Die Wissenschaft ist uneinig
Selbst wissenschaftliche Organisationen, die sich mit Ernährung beschäftigen, sind sich da nicht ganz einig. Die Nationale Ernährungskommission (NEK) schreibt in ihrer Stellungnahme vom November 2016, dass
bei veganer Ernährung eine ausreichende Versorgung mit einigen Nährstoffen nicht oder nur schwer möglich ist. Sie rät von einer veganen Ernährung in Schwangerschaft und Stillzeit sowie im gesamten Kindes- und Jugendalter dringend ab, da sich mit dem Verzicht auf jegliche tierische Lebensmittel das Risiko für Nährstoffdefizite und damit das Risiko für Gesundheitsstörungen erhöhe.
Die österreichische Position basiert auf den Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE), die ähnliches schreibt:
Wer sich dennoch vegan ernähren möchte, sollte dauerhaft ein Vitamin-B12-Präparat einnehmen, auf eine ausreichende Zufuhr v. a. der kritischen Nährstoffe achten und gegebenenfalls angereicherte Lebensmittel und Nährstoffpräparate verwenden. Dazu sollte eine Beratung von einer qualifizierten Ernährungsfachkraft erfolgen und die Versorgung mit kritischen Nährstoffen regelmäßig ärztlich überprüft werden.
Andere Ernährungsgesellschaften aus den USA, Großbritannien, Kanada, Australien, Portugal sowie die Gesamtheit der skandinavischen Staaten sehen es deutlich lockerer. Sie sagen im Prinzip, dass bei entsprechender Auswahl der Lebensmittel eine gesunde vegane Ernährung in allen Lebensphasen möglich ist und helfen kann das Risiko für diverse ernährungsabhängige Krankheiten wie Übergewicht, Herz-Kreislauf-Erkrankungen inklusive Bluthochdruck, Diabetes und bestimmte Krebsarten zu senken.
Was ist gesund?
Eine vegane Ernährung kann genauso ungesund wie eine Mischkost sein. Esse ich bei beiden Ernährungsformen viele Fertigprodukte, Chips und Süßigkeiten, kommt eine schlechte Nährstoffbilanz raus. Ebenso ist das der Fall, wenn ich bei einer veganen Ernährung nur die tierischen Produkte weg lasse und primär Beilagen esse. Aber mit ein bisschen Planung schafft man auch vegan eine vollwertige Ernährung. Mehr dazu gibt es weiter unten im Text.
Und wie ist das mit vegan ernährten Kindern?
Interessant finde ich persönlich die VeChi Diet-Studie (Vegetarian and vegan Children Study). Seit heuer gibt es vorläufige Ergebnisse. Demnach scheint die große Panikmache, dass alle vegan ernährten Kinder krank und unterentwickelt seien, überzogen. Allerdings gibt es auch Hinweise, dass es nicht bei allen passt – unter den vegan ernährten Kindern waren einige zu klein für ihr Alter. Allerdings im Gegenzug dazu schlägt es bei den Mischkostkindern in die andere Richtung aus – hier war Übergewicht ein Thema – beides ist nicht wünschenswert.
Auch bei der Versorgung mit Nährstoffen ist die Situation ähnlich differenziert – egal ob Mischköstler, Vegetarier oder Veganer Nährstoffdefizite sind in allen drei Gruppen möglich. Spannend finde ich hier vor allem, dass die Eisenaufnahme (ein häufiges Argument gegen eine ausschließlich pflanzliche Ernährung) bei den vegan ernährten Kindern deutlich höher als bei den Mischkostkindern war.
„Ein wichtiges Ergebnis der Studie ist, dass sowohl die vegetarisch und vegan ernährten Kinder als auch die Mischköstler eine vergleichbare und normale Entwicklung von Körpergewicht und Körpergröße zeigen. Dies ist ein erster Hinweis darauf, dass eine vegetarische und auch eine vegane Ernährung im Kleinkindalter bedarfsdeckend sein kann“, erklärte Dr. Markus Keller, Studienleiter und Hochschullehrer der Fachhochschule des Mittelstands (FHM) sowie wissenschaftlicher Studiengangsleiter des Bachelor-Studiengangs Vegan Food Management. Etwa 90 % der vegetarisch und vegan ernährten Kleinkinder zeigten im Durchschnitt eine normale Entwicklung von Körpergewicht und Körpergröße. Allerdings lagen etwa 10 % der veganen und 6 % der vegetarischen Kinder unterhalb der WHO-Referenzstandards und waren damit zu klein für ihr Alter. Dies könne ein Anzeichen für eine nicht optimale Ernährung sein, so Keller weiter. Bei den Mischkostkindern waren hingegen 3 % übergewichtig……
Die Zufuhr von Kalzium, Jod und Vitamin B2 war bei allen drei Gruppen kritisch, vegane Kinder erreichten nur etwa die Hälfte der empfohlenen Kalziumzufuhr.
Nur vegane Kinder erreichten im Durchschnitt die Referenzwerte für die Zufuhr von Eisen und Folat (Folsäure) und liegen um 45-50 % über den Zufuhren der Mischkostkinder.
Was soll bei einer veganen Ernährung prinzipiell auf den Teller?
Klar ist, dass das einfache Weglassen von Fleisch und Milch nicht funktioniert. Bei einer veganen Ernährung muss völlig anders gekocht und gegessen werden um eine bedarfsdeckende Ernährung zu schaffen. Einen groben Überblick bieten Ernährungspyramiden. Zuletzt wurde die Giessener Vegane Lebensmittelpyramide veröffentlicht. Eine ähnliche gibt es von der Veganen Gesellschaft Österreichs.
Wie man an Hand dieser Beispiele sieht, bilden Obst und Gemüse – so wie eigentlich auch bei der Mischkost – die Basis der Ernährung. Darauf folgen mengenmäßig (Vollkorn-)Getreide, Pseudogetreide wie Hirse und Erdäpfel. Eiweiß stammt aus Hülsenfrüchten, Milchalternativen, zum Teil auch aus Nüssen und Samen, die in der Gesamtheit die dritte wichtige Lebensmittelgruppe bilden. An der Spitze stehen Fette und Öle, eventuell falls gewünscht auch Süßigkeiten plus unbedingt spezielle Nährstoffe wie Vitamin B12 oder Algen als Jodlieferanten.
Vitamin B12 müssen Veganer substituieren, also über Nahrungsergänzungsmittel einnehmen, da dies als einziges Vitamin in Pflanzen so gut wie nicht vorkommt. Bei anderen kritischen Nährstoffe ist eine gezielte Lebensmittelauswahl meist ausreichend.
Aufpassen sollten Veganer neben dem bereits genannten Vitamin B12 bei Eiweiß, Vitamin D, Calcium, Eisen, Zink, Jod, Selen sowie Omega-3-Fettsäuren. Tipps zu diesen Nährstoffen gibt es in Broschüren der DGE oder der Veganen Gesellschaft Österreich.
Die besten Tipps gibt es auch demnächst hier im Blog.
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