
Kraut und Solarstrom-Rüben
ÖKO.LOGISCH
Handy-Apps. Als Betreiber eines Balkonkraftwerks kenne ich das gut: Handy-Apps, die mir zeigen wollen, was ich nicht alles Gutes mit meinem Sonnenstrom bewirke. Ein Vergleich der Apps zeigt jedoch, dass es noch viel Verbesserungsbedarf gibt.

Im KONSUMENT-Magazin und -Blog schreibe ich über Themen im weiten Feld der Nachhaltigkeit. Die Kolumne nennt sich ÖKO.LOGISCH.
Markus Stingl, Redakteur
Im Greenwashing-Check haben wir uns die App Solar.web des heimischen Unternehmens Fronius genauer angeschaut. Und zwar um herauszufinden, ob die dort dargestellten CO2-Einsparungen, die im Zusammenhang mit der Photovoltaik-Erzeugung kommuniziert werden, seriös sind oder nicht.
Das Fazit kurz zusammengefasst: Nicht alles, was den Nutzer:innen dieser App in Sachen CO2-Einsparung kommuniziert wird, ist so seriös, wie es sein sollte.
Ein Beispiel von vielen
Fronius ist aber nur ein Beispiel von vielen. Wir haben auch andere Wechselrichter-Anbieter und ihre Applikationen unter die Lupe genommen und miteinander verglichen.
So viel sei schon verraten: In diesem Segment herrscht eine Art Wild-West-Stimmung. Jeder kocht sein eigenes Daten-Süppchen, vielfach werden die Zutaten verschwiegen, Transparenz ist Mangelware.
Wie sind wir vorgegangen?
Wir haben einen Rundruf in der VKI-Belegschaft gestartet. All jene Kolleg:innen mit PV-Anlage (auch Balkonkraftwerk) sollten uns ihre Wechselrichter-Anbieter bzw. Apps nennen. In weiterer Folge haben wir (neben Fronius) das Angebot von ...
- EET
- Hoymiles
- Huawei
- SMA und
- Solax gescreent.
Augenscheinlich ist der Wildwuchs in puncto kommunizierter CO2-Einsparung. Diese unterscheidet sich um den Faktor 2,5. Klingt vielleicht nicht nach viel. Aber ob mit der gleichen Menge an Sonnenstrom 10 oder 25 Tonnen CO2 eingespart wurden, macht doch einen riesigen Unterschied.
Wenn die Datenbasis, die diesen Berechnungen zugrunde liegt, genannt werden würde, könnte man sich ja wenigstens einen gewissen Reim darauf machen. Doch leider sind die Anbieter, die solche CO2-Vergleiche in ihren Apps präsentieren, sehr intransparent unterwegs.
Und nicht nur beim CO2-Vergleich, sondern auch bei anderen Umweltfaktoren wird nebulös agiert. Wenn z. B. bei App A ein Baum „gerettet“ wird, sind es bei App B gar 81 Bäume – wohlgemerkt mit derselben Menge Strom! Das wirkt schon wie Pippis „Ich mach mir die Welt, wie sie mir gefällt“.
Bäume sind überhaupt unser Lieblings-Parameter in den Apps. Sie stehen sinnbildlich dafür, dass unserer Einschätzung nach bestimmte Indikatoren in Solar-Apps nichts zu suchen haben. Was hat ein Baum mit Sonnenstromerzeugung zu tun? Wenig bis gar nichts. Einzig wenn sich ein Anbieter dazu verpflichten würde, pro bestimmter Menge erzeugtem Solarstrom einen Baum zu pflanzen, hätte ein solcher Parameter eine gewisse Berechtigung.

EET geht in die richtige Richtung
In dem Reigen der Anbieter tut sich die Grazer Firma EET positiv hervor, die zufällig „mein“ Balkonkraftwerk- und Batteriespeicher-Anbieter ist.
EET fokussiert sich in seiner App auf das, worum es bei PV-Anlagen geht: Strom.
Der erzeugte bzw. gespeicherte Solarstrom wird in Relation zu Geräten gesetzt, die mit Strom betrieben werden (siehe Screenshot anbei).
Was EET mit dem Indikator CO2 und Bierflaschen veranschaulichen will, bleibt allerdings auch für uns rätselhaft.
Fazit
Zusammenfassend kommt das beim VKI-Greenwashing-Check schon mehrfach gebrauchte Motto „Das Gegenteil von gut ist gut gemeint“ zum Tragen.
Mit den Vergleichen in den Apps wollen die Anbieter die abstrakten Kennzahlen kWh und CO₂ leichter verdaulich darstellen. Bäume, Autokilometer oder Flugmeilen sind jedoch Themenverfehlungen.
Besser ist es, darauf aufmerksam zu machen, was man mit seinem erzeugten Strom konkret machen kann bzw. machen könnte.
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