Doch bevor die Tipps kommen, zunächst einmal zur trockenen Theorie. In der veganen Ernährung gibt es einige kritische Nährstoffe, das heißt vor allem Vitamine und Mineralstoffe von denen man leicht zu wenig bekommt. Diese sind laut Gießener veganer Lebensmittelpyramide Eiweiß, langkettige Omega-3-Fettsäuren, Vitamin D, Vitamin B2, Vitamin B12, Kalzium, Eisen, Zink, Jod und Selen. Wenn man weiß wie man von diesen ausreichend bekommt, hat man schon einen gewaltigen Vorsprung.
Eiweiß
Die Eiweißmenge, die ein Körper benötigt, wird von vielen überschätzt. Trotzdem kann bei einer veganen Ernährung auch zu wenig Eiweiß gegessen werden. Die Empfehlung liegt bei 0,8 g pro Kilogramm Körpergewicht. Bei 70 Kilogramm kommt man so auf 56 g. 10 Gramm Eiweiß stecken beispielsweise in 50 g Hülsenfrüchten (roh gewogen), ca. 20 g Hanf- oder Kürbiskernmehl, 50 g Tempeh, 60 bis 70 g Amaranth oder Quinoa, 100 g Tofu oder 200 g Sojadrink. Aber auch Nüsse und Samen enthalten vergleichsweise viel Eiweiß. Letztlich ist auch der Eiweißgehalt von Gemüse und Beilagen nicht zu unterschätzen. Im Idealfall sollte einmal am Tag eine Eiweißmahlzeit mit ca. 30 g gegessen werden um die Muskeleiweißsynthese zu optimieren (am besten ca. 1 Stunde nach einer Bewegungseinheit).
Vitamin B12
Vitamin B12 kommt in pflanzlichen Lebensmittel de fakto nicht vor, das heißt hier ist unbedingt ein Nahrungsergänzungsmittel notwendig. Vitamin B12 ist wichtig für Zellteilung, Blutbildung sowie das Nervensystem und ein Mangel kann zu irreversiblen Schädigungen des Nervensystems führen. Das Gute an Vitamin B12 ist, dass es lange im Körper gespeichert werden kann. Immer wieder liest man, dass Sauerkraut oder Spirulina Vitamin B12 enthalten, dies sind jedoch nur strukturähnliche Substanzen und haben deshalb keine Vitaminwirksamkeit.
Die Höhe der Supplementierung von Vitamin B12 hängt davon ab, wie häufig man Ergänzungsmittel nehmen will. Bei einer täglichen Aufnahme sollten es mindestens 10 µg sein, bei einer wöchentlichen Dosis mindestens 2.000 µg. Die unterschiedliche Dosierung kommt dadurch zustande, dass größere Mengen Vitamin B12 nur schlecht vom Körper aufgenommen werden. Alle paar Jahre sollte man sich dann den Vitamin B12 Status im Blut bestimmen lassen, wobei der Standard-Vitamin-B12-Wert im Serum dafür zu unspezifisch ist. Besser wäre die Analyse von Holo-Transcobalamin (holoTC), eventuell in Kombination mit Homocystein und Methylmalonsäure.
Viele nützliche Informationen zur Vitamin B12 Supplementierung gibt es auf den Seiten der Veganen Gesellschaft Österreichs nachzulesen.
Vitamin D
Vitamin D ist für den Calciumeinbau in die Knochen wichtig und kommt vor allem in tierischen Lebensmitteln vor.
Eine mangelhafte Vitamin D Versorgung in unseren Breiten ist jedoch kein typisch veganes Problem – davon sind die meisten Österreicher betroffen. Gerade in den Wintermonaten werden generell Nahrungsergänzungsmittel empfohlen, da die Sonnenstrahlung für die Bildung von Vitamin D in der Haut nicht ausreichend ist. Auch hier empfiehlt es sich über einen Bluttest den Status regelmäßig bestimmen zu lassen.
Vitamin B2
Vitamin B2 ist an zahlreichen Stoffwechselvorgängen beteiligt. Es kommt zwar in vielen pflanzlichen Lebensmitteln vor, allerdings nur in geringer Menge. Am Vitamin-B2-reichsten sind noch Mandeln und Kürbiskerne, Champignons sowie Hülsenfrüchte. Vergleichsweise sehr hoch ist der Gehalt allerdings in Hefeflocken. Hefeflocken eigenen sich wunderbar zum Bestreuen von Suppen oder anderen deftigen Gerichten sowie als veganer „Käseersatz“. Bei diesem werden Hefeflocken mit gemahlenen Cashewkernen, Pinienkernen oder Mandeln vermengt.
Calcium
Calcium ist besonders für den Knochenstoffwechsel wichtig. Da Milch als Hauptquelle für Calcium bei einer veganen Ernährung wegfällt, wird eine ausreichende Calciumversorgung schwieriger, aber nicht unmöglich. Gute Quellen für Calcium sind grüne Gemüsesorten (Grünkohl, Brokkoli, Pak Choi, Fenchel, Lauch, Stangensellerie, Rucola), Hülsenfrüchte, Mandeln, Sesam, Mohn, einige Trockenfrüchte wie Feigen, mit Calcium angereicherte Sojamilch sowie calciumreiches Mineralwasser (ab 150 g/l – Infos über den Calciumgehalt findet ihr auf den Flaschen).
Eisen
Eisen ist Bestandteil des roten Blutfarbstoffes und damit wichtig für den Sauerstofftransport im Körper. Obwohl ein Eisenmangel immer wieder mit einer pflanzlichen Ernährung in Zusammenhang gebracht wird, ist eine ausreichende Eisenaufnahme auch für viele Mischköstler ein Problem.
Eisen kommt in vielen Lebensmitteln vor, allerdings ist Eisen aus tierischen Lebensmittel besser für den Körper verfügbar. Bei pflanzlichen Eisenquellen (Hülsenfrüchte, Vollkorngetreide, dunkelgrünes Gemüse, Nüsse) kann man die Aufnahme deutlich verbessern, wenn man gleichzeitig etwas Vitamin-C-haltiges isst (zum Beispiel Paprika oder Zitrone) und keinen Kaffee und Tee zum oder unmittelbar nach dem Essen trinken.
Zink
Zink hat viele Funktionen im Körper, besonders wichtig ist es für das Immunsystem. Ähnlich wie bei Eisen, ist die Bioverfügbarkeit aus pflanzlichen Lebensmitteln schlechter, kann jedoch durch den gleichzeitigen Konsum von Vitamin C und den Verzicht von Tee oder Kaffee zu den Mahlzeiten verbessert werden. Gute Quellen für Zink sind Hülsenfrüchte, Vollkorngetreide sowie Nüsse und Samen.
Jod
Jod ist ein wichtiger Bestandteil von den Schilddrüsenhormonen, ein Mangel kann zu einer vergrößerten Schilddrüse führen. Österreich ist ein Jodmangelland, daher ist für uns die wichtigste Jodquelle jodiertes Speisesalz. Darüber hinaus sollten Veganer Algen konsumieren. Da jedoch der Jodgehalt je nach Algenart stark schwankt, empfiehlt es sich nur solche Produkte zu kaufen, die auf der Verpackung den Jodgehalt deklarieren und auch eine Verzehrempfehlung abgeben.
Selen
Selen ist im Körper ein wichtiger Radikalfänger und schützt so Zellen vor oxidativem Stress. Der Selengehalt in Lebensmitteln hängt vom Vorkommen im Boden ab, und da Österreich ein Selenmangelgebiet ist, zahlt es sich hier aus besonders aufzupassen. Da man Selen auch leicht überdosieren kann, sollte man mit selenhaltigen Nahrungsergänzungsmitteln vorsichtig sein. Ersatz können zwei bis drei Paranüsse pro Tag sein, sie gelten als besonders selenreich.
Langkettige Omega-3-Fettsäuren
Omega-3-Fettsäuren sind wichtig für Membranen sowie das Gehirn. Bei den Aufnahmeempfehlungen ist nicht nur die Menge an Omega-3-Fettsäuren sondern auch das Verhältnis zu Omega-6-Fettsäuren wichtig. Letztere sollte man reduzieren und deshalb Maiskeim-, Sonnenblumen-, Distel- und Kürbiskernöl nur in Maßen konsumieren. Omega-3-Fettsäuren kommen als Alpha-Linolensäure (ALA) im frisch geschroteten Leinsamen, Chia- sowie Hanfsamen, Walnüssen, Rapsöl oder Leinöl vor. Allerdings müssen diese im Körper noch zur langkettigen Eicosapentaensäure (EPA) und Docosahexaensäure (DHA) umgewandelt werden. Diese Umwandlung funktioniert nicht besonders gut, deshalb kann die Aufnahme von Mikroalgenöl (die DHA enthalten) sinnvoll sein. Mikroalgenöl erhält man im Biosupermarkt oder Naturkostladen.
Welche Hilfestellungen gibt es für die Praxis?
Broschüren und Flyer
Von verschiedenen Organisationen gibt es Flyer und Broschüren zur veganen Ernährung. Für recht brauchbar halte ich die Broschüre der Veganen Gesellschaft Österreichs. Kürzer gehalten, aber auch informativ ist ein Flyer der Deutschen Gesellschaft für Ernährung. Beide könnt ihr kostenlos aus dem Internet herunter laden.
Ernährungspyramiden
Als Ernährungswissenschafterin bin ich mit Ernährungspyramiden groß geworden. Nicht jeder kann damit etwas anfangen, ich selbst finde sie aber ganz anschaulich. Deshalb möchte ich hier zwei Beispiele zeigen – sie unterscheiden sich in Kleinigkeiten in der Umsetzung, sind aber durchaus vergleichbar. Ich denke, hier kann man die wählen, die einem selbst am besten liegt.
Zunächst einmal die Lebensmittelpyramide der Veganen Gesellschaft Österreichs:
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