Verwendung von Bisphenolen
Bisphenole zählen weltweit zu den meistproduzierten Industriechemikalien. Insbesondere BPA (Bisphenol A), aber auch andere Bisphenole, spielen eine wichtige Rolle als Monomer bei der Herstellung von Polymeren und als Zusatzstoff bei der Herstellung und Verarbeitung von Kunststoffen, die weit verbreitet eingesetzt werden.
Beispiele dafür sind Anwendungen in der Verkehrsindustrie (Automobilindustrie, Luftfahrt), im Baugewerbe, bei der Energieerzeugung (Windkraftanlagen), in der Textil- und Papierindustrie, in der Elektronik und Optik, in Verpackungen, in Spielzeug und Sportartikeln sowie in einer Vielzahl von anderen Konsumgütern des täglichen Lebens. Außerdem sind sie in Beschichtungen, Farben und Lacken, Kleb- und Dichtstoffen, in Flamm- und Materialschutzmitteln, Schmierstoffen, in der Medizintechnik und in der Lebensmittelindustrie zu finden. Aus: Bisphenole (umweltbundesamt.at)
Beispiele für Bisphenole in Alltagsprodukten
- Innenbeschichtungen von Konserven- und Getränkedosen und anderen Lebensmittelkontaktmaterialien. Der Einsatz von Bisphenol A und vergleichbaren Bisphenolen ist zum Glück aber ab Ende 2024 verboten (siehe Abschnitt "Gesetzliche Regelungen").
- CDs/DVDs
- Spielzeug
- Textilien
- Papier und Karton
- medizinisches Equipment
- Zahnprodukte und elektronische Geräte
Besonders bedenkliche Eigenschaften
Es ist inzwischen bekannt, dass viele Bisphenole die Fruchtbarkeit beeinträchtigen und bereits in niedrigen Dosen das Hormonsystem von Menschen und Tieren stören können. Im Englischen werden solche hormonschädlichen Chemikalien als „Endocrine Disruptors“ (EDs) oder „Endocrine Disrupting Chemicals“ (EDCs) bezeichnet.
In einer Metaanalyse wurde festgestellt, dass in den Jahren 1973 - 2011 die durchschnittliche Spermienkonzentration bei westlichen Männern um 52,4 %, die Spermienanzahl um 59,3 % sank. Das wird unter anderem mit der steigenden Belastung durch hormonschädliche Chemikalien wie den Bisphenolen in Verbindung gebracht.
Zu den hormonschädlichen Effekten zählen weiters die Erhöhung des Risikos für Brust- und Prostatakrebs, Fettleibigkeit, Stoffwechselstörungen, Diabetes oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Einige Bisphenole können zudem Hautallergien auslösen.
In folgender Graphik werden die wichtigsten Effekte dargestellt: EDCs Infographics 22.2.2019 (endocrinedisruption.org)
Einfluss auf Gehirn und Psyche
Für BPA, das am besten untersucht ist, wurde in Studien an Tieren sowie epidemiologische Studien auch gezeigt, dass es Übergewicht verursachen kann, das Immunsystem stören und die Entwicklung des Gehirns beeinträchtigen kann, was zu Verhaltensstörungen bei Kindern führt. Die Exposition kann auch Angstzustände, Depressionen, Hyperaktivität und Unaufmerksamkeit verstärken.
Die europäischen Chemikalienbehörde ECHA und die Mitgliedstaaten haben im Jahr 2022 eine Gruppe von 148 Bisphenolen bewertet und empfohlen, dass mehr als 30 dieser Stoffe aufgrund ihrer potenziellen hormonellen oder reproduktionstoxischen Wirkungen eingeschränkt werden müssen. Diese Zahl kann sich ändern, wenn mehr Informationen über diese und andere Bisphenole, für die keine Daten vorlagen, vorliegen. Bisphenole - ECHA (europa.eu)
Aufnahme in Körper
Bisphenole sind in verschiedenen Umweltmedien nachweisbar. Sie können aufgrund ihrer Eigenschaften aus Produkten in die Umwelt migrieren. Durch den Kontakt mit Bisphenol-haltigen Produkten über die Nahrung, über die Kleidung oder durch die Einatmung von mit Bisphenolen kontaminiertem Hausstaub kann der Mensch diese in den Körper aufnehmen.
Im Beschränkungsvorschlag der deutschen Behörden für Bisphenole wird daher folgende Begründung angegeben: Es wird davon ausgegangen, dass jede Emission von endokrin wirksamen Bisphenolen in die Umwelt die Wahrscheinlichkeit irreversibler und schädlicher Auswirkungen auf die Bevölkerung erhöht, d. h. Auswirkungen auf Fortpflanzung, Wachstum und Überleben. Daher müssen die derzeitigen und künftigen Emissionen dieser Bisphenole so weit wie technisch und wirtschaftlich machbar minimiert werden.
Gesetzliche Regelungen
Bis auf wenige Ausnahmen wird bisher nur BPA gesetzlich geregelt. Das führt immer wieder dazu, dass es durch andere Bisphenole ersetzt wird, die ähnliche Eigenschaften haben – im Englischen wird das als "regrettable substitution" bezeichnet.
REACH-Verordnung
REACH ist das allgemeine Chemikaliengesetz, das u. a. Verbote und Beschränkungen für Chemikalien enthält. Hier wurden vier Bisphenole, inklusive BPA, in den vergangenen Jahren auf die Liste der besonders besorgniserregenden Substanzen (engl. Substances of Very High Concern, SVHCs) gesetzt. Damit wird der Industrie ein Zeichen gegeben, dass diese Chemikalien vom Markt entfernt werden sollen. Weiters müssen bei Konzentrationen von über 0,1 Prozent in den Produkten auf Anfrage bekannt gegeben.
Kunststoffmaterialien mit Lebensmittelkontakt
BPA und BPS sind gemäß der EU-Verordnung (EU) Nr. 10/2011 zur Verwendung als Monomer in Kunststoffmaterialien mit Lebensmittelkontakt zugelassen.
Seit 2011 ist der Einsatz von BPA in Babyfläschchen verboten. In Österreich ist es gemäß Bundesgesetzblatt Teil II, Nr. 327/2011, zusätzlich verboten, Schnuller und Beißringe mit BPA herzustellen oder in Verkehr zu bringen.
Andere Länder wie Dänemark, Belgien und Schweden haben BPA in Lebensmittelkontaktmaterialien verboten, die für Säuglinge und Kinder von 0 bis 3 Jahren bestimmte Lebensmittel, wie Säuglingsnahrung und Babynahrung, enthalten.
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