ist meist noch kein Grund zur Panik.

Die Wahrscheinlichkeit, früher oder später ernsthafte Folgeschäden zu erleiden, hängt vom Zusammenspiel mehrerer Risikofaktoren ab. Dazu zählen:

  • die familiäre Anfälligkeit: Herz-Kreislauf-Erkrankung bei Vater, Mutter, ­Geschwistern, Großeltern
  • starkes Übergewicht
  • Alkohol
  • Rauchen
  • erhöhter Blutdruck
  • erhöhtes Gesamtcholesterin
  • niedriges HDL-Cholesterin
  • das Geschlecht (Männer haben ein ­höheres Herzinfarktrisiko)
  • zunehmendes Alter
  • wenig Bewegung
  • bestehender Diabetes
  • bestehende oder bereits erlittene ­Herzkrankheiten

Buchtipp: "Befunde verstehen"

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www.konsument.at/befunde

Aus dem Inhalt

  • Blut- und Harnbefund
  • Was Laborwerte aussagen
  • Röntgen, CT und MRT
  • Fachbegriffe für Laien übersetzt

2. aktualisierte Auflage, 184 Seiten, 19,90 € + Versand

KONSUMENT-Buch: Befunde verstehen (2. Auflage)

 

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