Recyceln ist Silber, Vermeiden ist Gold
Am 18. März ist Weltrecyclingtag. Die Wiederaufbereitung von Abfall ist ein Schlüssel zur Kreislaufwirtschaft und notwendig, um wertvolle Ressourcen zu schonen. Aber auch Recycling kann nicht alle Probleme lösen.
Auf dem richtigen Weg
Mit einer Recyclingquote von derzeit 58 % belegt Österreich europaweit den zweiten Platz. Recycling, also die Wiederaufbereitung von Abfall zu erneut nutzbaren Materialien, macht ökonomisch und ökologisch Sinn: Ressourcen sind viel zu teuer und zu wertvoll, um sie einfach wegzuwerfen. Dennoch landen hierzulande jährlich rund 600.000 Tonnen prinzipiell rezyklierbarer Stoffe noch immer im Restmüll. Das liegt nicht unbedingt an mangelndem Bewusstsein, denn 85 % der ÖsterreicherInnen sehen in der Mülltrennung ihren persönlich wichtigsten Beitrag zum Umweltschutz (Quelle: BMNT). Vielmehr gelingt Recycling besonders dort gut, wo eine sortenreine Sammlung einfach möglich ist und Abfallstoffe aus wenigen oder gut trennbaren Materialien bestehen. In diesen Fällen kann Recycling sein volles ökologisches Potenzial ausschöpfen.
Die Wiederaufbereitung von Aluminium (z.B. aus Getränkedosen) benötigt etwa nur 5 % der Energie, die notwendig ist, um dieselbe Menge Aluminium aus Primärmaterial herzustellen (Quelle: ARA). Auch bei Glasverpackungen bietet sich Recycling an, da Buntglas zu 100 % und Weißglas zu etwa 60 % aus Altglas hergestellt werden kann. Recycling schont damit nicht nur Ressourcen, sondern trägt auch zur Abschwächung ökologischer Probleme bei, etwa zum Klimaschutz: Laut Umweltbundesamt reduziert sich beispielsweise bei der Produktion von Grünglas der CO2-Fußabdruck um 40 % wenn zur Erzeugung nur Altglas eingesetzt wird.
Die Grenzen der Aufbereitung
Doch Recycling gelingt nicht immer: Das ist etwa der Fall bei Verbundstoffen. Chipspackungen oder Zahnpastatuben stellen Recyclingbetriebe beispielsweise vor große Herausforderungen, weil sie aus verschiedenen Kunststoffen bestehen, die sich nur aufwändig und somit teuer trennen lassen. Deshalb landen sie oft in Müllverbrennungsanlagen (Quelle: Süddeutsche Zeitung). Das wertvolle Material wird somit nicht in den Kreislauf zur neuerlichen Verwendung zurückgeführt, sondern zur Energiegewinnung verbrannt. Auch können nicht alle Stoffe gleich oft in den Kreislauf rückgeführt werden: Glas kann zum Beispiel unendlich oft recycelt werden, Papier bis zu sechs Mal. Das Produktdesign trägt ebenfalls zur prinzipiellen Recyclingfähigkeit bei: beispielsweise ist die Vielzahl der in Smartphones eingesetzten Hochtechnologie-Metalle (Seltene Erden, Indium, Tantal, Gallium, Germanium) derzeit großtechnisch noch nicht rezyklierbar, weil die verschiedenen Materialien in den Geräten in zu geringen Mengen enthalten und zu komplex verbaut sind (Quelle: ReSource 02/2018). Außerdem benötigen wir aufgrund unseres Lebensstils, unserer Konsum- und Wirtschaftsweise (z.B. globalisierte Produktions- und Transportsysteme) mehr Material als aus Wiederaufbereitung überhaupt gewonnen und genutzt werden kann. Aus diesen Gründen kann Recycling allein nicht das Problem der Übernutzung vorhandener Ressourcen lösen.
Eine sinnvolle Hierarchie: die 5 R
Wenn von Recycling die Rede ist, sollte es prinzipiell um die Frage gehen, wie wir mit unseren Ressourcen haushalten. Wiederaufbereitung ist ein zentraler Hebel, wie diese effizienter genutzt werden können. Die Rückführung wertvoller Ressourcen in den Kreislauf ist besser als deren Deponierung oder Verbrennung. Doch Recycling ist nicht alles. Und nicht das Mittel erster Wahl. Die Organisation Zero Waste hat ein stufenartiges Konzept entwickelt, wie ein nachhaltiger Umgang mit Ressourcen aussieht. Die sogenannten 5 R: refuse – reduce – reuse – recycle – rot. Zu deutsch: verweigern, verringern, weiterverwenden, wiederaufbereiten, verrotten.
- VERMEIDUNG: Vorrang hat, wie immer in allen ökologischen Belangen, die Vermeidung (zu diesem Aspekt sei der Blogbeitrag zum Thema Kunststoff empfohlen). Die besten Ressourcen sind jene, die wir nicht benötigen - weil dadurch keine Energie verbraucht wird, keine Treibhausgasemissionen anfallen oder sonstige Umweltprobleme (z.B. Zerstörungen lokaler Ökosysteme) verstärkt werden. Ich habe zum Beispiel einen „Bitte keine Werbung“-Sticker auf meinen Briefkasten geklebt – dadurch hat sich mein Papiermüll um ca. 80 % verringert und seither quillt meine Papiermülltonne auch nicht mehr regelmäßig über. (Netter Nebeneffekt: Werbeaktionen erreichen mich nicht und führen mich nicht in Versuchung, Dinge zu kaufen, die ich sowieso nicht benötige ). Außerdem bemühe ich mich, zu unverpacktem Obst oder Gemüse zu greifen. Ich kaufe auch keine Bio-Milch aus der Einwegglasflasche (Konsument 9/2018) - weil Glasverpackungen nur als Mehrwegverpackung unschlagbar gut sind. (Aber bald gibt es ja wieder Milch in der Mehrwegflasche im Handel…das macht ökologisch wirklich sehr viel Sinn)!
- REDUKTION: Weniger ist mehr, Qualität vor Quantität! Wer es nicht schafft, zu vermeiden, kann reduzieren. Zum Beispiel die Anzahl gedruckter Emails. Die Wegstrecken mit dem Auto. Den Fleischkonsum. Reduktion kann auch das Produktdesign selbst betreffen: zum Beispiel gibt es Leichtglasflaschen, deren Produktion weniger Materialeinsatz als die von herkömmlichen Glasflaschen erfordert. Auch so kann eine Menge Ressourcen eingespart werden.
- WEITERVERWENDUNG: Second-Hand-Ware (z.B. Möbel oder Gewand) ist gegenüber Neuware ökologisch deutlich im Vorteil. Plattformen wie Shpock oder willhaben tragen daher indirekt auch zu einer Ökologisierung des Konsums bei. Weiterverwendung kann auch über Reparatur gewährleistet werden – aus diesem Grund sind diverse Repair-Cafés (KONSUMENT 2/2016) oder Reparatur-Werkstätten aller Art (wie z.B. das R.U.S.Z, KONSUMENT 8/2018) zu begrüßen. In Schweden gibt es sogar das erste Recycling-Einkaufszentrum der Welt. Hinter all dem steht die Absicht, die Lebensdauer von Produkten zu verlängern und dadurch sowohl den Einsatz neuer Materialien als auch das Abfallaufkommen zu reduzieren.
- RECYCLING: Erst die nächste Stufe stellt die bereits beschriebene Rezyklierung dar. Warum so weit unten in der Hierarchie? Aus dem einfachen Grund, weil natürlich auch die Wiederaufbereitung von Materialien zusätzlichen Ressourcenaufwand (z.B. Energie) erfordert. Und die Reduzierung des Abfallaufkommens generell Vorrang vor dessen Aufbereitung hat. Recycling muss Hand in Hand mit Vermeidung und Reduktion gehen.
- VERROTTUNG: Zuletzt steht die Verrottung. Speisereste und andere organische Abfälle sollten einer Kompostierung zugeführt werden, um dadurch wertvolle Nährstoffe zu erhalten, die der Düngung und Nährstoffanreicherung des Bodens dienen.
Beim Einkauf auf Recycling-Produkte achten
Produkte mit Rezyklatanteil weisen einen besseren ökologischen Fußabdruck auf als vergleichbare Produkte ohne einen solchen. So ist z.B. Altpapier ökologisch jenen Papieren zu bevorzugen, die aus Frischfasern erzeugt werden. Übrigens: der Testsieger des letzten VKI-Tests zu Toilettenpapier (KONSUMENT 2/2018) bestand zu 100 % aus Recyclingpapier und trägt auch das Österreichische Umweltzeichen. Bei manchen Produkten schneiden recycelte Produkte im Test aber schlechter ab, z.B. Küchenrollen (KONSUMENT 2/2019). Und zum Transportieren der eingekauften Recyclingprodukte sei die KONSUMENT-Mehrwegtasche des VKI empfohlen, die zu 100 % aus rezyklierten PET-Flaschen besteht.
Nützliche Tipps
Wer nützliche und kurze Tipps sucht, dem seien die verschiedenen Kanäle des Österreichischen Umweltzeichens ans Herz gelegt: auf der Homepage, aber insbesondere auf Facebook und Instagram (siehe unten) finden sich immer wieder nützliche Tipps und Infos zu dem Thema. Deshalb am besten einfach dem Österreichischen Umweltzeichen auf Social Media folgen und zertifizierte Umweltzeichenprodukte kaufen. Vor allem aber vor jedem Kauf sich kurz fragen: Brauche ich das wirklich? Gibt es eine Alternative, die z.B. weniger (Verpackungs-)Müll produziert? Gibt es ein ähnliches Produkt auch mehrwegbasiert? Kann ich mir etwas auch gebraucht kaufen oder vielleicht von jemandem ausborgen?
Kurz: Die 5 R im Kopf behalten, ist aus ökologischer Sicht auf jeden Fall kein Fehler.
Im VKI-Blog schreibe ich über verschiedene Themen rund um Nachhaltigkeit. Außerdem betreue ich das Österreichische Umweltzeichen und bin Projektleiter des VKI Greenwashing-Checks.
Raphael Fink, Nachhaltigkeitsexperte
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