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Selbergemachte Seifenstücke
Seife selber herstellen? Bild: VKI

Seife selbst herstellen: Wenn DIY daheim zu gefährlich ist!

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Selbermacher aufgepasst: Seife lässt sich ja aus so wenigen Zutaten herstellen, also wäre das doch das ideale DIY-Produkt. Warum Seife aber ganz anders ist als alle anderen DIY-Reinigungsmittel, erfahrt ihr in diesem Beitrag.

Ist Seife automatisch Naturkosmetik?

Vorweg möchte ich erzählen, wie es überhaupt dazu kam, dass ich mich mit der Frage, wie man Seife selbst herstellen kann, beschäftige. Da gibt es diese zwei Themen die mich schon seit Längerem nicht loslassen: Naturkosmetik und Selbermachen. Beide sind traditionell stark miteinander verbunden. Naturkosmetik ist zwar in den letzten paar Jahren ein unheimlich hippes Thema geworden - auf einmal gibt es so viel mehr als die etwas seltsam riechenden Cremen aus den Ökoshops. Naturkosmetik wird von großen Firmen produziert und für die breite (junge!) Masse beworben. Aber ihren Ursprung hat die Naturkosmetik in kleinen, oftmals Einefraubetrieben, die in Handarbeit kleine Mengen selbst herstellten.

Rezepte aus dem Internet

Nun boomt nicht nur die Naturkosmetik, sondern auch Do it yourself (DIY) ist ein Trend der gekommen ist, um zu bleiben. Das Internet ist voll von Rezepten, Anleitungen und Inspirationen. Manche davon eher fragwürdig, andere wieder handfest recherchiert und toll aufbereitet. Die meisten Anleitungen, die ich so finde, sind entweder Kosmetika oder Reinigungsmittel. Zu Ersterem habe ich bereits einen Blogbeitrag verfasst, nämlich wie man ganz einfach natürliche Lippenpflege selbst machen kann. Zu Reinigungsmitteln findet man viele Ideen mit Natron und ätherischen Ölen, aber auch hin und wieder einen Hinweis auf Seifen-Herstellung.

Seife ist nicht gleich Seife

In der Juni-Ausgabe des KONSUMENT fühlen wir dem Produkte Seife im Natur-Check auf den Zahn. Ist Seife wirklich Natur pur? Die Antwort ist: Ja und nein und kommt drauf an! Seife lässt sich theoretisch ganz einfach aus zwei Stoffen herstellen: Fett und Lauge. Und da sollten eigentlich beim Lesen schon die Alarmglocken schrillen. Natronlauge – so wie sie fürs Seife machen benötigt wird – ist ätzend! Es muss in belüfteten Räumen gearbeitet werden – am besten mit einem Abzug in einem Labor. Natürlich kann man das auch im Freien machen – dazu raten kann ich aber nicht! Augen, Hände und Kleidung müssen vor der Lauge ebenfalls geschützt werden, am Besten arbeitet man also mit Schutzbrille, Handschuhen und Labormantel. Wer ein DIY-Erlebnis mit Seife haben möchte, sollte sich besser Glycerinseife kaufen. Diese Seifenart lässt sich mit geringer Hitze beliebig oft einschmelzen und gießen. Für kleine Mengen kann man das zum Beispiel in Silikonförmchen in der Mikrowelle machen. Diese Seife lässt sich bunt einfärben, beduften oder mit natürlichen Peelingpartikeln, wie gemahlenem Mohn oder Kaffee, vermischen. Auch Bodyscrubs mit Zucker lassen sich so herstellen.

Seife selbst herstellen – ein bisschen Chemieunterricht

Zurück zur echten Seife. Wie genau geht das nun? Seife entsteht, wenn man Fett mit Lauge mischt, und zwar im richtigen Verhältnis. Fett (und Öl, aus chemischer Sicht sind das gleiche Stoffe, die sich nur durch ihr Verhalten bei Raumtemperatur unterscheiden) besteht aus an Glyzerin gebundenen Fettsäuren. Damit daraus Seife wird, müssen die Fettsäuren vom Glyzerin abgespalten und neutralisiert werden. Je nach Fett braucht man dafür mehr oder weniger Lauge. Wie viel Lauge genau benötigt wird, kann berechnet werden. Das Ergebnis ist die sogenannte Verseifungszahl.

Das richtige Mischungsverhältnis

Wenn man Fett komplett verseift, erhält man eine sehr gut reinigende Seife, die allerdings zu harsch zur Haut wäre. Eine geringe Menge Fett sollte also unverseift bleiben oder nachträglich wieder zugemischt werden. Passiert das nicht, kann man seiner Haut richtig schaden. Lässt man jedoch zu viel Fett unverseift, kann die Seife nicht gut schäumen, reinigt also nicht, sondern hinterlässt fettige Schlieren und wird auch schneller ranzig. Und auch nach dem Mischen von Fett und Lauge kann noch so einiges schief laufen. Es kann passieren, dass die Natronlauge sich nicht komplett in der Reaktion verbraucht und in Bläschen in der Seife eingeschlossen bleibt. Wäscht man sich mit so einer Seife und stößt auf eine Laugenblase, kann das zu schweren Hautschäden führen. Ihr seht schon, Seife machen ist doch viel mehr, als nur zwei Zutaten mischen!

So wird’s gemacht – meine Seifenherstellung am Campus Tulln

Ich möchte euch dennoch zeigen, wie man Seife richtig und sicher herstellt. Dafür durfte ich ins Labor unseres Partners: dem Campus Tulln der FH Wiener Neustadt. Lehrende und Studierende der FH unterstützten uns bereits letztes Jahr beim Greenwashing-Check von Haarshampoos und auch heuer wieder beim Seifen-Check. Die die Arbeitsschritte im Detail:

1. Zutaten herrichten

Für mein Experiment habe ich mich für eine Seife auf Basis einer Mischung aus Olivenöl und Kokosfett entschieden, mit einem Überfettungsgrad von ca. 7 %. Aus Kokosöl lässt sich gelbe harte Seife herstellen mit sehr guter Reinigungswirkung, reine Olivenölseife ist grünlich und reinigt milder. Eine Mischung der beiden Öle ergibt eine für mich sehr angenehme Seife und mit 7 % unverseiftem Fettanteil eignet sie sich gut zur sanften Hautreinigung.
Ich wiege die benötigte Menge der Fette und Natronlauge-Plätzchen ein und stelle sie bereit.
Ich richte auch die Formen her, in die ich die Seife nachher abfüllen möchte.

2. Fett-Mischung herstellen

Da ich festes Kokosfett verwende erwärme ich die Mischung aus Olivenöl und Kokosfett langsam unter Rühren nur soweit, bis das Kokosöl ganz geschmolzen ist.

3. Natronlauge herstellen

Die Plätzchen löse ich nun vorsichtig in Wasser auf. Immer die Plätzchen ins Wasser geben und ja nicht umgekehrt. Das Auflösen der festen Plätzchen ist eine exotherme Reaktion – es entsteht also Wärme, die Lösung „raucht“ und ein beißender Geruch entsteht. Wenn man statt Wasser andere Flüssigkeiten zum Auflösen der Plätzchen verwendet (z.B. Milch), kann die Reaktion noch heftiger ausfallen, hier ist größte Vorsicht geboten.
Die heiße Lauge muss nun auf ca. 50 Grad abkühlen. An folgende Faustregel halte ich mich dabei: wenn ich das Becherglas mit bloßen Händen berühren kann, ohne nach wenigen Sekunden vor Hitze zurückzuschrecken, dann passt die Temperatur.

4. Mischen

Nun gieße ich die Lauge langsam ins Fettgemisch. Um den Verseifungsprozess in Gang zu bringen, muss man gut rühren. Zuerst habe ich mit einem Rührstab begonnen, bin aber rasch auf einen elektrischen Mixer umgestiegen. Im Video etwas weiter unten seht ihr den ganzen Prozess. Um den Verseifungsprozess in Gang zu setzen, ist es wichtig, dass man die Mischung rührt, bis ein angedickter Seifenleim entsteht. Wie lange muss man rühren? Wenn die Mischung puddingartig wird und sich Muster auf die Oberfläche zeichnen lassen, die nicht gleich wieder verschwinden, ist man fertig.

5. Der Verseifung ihren Lauf lassen

Großartig tun muss man bei der eigentlichen Verseifung nichts mehr. Wenn man korrekt gerechnet und den Seifenleim richtig angerührt hat, nimmt die chemische Reaktion ihren Lauf. Ich habe mich für eine Mischung aus heißer und kalter Verseifung entschieden. Mit dieser Technik kann man dem Überbleiben von Laugenresten in der Seife entgegenwirken, erhält aber durch die Bläschen, die dabei entstehen, eine etwas löchrige Seife. Ein kleiner optischer Effekt, den ich bei einem handgemachten Produkt gerne in Kauf nehme.

6. Reifungsprozess

Zu guter Letzt muss die Seife noch mindestens 2 Wochen bei Raumtemperatur reifen. Es gilt: je länger desto besser! Zum Reifen stelle ich die Seife an einen gut belüfteten Ort: ein offenes Regal im Vorzimmer, an das der Hund und die Kinder nicht rankommen, eignet sich dafür hervorragend.

Wofür ich meine selbstgemachte Seife verwende – und wofür nicht!

Ich verwende die selbstgemachte Seife zum Händewaschen und unter der Dusche. Sollte die Seife wider Erwarten meine Haut zu sehr austrocknen, kann ich mit Handcreme und Bodylotion rasch gegenwirken. Handcreme haben wir übrigens erst kürzlich getestet; auch Bodylotion haben wir uns angesehen - falls ihr noch eine Entscheidungshilfe braucht, welche richtig gut wirkt.

An mein Gesicht lasse ich die selbstgemachte Seife sicherheitshalber nicht. Gesichtshaut ist dünner als Haut anderer Körperstellen und empfindlicher für eventuelle Fehler bei der Seifenherstellung. Hier vertraue ich lieber einer professionell hergestellten Waschlotion einer Naturkosmetik-Firma meiner Wahl. J

Mein Fazit

Seife machen ist definitiv ein DIY-Thema, das in erfahrene Hände gehört. Bitte informiert euch gründlich zu den möglichen Gefahren und lasst immer Vorsicht walten. Mein Startpunkt zur Seifenherstellung war die Website von Claudia Kasper. Von dem altmodischen Webauftritt sollte man sich nicht täuschen lassen - auf der Website gibt es jede Menge professionelle Anleitungen, einen Seifenrechner und viele Verweise auf andere Literatur.

Und bitte vergesst nicht: Es gibt so viele andere ungefährliche DIY-Ideen im Internet, die ihr nachmachen könnt! Habt ihr Fragen zur Seife oder zu anderen DIY-Themen, die ich beantworten kann? Hinterlasst mir doch einen Kommentar, ich freue mich darauf!

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