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E-Mobilität - Preispoker an der Ladesäule

, aktualisiert am

Wer sein E-Auto unterwegs laden muss, sieht sich einer undurchsichtigen Preispolitik der Anbieter ausgesetzt.

Wer sein E-Auto unterwegs laden muss, sieht sich einer undurchsichtigen Preispolitik der Anbieter ausgesetzt. (Bild: Naypong Studio/Shutterstock.com)

Höherer Neupreis, niedrigere Energiekosten?

Elektroautos haben doch meist einen deutlich höheren Neupreis als vergleichbare Modelle mit Verbrennungsmotor. Deshalb werden oft die besonders günstigen Energiekosten während des Betriebes betont. Das ist zwar grundsätzlich nicht falsch, aber doch mit hohen Unsicherheiten behaftet. Es kommt nämlich stark darauf an, wo man sein Fahrzeug lädt. Geschieht dies zu Hause am Netzanschluss mit einer sogenannten Wallbox oder auch über eine normale Steckdose, ist in Österreich mit einem üblichen Haushaltstarif von rund 20 Cent pro Kilowattstunde zu rechnen. Bei einem Verbrauch von 20 kWh pro 100 km kommen Sie also mit 4 Euro 100 km weit. Das ist immerhin um rund ein Drittel billiger als mit einem kleinen Benziner oder einem mittelgroßen Dieselfahrzeug.

Stromverbrauch: Grenzen von Haushaltsanschlüssen

Voraussetzung ist aber, dass Ihr Gesamtstromverbrauch nicht den Rahmen eines Haushaltsanschlusses sprengt. Im Bereich der Wiener Netze beispielsweise beträgt das Limit 9.000 kWh pro Jahr. Sonst kommt es zu empfindlichen Nachzahlungen. Zu bedenken ist dabei, dass ein Durchschnittshaushalt in Österreich (laut Interessensvertretung der E-Wirtschaft) schon ohne Elektroauto im Jahr 4.415 kWh Strom bezieht. Für die meisten Haushalte sollte sich trotzdem ohne besondere Maßnahmen der Betrieb eines Elektroautos im Rahmen ihres Regel-Netzanschlusses ausgehen, zumindest bis zur flächendeckenden Einführung der intelligenten Stromzähler (Smart Meter). Dann wird es ohnehin zu einer völligen Neuordnung der Stromverrechnung kommen. 

Intransparenz an der Ladesäule 

Die große Unsicherheit beginnt aber beim Laden unterwegs. Während bei fossilen Kraftstoffen die Preise an Tankstellen weit sichtbar ausgeschildert sein müssen, ist man mit einem Elektroauto nicht sicher, ob man bei der nächstbesten Ladesäule überhaupt laden kann und zu welchen Bedingungen. Die Abrechnung erfolgt zum Teil in Zeiteinheiten, und nur manchmal wird die tatsächlich geladene Energiemenge (kWh) zur Verrechnung herangezogen. Schon allein dadurch ergeben sich enorme Preisunterschiede für die gleiche geladene Strommenge. 

Was Sie beim Laden Ihres E-Autos bedenken sollten

Viel Unsicherheit für Konsumenten

Aber es gibt noch mehr Gründe für Unsicherheit. Strom bekommt man nicht für Bargeld. Ohne Bankverbindung oder Kreditkarte kein Saft. Das Geschäft mit dem elektrischen Strom zum Autofahren ähnelt stark dem Handybusiness der Anfangsjahre. Die Wettbewerbssituation zwischen unterschiedlichen Energielieferanten und IT-Unternehmen, die für die Verrechnung sorgen, ergibt nicht immer eine erquickliche Situation für die Kundschaft. 

Verschachtelte Geschäftsmodelle 

Wer unterwegs laden wollte, war anfangs gezwungen, sich bei mehreren Betreibern von Ladestationen zu registrieren, um die jeweils passende Karte dabeizuhaben. Diese Situation ist mittlerweile schon etwas einfacher geworden. Erstens kooperieren Ladenetzbetreiber zum Teil direkt miteinander. Zweitens gibt es sogenannte „Market Service Provider“ - also Unternehmen, die mitunter selbst gar keine Ladestationen besitzen, sondern ein Verrechnungssystem mit mehreren Energieversorgern als Vertragspartner betreiben.

Hohe Kosten, große Unterschiede

Als böser Nebeneffekt so manch verschachtelter Geschäftsmodelle können absurd hohe Abrechnungen entstehen. Da ist es schon vorgekommen, dass eine getankte Kilowattstunde 40 Euro kostete statt wie zu Hause 20 Cent. Jüngstes Beispiel für große Preisunterschiede für ein und dieselbe Leistung: Die Schnellladekette Ionity stellte kürzlich von ihrem pauschalen Lockangebot von 8 Euro pro Ladevorgang auf die Abrechnung in Kilowattstunden um, und zwar auf 79 Cent/kWh. Aber nur rund 30 Cent kostet die Kilowattstunde derzeit für Audi- und Mercedes-Fahrer.

Hoffnung liegt auf Autoherstellern

Hintergrund: Ionity ist ein Joint Venture von Volkswagen-Gruppe, BMW, Mercedes und Ford. Ein ähnliches Angebot ist wohl auch für Ford- und BMW-Fahrer zu erwarten. Eine Hoffnung auf Besserung liegt bei den Autoherstellern und den von ihnen beim Autokauf angebotenen Bezahlsystemen fürs Laden. Die Autohersteller werden Elektroautos nur dann in großer Zahl verkaufen können, wenn auch eine gewisse Kalkulations-Sicherheit beim Laden unterwegs möglich ist. Eine wichtige Säule für den Senkrechtstart von Tesla war nämlich die Tatsache, dass man das Thema Schnellladen unterwegs von Anfang an selbst in die Hand nahm und seinen Kunden schon früh ein eigenes verlässliches flächendeckendes Schnellladenetz anbieten konnte. 

4.200 Standorte in Österreich

In Österreich gibt es über 4.200 Standorte, an denen Strom für Elektroautos verfügbar ist. Allerdings sagt diese Zahl nichts über die technische Ausstattung, die tatsächliche Verfügbarkeit und den Bezahlmodus aus. Die E-Control: Behörde für Strom, Gas & Öko-Energie bietet ein österreichisches Ladestellenverzeichnis im Internet unter der Webadresse Ladestellen-Verzeichnis. Sie läuft derzeit aber noch im Probebetrieb. Die Kärntner Elektrizitätsgesellschaft betreibt die Plattform E-Tankstellen-Finder. Auch die Netzbetreiber und Service-Provider bieten ihre Verzeichnisse im Netz und als Handy-Apps an. Diese Tools sind für jede Reiseplanung Voraussetzung. Natürlich wäre es vordringliche Aufgabe der Politik, eine leistungsbezogene Preisauszeichnung in Kilowattstunden vorzuschreiben und überhaupt dafür zu sorgen, dass bestehende EU-Richtlinien EU-Richtlinie: Aufbau der Infrastruktur für alternative Kraftstoffe zum einfachen Preisvergleich auch beim öffentlichen Laden von Elektroautos umgesetzt werden.

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Tipps aus der Praxis

Leider ist die Politik ihrer Aufgabe, Ordnung in das Tarifchaos zu bringen, bisher nicht nachgekommen. Zwischen gratis und Preisen, die man nur mehr als Wucher bezeichnen kann, ist alles drin. Ich persönlich, E-Autofahrer seit fast 3 Jahren, rate dazu nur, wenn man eine Steckdose am Abstellplatz hat.

Hier noch Tipps zur Suche nach der passenden Ladestation. Die vollständigste Datenbank für Europa mit Hinweisen, welche Ladekarte akzeptiert wird, findet man auf GoingElectric, eine Kostenrechnung bekommt man bei Ladepreise. Die kann natürlich nur grob sein, da viele Ladestationen bei uns nach Zeit abrechnen und es einen Unterschied macht, ob der Akku kalt oder warm ist.

Ein weiteres Problem sind die nach Zeit abrechnenden (Wechselstrom-)Ladesäulen. Wenn man nur mit einer Phase lädt, das ist bei vielen asiatischen E-Autos der Fall, zahlt man nach Zeit, bekommt aber nur 1/3 Strom.

User "winnie2"
(aus KONSUMENT 7/2020)

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