Ich muss ein wenig ausholen. Turnschuhe sind beliebt. Und wenn sie nicht mehr so beliebt sind, werden sie weggeschmissen. Millionenfach, und zwar jedes Jahr. Aber was passiert mit den Sneakern, wenn man sie fachgerecht, also mit halbwegs gutem Gewissen entsorgt? Landen sie im Secondhandladen um die Ecke? Oder werden sie penibel recycelt, wie die Modeindustrie gerne mit in grüne Watte gebauschten Formulierungen verspricht?
Sneakerjagd gestartet
Um dem auf die Spur zu kommen, hat das deutsche Medien-Start-up Flip vor rund eineinhalb Jahren die „Sneakerjagd“ initiiert: Alte Turnschuhe wurden mit GPS-Trackern verwanzt, in Altkleidercontainern oder bei offiziellen Rückgabestellen von großen Händlern bzw. Herstellern entsorgt, und ihr Weg dann zum Teil monatelang nachverfolgt. Die Ergebnisse der investigativen Recherche sind gelinde gesagt ernüchternd. Echtes Recycling findet nicht statt. Selbst Retouren, also einwandfreie Neuware, werden bisweilen geschreddert. Und nicht selten landen alte Sneaker in Afrika. Endstation sind dann illegale Müllhalden mit meterhohen Bergen aus Elektroschrott, Textilien und Unrat. Konfrontiert mit den Rechercheergebnissen flüchteten sich die betroffenen Unternehmen in fadenscheinige Ausreden. Unterm Stich blieb die Erkenntnis: Es kümmert eigentlich niemanden, was mit alten Sneakern wirklich passiert.
Geschredderte Sohlen
Besonders nahe ging den Kollegen von Flip die Recherche vor Ort auf einer Müllhalde in Kenia. Wenn der Modeindustrie das Entsorgungsproblem einerlei ist, dann müsse man selbst tätig werden, so die Überlegung der Journalisten. „Die Idee“, sagt Flip-Mitgründer Dominik Sothmann, „war relativ schnell klar: Wir wollten einen Sneaker entwickeln, der dazu beiträgt, Textilmüll in Afrika aufzuräumen.“ Gemeinsam mit dem Münchner Schuhhersteller Monaco Ducks und der Fakultät Textil & Design der Hochschule Reutlingen wurde daran getüftelt. Das Ergebnis: Bevor sie auf Müllhalden landen, werden nicht mehr nutzbare Sneaker in Kenia gesammelt und die Sohlen geschreddert. Partner vor Ort ist das Recycling-Start-up Africa Collect Textiles. Aus dem Granulat entstehen neue Sohlen. Dadurch sollen alte Sneaker am Ende ihres Lebenszyklus nicht in der Umwelt oder auf illegalen Mülldeponien landen, sondern Teil eines neuen Schuhs werden.
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