Was ist eine Energiegemeinschaft?
Spätestens seit im Burgenland eine Energiegemeinschaft gegründet wurde, die mit einem auf 20 Jahre fixierten Strompreis von 10 Cent pro Kilowattstunde wirbt, redet Österreich über gemeinschaftliche Stromerzeugung. Hier finden Sie Antworten auf die wichtigsten Fragen zum Thema.
Was steckt hinter der Idee von Energiegemeinschaften?
Energiegemeinschaften sind eine Möglichkeit auch für Privatpersonen, den Strom, den sie zum Beispiel mit einer Photovoltaikanlage erzeugen, nicht nur selbst, sondern gemeinsam mit anderen zu nutzen. Zum Beispiel mit Nachbar:innen, Bekannten aus dem nächsten Dorf oder auch Familienmitgliedern in anderen Bundesländern.
Vorrangiges Ziel ist es, Energie lokal zu erzeugen und zu verbrauchen – und die Kostenstruktur dabei möglichst fair zu gestalten.
Die Grundidee: Energiegemeinschaften sollen einen Beitrag zur „Demokratisierung“ der Energielandschaft leisten. Das heißt, Bürger:innen sollen mitbestimmen können, was sie mit ihrem selbst erzeugten Strom machen.
Das System steht aber nicht nur Privatpersonen offen, es können sich z.B. auch Gemeinden oder KMU beteiligen, selbst etablierte Landesenergieversorger können, unter bestimmten Voraussetzung, zumindest teilweise mitnaschen.
Ist eine Energiegemeinschaften ein autarkes System?
Bei Energiegemeinschaften sind keine klassischen Energielieferanten notwendig, zumindest theoretisch. In der Praxis braucht es sie aber trotzdem. Dann nämlich, wenn die Produktionsanlagen der Energiegemeinschaft zu wenig (oder gar keinen) Strom liefern.
In solchen Phasen werden die Teilnehmenden der Energiegemeinschaft von einem „normalen“ Stromlieferanten beliefert, die Versorgungssicherheit ist also gewährleistet.
Wichtige Grundvoraussetzung: Es müssen Smart-Meter (Digitale Stromzähler) installiert sein.
Wie funktionieren Energiegemeinschaften rein formell?
Es sind immer zumindest zwei Teilnehmer erforderlich, ein Stromerzeuger und ein Abnehmer. Mehr Teilnehmer, insbesondere was die Anzahl von Erzeugungsanlagen betrifft, sind aber prinzipiell förderlich, damit sich der Aufwand auch entsprechend lohnt.
Grundsätzlich gibt es drei Arten von Energiegemeinschaften:
- Die erste und simpelste Form ist die sogenannte Gemeinschaftliche Erzeugungsanlage (GEA). Voraussetzung ist, dass die Teilnehmer einen gemeinsamen Netzanschluss haben (Hauptleitung, Steigleitung), also z.B. in einem Mehrparteienhaus wohnen.
- Man kann aber auch über Grundstücksgrenzen hinweg Energie produzieren, speichern, verbrauchen und verkaufen.
Zum einen mittels einer räumlich begrenzten Erneuerbare-Energie-Gemeinschaft (EEG), bei der es zwei Varianten gibt: In einer lokalen EEG müssen die Teilnehmenden mittels Niederspannungsnetz (über die gleiche Trafostation) miteinander verbunden sein, bei einer regionalen EEG geht es sozusagen noch zwei Netzebenen weiter in die Ferne, die Teilnehmenden müssen über das gleiche Umspannwerk verbunden sein. - Zum anderen mittels einer Bürgerenergiegemeinschaft (BEG), die sogar österreichweit tätig sein kann und bei der auch Großunternehmen bzw. Energieversorgungsunternehmen teilnehmen dürfen (ohne dabei eine Kontrollfunktion auszuüben).
Wie gründet man eine Energiegemeinschaft?
Ein gewisses Maß an technischem Know-how und organisatorischem Geschick ist in jedem Fall erforderlich, der Arbeitsaufwand darf nicht unterschätzt werden. Am Anfang sollte ein gut durchdachtes Konzept stehen, es ist jedenfalls anzuraten, sich bei größeren Vorhaben professionell beraten zu lassen.
Rein rechtlich betrachtet muss bei einer GEA nur ein Vertrag zwischen den Teilnehmenden abgeschlossen werden („Errichtungs- und Betriebsvertrag“). Für die Gründung einer EEG bzw. BEG braucht es eine eigene Rechtsform, z.B. Genossenschaft oder Verein. Schlussendlich muss noch alles Juristische mit dem zuständigen Netzbetreiber geklärt werden.
Wer sich diese doch nicht ganz so trivialen Verfahrensschritte ersparen möchte, kann sich freilich auch einer bereits bestehenden Energiegemeinschaft anschließen. Inzwischen gibt es deutlich mehr als 2.000 verteilt über ganz Österreich.
Wichtig ist, die jeweiligen Statuten genau zu studieren und zu verstehen. Jede Energiegemeinschaft kann nämlich selbstständig entscheiden, wie z.B. die Ein- und Austrittsbedingungen und v.a. auch die Kostenstruktur geregelt sind.
Übrigens: Man kann auch gleichzeitig bei mehreren Energiegemeinschaften teilnehmen (max. 5 gleichzeitig). Und auch Mieter:innen stehen die Türen explizit offen.
Wie hoch sind die Stromkosten bei einer Energiegemeinschaft?
Wie bereits erwähnt, ist die Grundidee von Energiegemeinschaften, dass auch Bürger:innen aktiv Teil der Energiewende werden können. Dass man dabei hohe Gewinne einstreift (aus Erzeugersicht) bzw. den Strom möglichst günstig bekommt (aus Sicht der Stromabnehmer), ist hingegen kein vorrangiges Ziel.
Energiegemeinschaften sind im Grunde Non-Profit-Organisationen. Sie sollen zwar wirtschaftlich agieren, die Gewinnerzielung darf aber nicht der Hauptzweck sein. Gewinne sollen in erster Linie reinvestiert werden.
Grundsätzlich gibt es keine Vorgaben seitens des Gesetzgebers, wie die Preise innerhalb einer Energiegemeinschaft gestaltet werden sollen. Es können unterschiedliche Modelle entwickelt werden, die gut zur Gemeinschaft passen, also z.B. auch vergünstigte Tarife für armutsgefährdete Personen.
Aus der Praxis ist zu hören, dass vielen Energiegemeinschaft ein fairer und gleichzeitig langfristig gültiger Preis wichtig ist. Der Gestaltungsspielraum ist prinzipiell so groß, dass der „Gemeinschaftsstrom“ auch an die Mitglieder verschenkt werden darf.
Wie funktioniert die Abrechnung bei Energiegemeinschaften?
Für den aus den Erzeugungsanlagen der Energiegemeinschaft bezogen Strom wird der festgelegte Tarif verrechnet. Wie viel Cent pro Kilowattstunde zu bezahlen sind, ist, wie bereits erwähnt, Sache der Gemeinschaft.
Was jedenfalls gezahlt werden muss, sind die Netzkosten. EEG profitieren von Vergünstigungen bei Netzentgelten und Abgaben, österreichweit agierende BEG haben diesen Benefit nicht. Und für den Strom aus GEA fallen überhaupt keine Netzentgelte an.
Zusätzlich zum bezogenen „Gemeinschaftsstrom“, bezahlt man als Abnehmer jene Strommengen, die darüber hinaus benötigt wurden. Also in jenen Zeiten, in denen der Gemeinschaftsstrom nicht ausgereicht hat, und der „normale“ Stromlieferant einspringen musste.
Um den innerhalb der Gemeinschaft erzeugten Strom möglichst vollumfänglich an die Mitglieder zu verteilen, sind auch Stromspeicher als Puffer eine Überlegung wert – allerdings müssen diese innerhalb der Gruppe auch erst finanziert werden.
Wo findet man vertiefende Informationen?
Die Homepage der Österreichischen Koordinationsstelle für Energiegemeinschaften ist eine Fundgrube an nützlichen Informationen.
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