Zucker oder Salz? Immer öfter klagen Österreichs Autofahrer und Autoimporteure über die ungewöhnlich hohe Rostanfälligkeit ihrer Gefährte. Schuld daran ist ätzendes Streusalz. Dabei ginge es auch anders, wie die Schweiz und Skandinavien zeigen.
Oldtimersammler wissen es am besten: Streusalz lässt Autos verrosten. Deshalb bevorzugen sie rare Fahrzeuge aus Südeuropa oder immer öfter auch Skandinavien, jedenfalls aus Ländern, in denen selten oder gar kein Streusalz verwendet wird. Im Süden, weil es nur in extremen Höhenlagen zu tiefen Temperaturen und damit zu Eis auf der Fahrbahn kommt, im Norden, weil die Temperaturen sehr oft so tief sind, dass Streusalz ohnehin nicht wirkt.
Autos, wie frisch gepökelte Fische
In Österreich hingegen wird gesalzen, dass Autos im Winter oft wie frisch gepökelte Fische daher kommen. Das ist nicht nur ein Schönheitsfehler, auch die Rostanfälligkeit der Autos ist deshalb um ein Vielfaches höher als in vielen anderen Ländern; selbst gegenüber unmittelbar vergleichbaren alpinen Regionen wie der Schweiz - von den Schäden für die Natur ganz abgesehen.
Schmieriger weißer Film
Was bisher vor allem Benutzern alpenquerender Autobahnen und bei der Anfahrt in Skigebiete auffiel, bemerkten letzten Winter auch die Autofahrer in Wien. Ein weißer Film verschmierte zuerst ihre Windschutzscheibe und bedeckte alsbald das ganze Auto. Das Mittel, um das es hier geht, heißt Kalziumchlorid und wird vorzugsweise dann verwendet, wenn die Umgebungstemperaturen besonders tief sind – und das war im vorigen Winter ausnahmsweise auch im Wiener Raum der Fall.
Streusalz neu: Kalziumchlorid
Kalziumchlorid ist chemisch ein naher Verwandter von Natriumchlorid, also Kochsalz, das die wichtigste Rolle als Auftaumittel auf unseren Straßen spielt. Kalziumchlorid hat allerdings einen entscheidenden Vorteil: Während herkömmliches Salz nur bis ungefähr minus sieben Grad zur Verhinderung von Eisglätte auf der Straße eingesetzt werden kann, drückt die Beimengung von Kalziumchlorid den Gefrierpunkt noch deutlich tiefer. Das ist die gute Nachricht.
Kalziumchlorid ist viel aggressiver als Kochsalz
Die schlechte Nachricht: Kalziumchlorid ist um ein Vielfaches aggressiver als Natriumchlorid. Es fördert die Bildung von Rostschäden an der Karosserie und vor allem auch am Fahrwerk, so dass selbst neuere Autos, von denen man es wirklich nicht vermuten würde, bei entsprechend intensivem Kontakt mit dem Auftaumittel massiv von Rost befallen sein können.