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Crashtest Minivans - Die Schwächen der Großen

  • Hohe Sitzposition schützt beim Seitenaufprall
  • Eher mäßiges Abschneiden im Frontalcrash
  • Auf die Fußgänger haben die Designer vergessen

In der Mai-Ausgabe von „Konsument“ wurden die immer beliebter werdenden Minivans einem Vergleichstest unterzogen. Das Testurteil der fünf Dieselmodelle lautete „durchschnittlich“, wobei Ford Galaxy (beziehungsweise die baugleichen Modelle VW Sharan und Seat Alhambra) die meisten Punkte erzielen konnte, an zweiter Stelle landete Toyota Picnic. Die Sicherheit der Fahrzeuge wurde dabei nicht bewertet. Da über das Unfallverhalten dieser Fahrzeugkategorie erst wenig Erfahrungen gesammelt werden konnten, sollte zunächst ein vergleichender Crashtest abgewartet werden.
Nun liegen die Ergebnisse des Euro-NCAP-Tests über Minivans vor. Acht Fahrzeuge wurden gecrasht. Unter Berücksichtigung der baugleichen Modelle können damit Aussagen über zwölf Minivanmodelle getroffen werden. Dabei ist es unerheblich, ob die Diesel- oder die Benzinversion getestet wurde, im Crashverhalten würde es nur bei unterschiedlichem Gewicht zu Abweichungen kommen.

Die Fahrgastzelle des Nissan Serena (oben) wird schwer beschädigt: starke Aufwärtsverschiebung des Lenkrades, Fußraum massiv gestaucht. Dagegen bleibt die Fahrgastzelle des Peugeot 806 stabil, der Überlebensraum ist ungleich größer (unten).

Bestnote nur für 2
von 12 Modellen

Klar voran liegen Renault Espace und Toyota Picnic. Sie erzielten im Euro-NCAP-Rating die Bestwertung: jeweils vier Sterne. Klar abgeschlagen landeten dagegen Opel Sintra und Chrysler Voyager in den hinteren Rängen. Auffallend sind die relativ schlechten Ergebnisse im Frontalcrash, während beim Seitenaufprall nur gute Noten verteilt wurden. Und das, obwohl nur ein einziges Modell mit Seitenairbags ausgestattet ist (Opel Sintra).
Die Erklärung dafür liegt in den Testbedingungen begründet. Beim Frontalaufprall wird das Fahrzeug mit einer Geschwindigkeit von 64 Stundenkilometer mit 40 Prozent Überlappung gegen ein feststehendes Hindernis getrieben. Der Effekt ist der gleiche wie bei einem Frontalzusammenstoß zwischen zwei gleich schweren Fahrzeugen. Anders beim Seitencrash: Nach den EU-Bestimmungen wird eine bewegliche Barriere mit definierten Abmessungen (30 cm Bodenfreiheit) gegen die Fahrerseite des Fahrzeuges gelenkt – Aufprallgeschwindigkeit 50 km/h. Minivans profitieren dabei von der höheren Sitzposition des Fahrers, die seitlich eindringende Barriere kann dem Crash-Dummy weniger anhaben als in einem konventionellen Pkw. Der Fahrer sitzt über der Barriere, sodaß die Kräfte vom Insassen weggelenkt werden. Der Seitencrashtest entspricht somit einer Unfallsituation, in dem ein Minivan mit einem konventionellen Pkw verwickelt ist. Würde der Minivan von einem ebenso hohen Fahrzeug getroffen oder gegen einen Baum geschleudert werden, wäre das Verletzungsrisiko mit Sicherheit höher.
Das gilt es zu berücksichtigen. Die vorwiegend grün eingefärbten Männ-chen beim Seitenaufprall (die ein „sehr geringes Verletzungsrisisko“ symbolisieren) sind nicht einem besonders ausgefeilten Sicherheitsdesign der Automobilkonstrukteure zu verdanken, sondern schlicht und einfach der höheren Sitzposition im Vergleich zum definierten Unfallgegner. Das zeigt einmal mehr, daß Quervergleiche von Crashtests problematisch sind. Vier Sterne im Minivantest sind nicht vergleichbar mit vier Sternen beim letzten Crashtest, bei dem Kompaktautos getestet wurden. Einen Vergleich innerhalb der eigenen Klasse müssen sich die Testkandidaten jedoch sehr wohl gefallen lassen. Und beim Frontalcrash traten deutliche Unterschiede zutage, obwohl es sich bei fast allen Minivans um Fahrzeuge der jüngeren Generation handelt, die zu einem Zeitpunkt eingeführt wurden, zu dem passive Sicherheit kein Fremdwort mehr gewesen sein kann. Nur der Serena von Nissan fällt da etwas aus dem Rahmen, ihn gibt es bereits seit 1990.

Intakte Fahrgastzelle nach Frontalcrash

Bei Renault Espace und Toyota Picnic blieb die Fahrgastzelle nach dem Crash stabil, die Airbags funktionierten gut. Höhere Verletzungsgefahr droht dem Oberschenkel und dem Knie des Fahrers, bedingt durch harte, nicht gepolsterte Teile im Bereich der Lenksäule. Renault ist der einzige, der auch Unterschenkeln und Füßen guten Schutz gewährt. Der Fußraum ist ja jener Bereich, der den meisten Automobilherstellern große Probleme bereitet. Auch scheinbar stabile Fahrgastzellen werden im Fußbereich oft stark zusammengestaucht.
Einigermaßen sicher ist auch der Peugeot 806, wenngleich die Fahrerkopfstütze aus dem Wagen geschleudert wurde. Eine geringe Stabilität der Fahrgastzelle muß dagegen VW Sharan und dem (ganz neu auf dem Markt befindlichen) Space Wagon von Mitsubishi attestiert werden. In beiden Fällen traf der Kopf des Fahrer-Dummies auf den Airbag, bevor dieser ganz entfaltet war. Den Serena von Nissan zeichnen zwar geringe Belastungswerte zumindest für Kopf und Brust aus. Die deutliche Stauchung der Fahrgastzelle gibt allerdings zu denken. In einer etwas anderen Unfallsituation könnte das Ergebnis viel schlechter ausfallen. Die Türsäule wurde aus der Schwelle gerissen, der Gleitmechanismus des Beifahrersitzes versagte, der Sitz wurde beim Aufprall ganz nach vorne geschoben.

Arg mitgenommen:
Sintra und Voyager

Arg mitgenommen wurde Opel Sintra. Das Lenkrad brach von der Lenksäule, einen starken Riß gab es auch im Fußraum. Der Kopf des Fahrer-Dummies wurde nach hinten geschleudert, ein tödlicher Genickbruch ist wahrscheinlich. Es ist die einzige lebensbedrohliche Verletzung, die in diesem Crashtest konstatiert wurde. Aus diesem Grund wurde dem Opel der dritte Stern gestrichen.
Noch schlechter wurde Chrysler Voyager bewertet. Das Lenkrad wurde weit nach oben getrieben. Die Meßdaten des Fahrer-Dummies zeigten zwar keine lebensgefährlichen Werte an, dennoch wird die Gefährdung für Kopf und Brust als sehr hoch eingestuft. Bei einer nur leicht geänderten Sitzposition des Dummies hätten die Meßwerte in den tödlichen Bereich ausschlagen können.
Die Kindersicherheit wird nicht im Crashtest-Rating berücksichtigt. Am besten wurden die zwei Kinder-Dummies (entsprechend einem 18 Monate und einem drei Jahre alten Kind) im Peugeot 806 geschützt. Positive Erwähnung findet auch der praktische – im Erwachsenensitz integrierte – Kindersitz des VW (für Kinder bis 10 Jahre). Weniger Schutz finden Kinder im Nissan, Mitsubishi und Chrysler. Generell hapert es bei den Warnhinweisen vor der Montage von Reboard-Sitzen auf dem Beifahrersitz, wenn dieser mit Airbag ausgestattet ist.

Zum Glück gibt es Windschutzscheiben

Eine vom Crash-Rating getrennte Bewertung wurde für die Fußgängersicherheit vergeben (blaue Sterne). Das Ergebnis ist durchwegs schlecht. Es ist offensichtlich, daß beim Design der Fahrzeugfront alles mögliche eine Rolle spielen mag, aber an Fußgänger, die mit dem Kopf oder den Beinen gegen den Wagen geschleudert werden könnten, wird kaum ein Gedanke verschwendet. Aufgrund der kompakten Bauweise ist unter der Motorhaube kaum Spielraum, sodaß diese im Fall eines Aufpralls kaum nachgeben kann. Es gibt nur einen Bereich, der einigermaßen Schutz gewährt, was allerdings nicht beabsichtigt ist, sondern sich durch die spezifische Konstruktion der Minivans von selbst ergibt: Aufgrund der kurzen, steilen Schnauze und der tief herunterreichenden Windschutzscheibe würde ein Erwachsener mit dem Kopf mit großer Wahrscheinlichkeit auf der Windschutzscheibe auftreffen. Der Kopf wird dadurch wie von einem Netz aufgefangen, die Verletzungsgefahr stark reduziert. Ohne diesen konstruktionsbedingten Vorteil gäbe es kaum Positives zu berichten. Am besten schneiden noch Mitsubishi und Toyota ab: Die Kopfverletzungsgefahr für Kinder ist geringer als bei den Konkurrenten.

Detailliertere Ergebnisse können auch über die Internet-Seiten der FIA abgerufen werden:
www.fia.com/tourisme/safety/safint.shtm

Integrierter Kindersitz beim VW Sharan:
In wenigen Handgriffen vom Erwachsenensitz zum Rückhaltesystem für Kinder bis zu 10 Jahren. Im Crashtest erweist es sich als durchaus ebenbürtig zu anderen Kindersitzen.

Verletzungsrisiko für Beifahrer und Fahrer bei Frontalaufprall und Fahrer bei Seitenaufprall

Renault Espace
2.0 RTE

Fahrerairbag
Beifahrerairbag

****
27 Punkte

**


Toyota Picnic
2.0 GS

rechtsgelenktes Modell getestet
Fahrerairbag
Beifahrerairbag

****
25 Punkte

**


Peugeot 806 2.0

baugleich mit
Citroën Evasion
und Fiat Ulysse
Fahrerairbag
Beifahrerairbag

***
22 Punkte

*


Nissan Serena 1.6

Fahrerairbag

***
21 Punkte

**


VW Sharan 1.9 TDI

baugleich mit
Ford Galaxy
und Seat Alhambra
Fahrerairbag
Beifahrerairbag

***
21 Punkte

**


Mitsubishi
Space Wagon
2.4 GDI GLX

Fahrerairbag
Beifahrerairbag

***
19 Punkte

**


Opel Sintra
2.2 GLS

rechtsgelenktes Modell getestet
Fahrerairbag
Beifahrerairbag
Seitenairbags

**/
18 Punkte

*


Chrysler Voyager 2.5 TD

Fahrerairbag
Beifahrerairbag

**
14 Punkte

*


****

Vierstufiges Euro-NCAP-Rating für Frontalaufprall (Fahrer und Beifahrer) und Seitenaufprall (Fahrer).

..../

Ein Stern wird gestrichen, wenn ein hohes Risiko lebensgefährlicher Verletzungen besteht.

****

Vierstufiges Rating für die Fußgängersicherheit.

Kompetent

Vier Sterne für Renault und Toyota.

Die beiden bieten alles in allem die größte Sicherheit. Besonders hohen Belastungen sind dagegen die Insassen von Chrysler und Opel beim Frontalaufprall ausgesetzt.

Kindersicherer Peugeot.

Kinder in Kindersitzen sind im Peugeot 806 gut aufgehoben, schlechte Werte setzt es dagegen für Nissan, Mitsubishi und abermals Chrysler.

Fußgängersicherheit ignoriert.

Motorhaube und Stoßstange der Minivans sind unnachgiebig und bergen ein hohes Verletzungspotential für Fußgänger.

So haben wir getestet

Im Test:

Phase VI der Testserie im Auftrag des Euro-NCAP-Konsortiums. 8 Minivans wurden einem Frontal- und Seitenaufprall unterzogen, Bewertung für Fahrer beziehungsweise Beifahrer: Entsprechend dem Punkteergebnis werden Sterne vergeben (maximal 4). Die Kindersicherheit wird lediglich verbal beurteilt. Die Fußgängersicherheit wird in einem getrennten Vier-Sterne-Rating beurteilt.

Frontalaufprall:

Nach der EU-Norm Aufprall mit 40 Prozent Überdeckung (fahrerseitig) gegen eine verformbare Barriere nach EEVC-Spezifikation. Aufprallgeschwindigkeit mit 64 km/h höher als in der EU-Richtlinie. Zwei Hybrid-III-Dummies auf den Vordersitzen; bewertet wurden folgende Körperbereiche: Kopf/Hals – Brust – Becken/Oberschenkel/Knie – Unterschenkel/ Füße.

Achtung:

Die Belastungen werden getrennt angegeben und nicht mehr wie früher in vier Körperbereiche zusammengefaßt!
Weiters zwei Dummies (entsprechend einem 18 Monate und einem 3 Jahre alten Kind) in vom Hersteller empfohlenen Kindersitzen am Rücksitz.

Seitenaufprall:

Ein EUROSID-Dummy am Fahrersitz in mittlerer Position; bewertet wurden Kopf, Brust, Bauch und Becken. Weiters zwei Kinder-Dummies wie beim Frontalaufprall.
Aufprall mit 50 km/h mit EEVC-Barriere auf der Fahrerseite. Der Bodenabstand der Unterkante betrug 30 cm (entspricht der EU-Richtlinie).

Fußgängersicherheit:

Zusätzlich wurde die Sicherheit von Fußgängern nach dem NCAP-Entwurf untersucht. Mit einer simulierten Aufprallgeschwindigkeit von 40 km/h entsprechend dem Richtlinienentwurf der EU wurden Köpfe von Erwachsenen- und Kinder-Dummies gegen die Motorhaube (beziehungsweise Windschutzscheibe) und Beinformen gegen die Fahrzeugfront geschleudert.

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