
Oh, wie schön ist Panama!
ÖKO.LOGISCH
Warum die Klimakrise auch eine Krise der Wirtschaft bzw. unseres Konsums sein wird, zeigt sich auch anhand des Beispiels Panamakanal.

Im KONSUMENT-Magazin und -Blog schreibe ich über Themen im weiten Feld der Nachhaltigkeit. Die Kolumne nennt sich ÖKO.LOGISCH.
Markus Stingl, Redakteur
Eine Meldung in einem Newsletter bringt mich ins Grübeln: „Klimawandel macht Panamakanal unpassierbar.“ Der Grund der Unpassierbarkeit: Wassermangel sei für die Schleusen ein Problem.
Obwohl ich mich als historisch und auch geografisch nicht ganz unbewandert einschätzen würde, zeigt sich im vertieften Nachdenken schnell, dass ich von Panama und dem berühmten Kanal keine Ahnung habe. Weder weiß ich, dass der Staat Panama überhaupt nur deshalb existiert, weil der Kanal gebaut wurde. Noch weiß ich, was das überhaupt für eine Art von Kanal ist.
In meiner Unbedarftheit glaube ich, dass der Kanal ungefähr so ausschaut, wie ein in den 1960ern in Österreich begradigter Fluss. Also mit dem Lineal gezogen. Einmal quer durch, durch die engste Stelle Amerikas, irgendwann vor ca. 100 Jahren mit unglaublichem Aufwand runtergegraben bis auf Höhe des Meeresspiegels.
Meiner „Logik“ folgend stelle ich mir die Frage: Warum bitte schön soll dann Wassermangel ein Problem für die Schiffbarkeit des Kanals sein? Wird ja aufgrund der Eisschmelze tendenziell höher werden, der Meeresspiegel.
Natürlich Humbug!
Die 1914 eröffnete, 82 Kilometer lange Wasserstraße ist keineswegs nur ein Strich in der mittelamerikanischen Landschaft. Herzstück ist vielmehr ein künstlich angelegter, riesiger See, der Gatún-Stausee. Dort schippern die Schiffe um die dereinst künstlich entstanden Inselchen herum.
Und am Beginn und Ende des Panamakanals gibt’s Schleusen, die die Schiffe von Meeresspiegel-Niveau auf 26-Meter-Stauseeniveau hinaufheben. Jede Schleusenfüllung braucht, verkürzt ausgedrückt, Süßwasser aus dem Stausee (der zudem für die Trink- und Nutzwasserversorgung Panamas unerlässlich ist).
Und jetzt kommts
Der Klimawandel und die sich klar abzeichnende Trockenheit in Panama setzt dem Süßwasser-Kanal (!) mächtig zu. Denn ohne entsprechende Niederschlagsmengen reicht das Wasser vorne und hinten nicht.
Schon in den vergangenen Jahren konnten deswegen zeitweise weniger Schiffe den Kanal passieren. Zudem waren die Schiffe wegen des niedrigen Wasserstandes auch nicht so proper beladen, wie sich das die Reedereien so vorgestellt hätten.
Bildgalerie
Die ganzjährige Schiffbarkeit des Panamakanals könnte in ein paar Jahrzehnten Geschichte sein, warnen Forscher der Northeastern University aus Boston, die sich in einer Studie mit den klimatischen Veränderungen der Region beschäftigt haben. Das hätte weitreichende Folgen für die global vernetzte Wirtschaft. Aktuell passieren pro Jahr rund 14.000 Schiffe die Wasserstraße, sie ist ein Nadelöhr der Weltwirtschaft.
Weniger Schiffe, weniger Ladung, keine ganzjährige Schiffbarkeit: Das sind die Ingredienzien für eine deutliche Verteuerung globaler Warenströme. Und wer zahlt solche Verteuerungen am Ende des Tages? Stets wir Konsument:innen.
Wird uns der Fortschritt retten?
Es mag gut sein, dass die so findige Spezies Homo sapiens eine technische Lösung für dieses singuläre Problem finden wird. Vielleicht findet auch die neue Spezies „Künstliche Intelligenz“ diese Lösung für uns. Wie auch immer. Nicht für alle Probleme, die wir Menschen uns durch den selbstverursachten Klimawandel einbrocken, wird es eine Lösung geben. Dann werden wir mit den teils massiven Verwerfungen, Einschränkungen und Problemen schlicht und ergreifend leben müssen. Oder besser gesagt: Unsere Kinder und Enkelkinder.
Hier finden Sie ein sehr gelungenes Online-Dossier der Kleinen Zeitung zum Panamakanal.
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