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ÖBB: Information bei Störungen - Kunden auf dem Abstellgleis

Fahrgäste der ÖBB beklagen die äußerst mangelhafte Information bei Störungsfällen.

Nur wenige Dinge beeinflussen das Leben so vieler Menschen wie die öffentlichen Verkehrsmittel. Es gibt kaum jemanden, der ihre Dienste nicht regelmäßig in Anspruch nimmt – einmal schnell mit der U-Bahn in die City, weil es dort ohnehin keinen Parkplatz gibt, oder die Städtereise im Zug, weil das gebuchte Hotel nur fünf Minuten vom Bahnhof entfernt liegt. Im Gegensatz zur nervenaufreibenden Autofahrt bringen uns die "Öffis" vollkommen entspannt ans gewünschte Ziel.

So sieht der Idealfall aus. Wenn nun aber das gewählte Verkehrsmittel Verspätung hat, mitten auf der Strecke plötzlich stehen bleibt oder gar nicht erst am angekündigten Bahnsteig erscheint? Dann wird der Fahrgast darüber informiert und bekommt schnellstmöglich eine Alternative für die problemlose Weiterfahrt angeboten – auch das wäre der Idealfall. Doch was passiert, wenn keine Durchsage kommt, das zuständige Personal nicht Bescheid weiß und eine akzeptable Alternative ausbleibt?

Landesweite Umfrage

Wir wollten wissen, wie es um das Störungsmanagement der ÖBB bestellt ist, und haben einen Monat lang die Rückmeldungen von Fahrgästen eingeholt. Deren Erfahrungen waren zum Teil ärgerlich, teils verwunderlich– zu einem geringen Teil auch positiv. Die Unzufriedenheit überwog jedenfalls bei Weitem. Gerade einmal 17 Prozent der Umfrage-Teilnehmer waren mit der Informationspolitik zufrieden bis sehr zufrieden. Fast drei Viertel hingegen waren damit unzufrieden oder sehr unzufrieden (siehe Tortendiagramm). Zusätzlich wurde der Bericht der Schienen Control GmbH (SCG) über die Zufriedenheit der Bahnkunden 2007/2008 als Datenbasis herangezogen. Die SCG fungiert seit der Eisenbahngesetznovelle im Jahr 2006 auch als Schlichtungsstelle für Kunden von Eisenbahnunternehmen und ist somit u.a. Anlaufstelle für sämtliche Beschwerden die ÖBB betreffend.

Unzureichende Informationen

Im Jahr 2007 verzeichnete die SCG 104 Beschwerden, im Jahr 2008 waren es bereits 151. Während im ersten Tätigkeitsjahr die meisten Beschwerden unfreundliches Personal und unzulängliche Informationen betrafen, waren den Bahnkunden 2008 vor allem die Verspätungen und der Fahrplan ein Dorn im Auge. Als Beschwerdestelle hat sich die SCG dabei bestens bewährt: Es konnte mit einer einzigen Ausnahme in allen Fällen eine Einigung mit den ÖBB erzielt werden. Der Bericht für 2009 steht noch aus. Wenn wir unsere Umfrage als Trendbarometer nehmen, dürfte die mangelhafte Information bei Störungsfällen aber wieder Spitzenreiter in der Beschwerdeskala werden.

Ärgerliche Durchsagen

Die Tatsache, dass ein Zug sich verspätet oder gar ausfällt, ist schon unangenehm genug. Werden die Passagiere aber zudem nicht über die Störung informiert, raubt das selbst dem Geduldigsten den letzten Nerv. Jeder Dritte in unserer Befragung bekam gar keine Informationen. Weitere 35 Prozent erhielten die Benachrichtigungüber die Störung nicht direkt vom Personal oder über Lautsprecher, konnten diese aber zumindest selbst erkennen – nämlich durch die Anzeige auf den Abfahrtsmonitoren. Die Ursache für eine Störung können diese Monitore natürlich nicht anzeigen. Die meisten Reisenden hätten diese Information aber gern, um sich selbst ein Bild über die Dauer der Störung machen zu können. Nur in 13 Prozent der Fälle nannte das ÖBB-Personal den Grund. Damit war für den Großteil der Bahn-Mitarbeiter die Arbeit aber bereits getan. Welche Alternativen der vergrämte Passagier nun hätte, sein Ziel trotzdem noch zu erreichen, wurde nur in fünf Prozent der Fälle verlautbart. Also hieß es warten. Doch wie lange? Die Dauer der Wartezeit erfuhr nur rund jeder zweite Fahrgast. In 35 Prozent der Fälle erfolgte gar keine Information, in 22 Prozent der Fälle wurden die Fahrgäste darüber im Unklaren gelassen, wann es weitergehen sollte und ob überhaupt.

Mangelnde Kommunikation

Ein Missstand, den die ÖBB bereits zur Kenntnis genommen haben. Er ist auf Schwachstellen bei der Informationsübermittlung innerhalb der ÖBB zurückzuführen. Sämtliche Informationen über Störungen laufen über die Verkehrsleitzentrale in Wien bzw. kleinere regionale Stützpunkte, die wiederum die Fahrdienstleiter auf den Bahnhöfen informieren. Nachdem die ÖBB 2005 in mehrere Unternehmen untergliedert wurden, ist diese Informationsübermittlung zusätzlich erschwert. ÖBB-Sprecher Mag. Thomas Berger: "Sobald ein Puzzlestein in der Kette fehlt, kommt die Information nicht mehr zum Kunden. Wir sind uns des Problems bewusst und arbeiten daran, dass die interne Kommunikation so effizient wie möglich abgestimmt wird. Die Mitarbeiter werden auch regelmäßig genau in diesem Punkt geschult."

Kein Verlass

Nachdem nun viele ÖBB-Passagiere entweder gar keine oder nur unzureichende Informationen erhalten haben, gibt es noch ein weiteres Hindernis, das den Kunden vom Zielort trennt: die Informationsgeschwindigkeit. In vier von fünf Fällen kam die Benachrichtigung über die Verspätung des Zuges erst, nachdem der Kunde sie bereits selbst registriert hatte. Da war es unter Umständen schon zu spät, um nach einer Alternative zu suchen. Damit aber nicht genug: Die Information kam nicht nur zu spät, sie war obendrein in fast der Hälfte aller Fälle nicht korrekt. Züge, für die eine Verspätung angekündigt wurde, fuhren trotzdem rechtzeitig ein; oder die Verspätung änderte sich während der Wartezeit – ins Positive oder Negative. Das ist vor allem dann ärgerlich, wenn der Reisende noch schnell eine Zeitung kaufen geht, weil er fix mit einer Verspätung rechnet, und dadurch den Zug versäumt, der früher gekommen ist als verlautbart.

Mehr Auskünfte erwünscht

Als Fazit der Umfrage kristallisiert sich der klare Wunsch der Fahrgäste heraus, über Störungen besser informiert zu werden. Nur 18 Prozent der Umfrage-Teilnehmer fühlten sich durch die Auskünfte ausreichend informiert. 40 Prozent hätten gerne den Grund der Störung erfahren, um sich besser darauf einstellen zu können, und jeder Dritte vermisste eine Angabe über die Dauer der Störung

Verbesserte Rechtslage

Im Dezember 2009 trat die EU-Fahrgastrechte-Verordnung in Kraft, die dem Kunden mehr Rechte bei Zugverspätungen einräumt. Demnach hat der Fahrgast – ein Verschulden der ÖBB vorausgesetzt – u.a. folgende Ansprüche:

  • Rückerstattung: Bei Verspätungen ab 60 Minuten steht dem Kunden eine Rückerstattung von 25 Prozent, bei einer Verspätung von mehr als 120 Minuten von 50 Prozent des Fahrpreises zu.
  • Entschädigung: Fahrgäste mit Dauerkarten (Wochen-, Monats-, Jahreskarten) erhalten bei wiederholten Verspätungen eine Entschädigung, die in den Entschädigungsbedingungen der Bahngesellschaft geregelt sein muss.
  • Vor Fahrtantritt: Für den Fall einer Verspätung vor Fahrtantritt gibt es spezielle Regelungen, bis hin zur vollständigen Rückerstattung des Fahrpreises.
  • Betreuung: Anspruch auf Betreuungsleistungen, die in einem angemessenen Verhältnis zur Wartezeit stehen. Das heißt beispielsweise, dass der Fahrgast bei Ausfall der letzten Zugverbindung Anspruch auf eine Übernachtungsmöglichkeit hat.

Diagramme: Kundenwünsche, Kundenzufriedenheit

Wir wollten wissen, wie es um das Störungsmanagement der ÖBB bestellt ist, und haben die Rückmeldungen von Fahrgästen eingeholt. Hier die Ergebnisse in der Form von Diagrammen. 

Infografik zur Zufriedenheit mit dem ÖBB-Störungsmanagement 

Infografik zu nicht erfüllten Informationswünschen der ÖBB-Passagiere  

Leserreaktionen

Null Information

Der Zug Wien Speising Richtung Floridsdorf sollte um 7.55 abfahren. Kein Zug, keine Durchsage. 8.15: Anruf bei der Fahrplanauskunft. Antwort: Es gäbe eine Störung, die jedoch bereits behoben wurde. Der Zug von 7.55 fällt aus, der nächste Zug um 8.27 wäre jedoch pünktlich. Meine Bitte, man möge sich um eine Durchsage auf dem Bahnsteig bemühen, wurde entgegengenommen (es kam keine!). 8.27: Kein Zug. 8.40 nochmaliger Anruf. Antwort: Der Zug wäre bereits gefahren. Scherzerl?

Hätte es gleich eine Durchsage zu den Verspätungen gegeben, wäre ich gleich auf die Wiener Linien umgestiegen und mir wären 10 Minuten „gestohlen“ worden. So aber betrug der Zeitraub fast eine Stunde!

Norbert Kammerzelt
E-Mail
(aus Konsument 12/2010)

Unlogisch

Sehr eigenartig ist auch die Einschränkung, dass mit neuer (provisorischer) Vorteilskarte (die Ausstellung der richtigen Karte dauert – warum auch immer – 6 Wochen) keine Fahrkarten im Internet erworben werden können, sehr wohl aber am Automaten (ohne die Karte vorweisen zu müssen). Das ist nicht nachvollziehbar!

Benutzer "Europäer"
(aus Konsument 10/2010)

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