- Die Spielregeln wurden weiter verschärft
- Jetzt auch wieder Dreistern-Autos
- Noch immer erhebliche Mängel beim Fußgängerschutz
Das völlig neue Bewertungsschema für die EuroNCAP-Crashtests, das mit 2009 in Kraft getreten war und heuer verschärft wurde, zeigt Wirkung: Längst nicht mehr alle Autos schaffen locker die Siegernote von fünf Sternen; und 2012 wird es aufgrund einer weiteren Anhebung der Prozentgrenzen noch einmal schwieriger, mit Bestnote zu glänzen.
Zur Erinnerung: Seit 2009 gibt es eine Bewertung mit Sternen nur mehr für die Gesamtnote. Die Einzelkriterien Insassenschutz, Kindersicherheit und Fußgängerschutz werden in Prozent der jeweiligen Höchstpunktezahl ausgedrückt. Neu dazu gekommen ist das Kriterium Sicherheitsassistenzsysteme. Dies soll ein Anreiz für die Autohersteller sein, verstärkt sicherheitstechnische Systeme einzusetzen – damit es gar nicht erst zum Crash kommt.
Der Grund für die Neuordnung: Früher war es für einen Autohersteller möglich, sich alleine mit fünf Sternen im Insassenschutz als besonders sichere Marke darzustellen, auch wenn man bei der Kindersicherheit nur mäßig abschnitt und im Fußgängerschutz mitunter überhaupt versagte. Jetzt, wo nur mehr die Gesamtnote in Sternen dargestellt wird, ist es notwendig, in allen Einzelkriterien fit zu sein.
Bilanz über die Testserien 2009
Im Jahr 2009 wurden insgesamt 39 Autos gecrasht, nur sechs von ihnen verfehlten das Top-Rating von fünf Sternen. Damals reichten noch 70 Prozent der Gesamtpunktezahl für die Bestnote, heuer liegt das Limit bei 75 Prozent, 2012 sind für fünf Sterne dann 80 Prozent erforderlich. Von 33 Fünfstern-Autos im Jahr 2009 würden 2012 nur vier Kandidaten das Top-Rating erreichen: BMW X1, Hyundai i20 und die beiden Hybridmodelle Honda Insight und Toyota Prius. Daraus ist jedenfalls abzulesen, dass Umweltfreundlichkeit und Sicherheit kein Widerspruch sein müssen.
Beim Frontcrash gilt aber stets zu bedenken: Der versetzte Aufprall auf das definierte nachgiebige Hindernis simuliert nur den Zusammenprall zweier gleich schwerer Autos. Wenn ein leichtes gegen ein schweres prallt, ist das leichtere schon rein physikalisch immer im Nachteil.
Pauschalierungen greifen nicht
Früher schien es ein Privileg der Premiumklasse zu sein, die sichersten Autos anzubieten. Dieser Schluss lässt sich schon länger nicht mehr zwingend ziehen. So erreichte Renault als Hersteller der breiten Mitte zu Beginn der EuroNCAP-Crashtestserien 1997 mit dem Laguna nur zwei Sterne und eroberte mit dem Nachfolgemodell 2001 als erster Hersteller überhaupt fünf Sterne.
Eine pauschale Einteilung in Gut und Böse, etwa nach Herstellerland, Fahrzeugkategorie oder Marke, lässt sich heute keineswegs mehr rechtfertigen. So hat der Koreaner Hyundai mit dem Kleinwagen i20 fünf Sterne erreicht und würde diese sogar nach den verschärften Kriterien von 2012 halten, während sich der Alto vom japanischen Kleinwagenspezialisten Suzuki mit nur drei Sternen begnügen musste.
Das Kalkül der Hersteller
Und noch einmal Korea: Chevrolet schnitt mit dem kompakten Cruze (auf Basis des Opel Astra) hervorragend ab und verpasste mit dem Kleinwagen Spark den fünften Stern nur aus einem einzigen Grund: Er besitzt kein ESP serienmäßig.
Toyota hingegen muss sich derzeit nicht nur mit einer Flut an Rückrufen wegen defekter Bremspedale auseinandersetzen, auch in Sachen passiver Sicherheit gab es einen Ausrutscher. Während man mit dem Supermini IQ, der Mittelklasselimousine Avensis und dem Hybrid-Pionier Prius durchwegs im Spitzenfeld gelandet war, schaffte das Klein-SUV Urban Cruiser nur magere drei Sterne.
Unter EuroNCAP-Experten hat sich damit der lange gehegte Verdacht bestätigt, die Autohersteller würden zwei Typen von Autos produzieren – nämlich solche, die für Crashtests optimiert und der Testorganisation freiwillig zur Verfügung gestellt werden; und andere, die nicht dafür vorgesehen sind. Als umso wichtiger erweist sich der EuroNCAP-Grundsatz, Autos nicht nur auf Vorschlag des Herstellers zu testen, sondern auch auf Antrag eines Mitglieds von EuroNCAP.