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Zerlegtes iPhone
Reparierbarkeit: Es geht nicht mehr nur um die Bewertung der Hardware. Bild: parilov/Shutterstock

Wie Apple & Co die Reparierbarkeit ihrer Produkte erschweren

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ÖKO.LOGISCH

Teilekopplung. Softwarebarrieren, die verhindern sollen, dass man Ersatzteile selbst austauschen kann, sind zur zentralen Hürde im Kampf um bessere Reparierbarkeit von Elektronikprodukten geworden.

Auf EU-Ebene werden in letzter Zeit verstärkt Anstrengungen unternommen, Gesetze und Verordnungen zu erlassen, um die Reparierbarkeit von elektronischen Produkten zu verbessern. Doch die Hersteller dieser Produkte verfolgen zum Teil ganz andere Pläne. Prominentes Beispiel: Apple
Aber der Reihe nach. 

Reparaturfreundlich? Echt jetzt?

In KONSUMENT 12/2022 griff ich das Lob von iFixit an Apple auf. Das iPhone 14, frohlockten man bei der größten Onlineplattform rund ums Thema Selber-Reparieren, sei das reparaturfreundlichste iPhone seit Jahren. Ein paar Monate später ist alles anders. Im September teilte iFixit seiner Community mit, dass man sich geirrt habe. Das iPhone 14 wurde von „empfehlenswert“ auf „nicht empfehlenswert“ heruntergestuft. 

iPhone 14 abgewertet: Was ist passiert? 

iFixit ist nach wie vor der Meinung, dass sich das iPhone 14 verhältnismäßig gut zerlegen und mechanisch reparieren lässt. Nach intensiven internen Beratungen unter Einbeziehung der iFixit-Community wurde das iPhone 14 aber inzwischen zum Anlassfall, das iFixit-Bewertungsschema für die Reparierbarkeit von Elektronikprodukten auf ganz neue Beine zu stellen. Der Knackpunkt ist die sogenannte Teilekopplung – eine bewusste digitale Einschränkung der Reparaturfähigkeit. Auf Basis des neuen Bewertungsschemas wurde auch das iPhone 15 Ende September von iFixit als „nicht empfehlenswert“ eingestuft. 

Digitale Hindernisse aka Teilekopplung

Denn für iFixit geht es im Jahr 2023 nicht mehr nur darum, die Hardware, den Aufbau von Handy, Laptop und Co zu bewerten. Ob Teile unnötig verklebt sind oder sich nur mit Spezialwerkzeug lösen lassen, ist das eine. Die neue Bedrohung für Reparaturen ist subtiler, unsichtbar. Denn sie lauert in der Software. 

Als Teilekopplung werden Softwarebarrieren bezeichnet, die verhindern sollen, dass Verbraucher:innen oder Reparaturbetriebe defekte Teile selbst austauschen. Was immer öfter nicht mehr geht: Ersatzteile von Drittanbietern zu verwenden oder Teile aus nicht mehr zu rettenden Altgeräten zu entnehmen und sie für Reparaturen zu verwenden. 

Apple und Co scheint es aber wenig zu scheren, dass sie den Elektroschrottberg der Welt weiter und weiter wachsen lassen. Ihre Überlegung lautet offenkundig: Wenn wir schon das Reparieren unserer Produkte ermöglichen müssen, dann aber nur und ausschließlich nach unseren Regeln, wir geben nichts aus der Hand. 

Das Motiv von Apple & Co?

Offiziell: Produktpiraterie vorzubeugen. Schutz vor manipulierten Ersatzteilen. Oder das Wahren hoher Qualitätsstandards. Inoffiziell: Vermutlich eine gehörige Portion Profitgier. Es geht um eine Monopolisierung des Reparaturmarktes. Das Resultat: Die Softwareeinschränkungen werden immer schlimmer. Wer also eine Reparatur nicht offiziell bei Apple meldet, keine zugelassenen und zugeordneten Original-Ersatzteile verwendet, wird mit nicht zu beseitigenden „Fehlermeldungen“ genervt. Und nicht nur das: Man wird auch mit Funktionseinbußen bestraft. Wer zum Beispiel keinen von Apple zertifizierten Akkutausch vornimmt, riskiert, den Ladezustand des Akkus nicht mehr ablesen zu können. Am Ende ist das Gerät im Alltag nicht mehr zu gebrauchen, kritisiert iFixit.

Und nicht nur der Platzhirsch Apple findet immer mehr Gefallen an dieser Teilekopplung. Das Ganze hat System und findet sich bei Handykonzernen, Kühlschrankproduzenten bis hin zu Herstellern von landwirtschaftlichen Großmaschinen. Die heilsbringende Software, die „Fehler“ diagnostiziert und behebt, bleibt ein strenges Unternehmensgeheimnis, wird nicht geteilt. So haben unabhängige Reparaturbetriebe oder Verbraucher:innen keine Chance, Reparaturen erfolgreich selbst durchzuführen. 

Umdenken!

Bei Kfz-Reparaturen ist es zum Beispiel selbstverständlich, dass Verbraucher:innen selbst entscheiden, wie und wo sie diese durchführen. Warum soll das im Tech-Bereich nicht auch möglich sein? Um den stetig wachsenden Elektroschrottberg einzudämmen, müssen die Konzerne umdenken. Oder zum Umdenken veranlasst werden. 

Markus Stingl - Redakteur: Nachhaltigkeit, Finanzthemen
Markus Stingl, Bakk. phil. | Redakteur: Nachhaltigkeit, Finanzthemen Bild: VKI

Im KONSUMENT-Magazin und -Blog schreibe ich über Themen im weiten Feld der Nachhaltigkeit. Die Kolumne nennt sich ÖKO.LOGISCH.

Markus Stingl, Redakteur

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