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Bahnfahren: Beschwerden - Endstation Schienen-Control

Verspätungen, Geldnachforderungen aufgrund falscher Tickets und eingeschränkte Stornomöglichkeiten für gekaufte Tickets sind die häufigsten Ärgernisse.

234 Millionen Fahrgäste beförderten die ÖBB im Jahr 2013 und waren nach eigenen Angaben mit rund 76.000 Beschwerden konfrontiert. Eine stattliche Anzahl, auch wenn das 99,97 Prozent zufriedene Fahrgäste bedeutet. Ist ein Fahrgast mit der Erledigung seiner Beschwerde unzufrieden, kann er sich an die unabhängige Schlichtungsstelle derSchlichtungsstelle für Bahnkunden wenden, die für Konflikte zwischen Fahrgästen und Bahnunternehmen sowie Verkehrsverbünden zuständig ist.

Häufigstes Ärgernis: Verspätungen

Im Jahr 2013 wurde von der Schlichtungsstelle der Schienen-Control in 663 Fällen ein Schlichtungsverfahren eingeleitet und in 98 Prozent der Fälle eine Lösung erzielt. Die meisten Beschwerden betrafen dabei Entschädigungszahlungen für Verspätungen, Fahrgeldforderungen wegen falscher oder fehlender Tickets, die verweigerte Rückvergütung nicht genutzter Tickets und fehlerhafte Informationen seitens der Bahnunternehmen.

Kein Geld fürs Taxi

95,9 Prozent aller Züge im Personenverkehr waren im Jahr 2013 pünktlich, im Jahr 2014 waren es bis Oktober 96,7 Prozent. Wobei ein ÖBB-Zug bereits als „pünktlich“ gilt, wenn er nicht mehr als fünf Minuten hinter dem Fahrplan zurückbleibt. Beschwerden über Verspätungen und Verspätungsentschädigungen machen bereits 22 Prozent der Beschwerden bei der Schienen-Control aus und führen die Beschwerde-Hitliste an. Ein häufiger Streitpunkt ist dabei, wenn Fahrgäste aufgrund großer Verspätung ein Taxi nehmen und diese Kosten von den ÖBB erstattet haben möchten. Das ist laut Tarifbestimmungen jedoch nur selten gedeckt. Denn Taxikosten bis zu maximal 50 Euro werden nur dann ersetzt, wenn wegen Zugausfall, einer Verspätung von mehr als 60 Minuten oder Versäumen des letzten Anschlusses aufgrund einer Verspätung die Reise nicht mehr am selben Tag fortgesetzt werden kann.

Entschädigung für Jahreskarten

Besitzer von Jahreskarten müssen sich, um ihren Entschädigungsanspruch bei einer Verspätung durchzusetzen, bereits beim Kauf der Jahreskarte beim Verkehrsverbund bzw. Bahnunternehmen unter Bekanntgabe der benutzten Strecke registrieren lassen und der Datenübermittlung an das Bahnunternehmen ausdrücklich zustimmen. Nur dann wird, wenn weniger als 95 Prozent der Regionalzüge auf der vom Fahrgast benutzten Strecke in einem Geltungsmonat pünktlich waren, eine Entschädigung nach Ende der Gültigkeitsdauer der Jahreskarte ausgezahlt.


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Kein oder ein falsches Ticket

Kein oder ein falsches Ticket

Beschwerden über Fahrgeldnachforderungen der ÖBB wegen eines fehlenden oder falschen Tickets oder daraus erwachsenen ­Inkassoforderungen waren im Jahr 2013 mit 15 Prozent die zweithäufigste Beschwerdegrund bei der Schienen-Control. Häufig ist ein Missverständnis am Fahrkartenautomaten Ursache für das Fehlen eines Tickets: Wenn jedoch bloß eine der Bezahlfunktionen (z.B. die Zahlung mit Kreditkarte) nicht funktioniert, die anderen Zahlungsmöglichkeiten (z.B. Barzahlung) aber sehr wohl gegeben sind, gilt der Automat nicht als defekt!

Kleingeld immer parat

Der Kunde muss auch das nötige Kleingeld ­parat haben, denn die Automaten nehmen nur Geldscheine an, auf die maximal 9,90 Euro Wechselgeld herauszugeben sind. Je nach ­Ticketpreis werden sie also etwa einen 20-Euro-Schein akzeptieren oder auch nicht. Wer da an einen Defekt des Automaten denkt und ohne Ticket in den Regionalzug einsteigt, gilt als Schwarzfahrer und zahlt Strafe.

In Summe haben die Beschwerden wegen Strafen aber abgenommen. Die Schienen-Control führt das auf eine kundenfreund­lichere Behandlung von Einsprüchen und auf eine kürzere Antwortzeit durch das Bahn­unternehmen zurück.

Teurer Online-Irrtum

Ein Fall aus der Praxis: Boris B. kaufte via ­Internet um 21 Uhr ein Einfach-raus-Ticket – irrtümlicherweise für den bereits weit­gehend verstrichenen aktuellen Tag statt wie geplant für den nächsten Tag. Er bemerkte den Irrtum sofort, fuhr noch am ­selben Abend zum Bahnhof und füllte dort einen Antrag auf Erstattung aus. Die ÖBB lehnten ab. Nach einigem Hin und Her einigte man sich auf eine Kulanzlösung.

Verweigerte Fahrpreiserstattung

13 Prozent der Beschwerden betrafen die verweigerte Fahrpreiserstattung für nicht genutzte Tickets, das sind um 5 Prozent mehr als im Jahr davor. Den Grund sieht die Schienen-Control vor allem darin, dass es bei Onlinetickets sowie Tickets der „SparSchiene Österreich“ keine Erstattung für nicht genutzte Tickets gibt, was vielen Fahrgästen nicht klar ist.

Kulanz oder Gericht

Der Standpunkt der Schienen-Control dazu ist eindeutig: Der generelle Ausschluss der Erstattung von Onlinetickets, wie in den ­Tarifbestimmungen geregelt, ist rechtswidrig. In Streitfällen besteht momentan allerdings, wenn keine Kulanzlösung erreicht werden kann, nur die Möglichkeit, Ansprüche auf dem Gerichtsweg einzuklagen.

Streit zwischen ÖBB und Schienen-Control

Zwischen Schienen-Control und ÖBB sind einige Streitfälle wegen unterschiedlicher Auffassung über Tarifregelungen anhängig. Welche, dazu schweigen beide Seiten mit Hinweis auf die offenen Verfahren. Die ­fehlende Erstattung von Onlinetickets und SparSchiene Österreich-Tickets dürfte eines davon betreffen.

Änderung für Vorteilscard Family

Vorteilscard Family

Ein großes Ärgernis für Fahrgäste sind schlecht kommunizierte Änderungen der ­Tarifbestimmungen. So geschehen etwa bei der Vorteilscard Familie, die mit 1. Jänner 2014 zur Vorteilscard Family wurde – mit völlig neuer Regelung, was die minimale ­Namensänderung nicht vermuten ließ. Diese Vorteilscard wird von der klassischen Kleinfamilie gelöst, was eine Verteuerung be­deutet.

100% Preiserhöhung

Die Kunden bemerken das oft erst Monate später, bei der anstehenden Verlängerung der Vorteilscard Familie. So empörte sich Gerhard A. im September 2014: "Ich habe gestern für die Verlängerung die Unterlagen bekommen. Aus dem ÖBB-Schreiben geht hervor, dass jetzt jeder Erwachsene ­eine Vorteilscard Family benötigt, was für eine Familie mit Vater und Mutter eine ­Preiserhöhung um 100 Prozent bedeutet.“

Handbuch für Bahnreisen

Die "Bibel“ für das Bahnfahren ist seit Juli 2013 das "Handbuch für Reisen mit der ÖBB in Österreich“, veröffentlicht auf der ÖBB-Website. Darin wurden die etwa 15 nationalen Tarifbestimmungen der ÖBB-Personenverkehr AG zusammmengefasst, inhaltlich überarbeitet und teilweise abgeändert.

Aber: Etwa alle zwei bis drei Monate werden Teile verändert.

  • Der Grund ist zum einen, dass auch nur temporär gültige Angebote wie das Sommerticket und das Senioren­ticket im Herbst darin geregelt werden.
  • Zum anderen ringt die Aufsichtsbehörde Schienen-Control seit Veröffentlichung des Handbuchs hart­näckig mit den ÖBB um die Präzisierung und verständlichere Formu­lierung einzelner Regelungen und Bestimmungen.

Preisbildung der ÖBB bleibt Geheimnis

Geheimwissenschaft Ticketpreis

Mit der Einführung des Handbuchs wechselten die ÖBB auch vom Kilometer-Tarif zu ­Relationspreisen. Wie der Relationspreis ­zustande kommt, bleibt unklar. Die ÖBB auf Anfrage: „Die Preise der Standard-Einzel­tickets sind primär von der Entfernung abhängig.“ Auf die Nachfrage, was denn dann "sekundär“ auch noch die Preisbildung beeinflusse, blieben die ÖBB verschlossen: "Die Details unserer Preisbildung legen wir aus Wettbewerbsgründen nicht offen.“

Informationsgewinn: null

Für die Schienen-Control genügte das offenbar nicht der gesetzlich verankerten Pflicht zur Kundmachung der Tarife und sie verlangte, den Tarif wieder in einer Tabelle nach­schlagbar zu machen. Die ÖBB kamen dem Wunsch der Schienen-Control GmbH nach. Das Ergebnis dieser Wunscherfüllung sind 23 PDF-Dokumente mit rund 100.000 Seiten und rund 3,5 Millionen Relationen – immerhin alphabetisch geordnet –, die der Fahrgast durchblättern kann (ÖBB Tarifbestimmungen: Relationspreise > Services > Tarifbestimmungen > Relationspreise). Darin können die Ticketpreise 1. und 2. Klasse, wie sie auch die elektronische Fahrplanauskunft Scotty auswirft, für alle Strecken (Startbahnhof–Zielbahnhof) in Österreich nachgelesen werden. Informationsgewinn: null.

Westbahn-Kilometerbank

Mittlerweile taucht auch die Westbahn GmbH öfter unter den Beschwerden an die Schlichtungsstelle auf. Vor allem, weil sie ­ihre Kilometerbanken, mit denen ein Kilometerguthaben gekauft wird, en passant entwertet hat.

Walter H. stellte Ende Februar 2014 fest, dass ihm von seiner Westbahn-Kilometerbank für die Fahrt Amstetten–­Wien-Westbahnhof statt der üblichen 126 km auf einmal 140 km abgebucht worden ­waren. Sind Amstetten und Wien plötzlich auseinandergedriftet, fragte er sich und die Westbahn verwundert. Die Westbahn belehrte ihn, dass es sich bei ihren Kilometerbanken um Tarifkilometer handle, die keine Maßeinheit, sondern eine Zahlungseinheit der Westbahn darstellten, welche nicht mit den tatsächlichen Streckenkilometern korreliere.

Klage gegen Westbahn

Die Schienen-Control wollte diese Entwertung bereits gekaufter Guthaben nicht einfach hinnehmen und initiierte ein aufsichtsbehördliches Verfahren. Mittlerweile wurde eine Verbandsklage vor dem Handelsgericht Wien eingebracht.

Tipps rund um's Bahnfahren

  • Ticketdatum überprüfen. Beim Kauf ­eines Tickets sofort die Richtigkeit des Gültigkeitsdatums überprüfen.
  • Vorsicht bei Onlinebuchung. Vor Abschluss der Buchung eines Onlinetickets nochmals sämtliche Daten auf ihre Richtigkeit über­prüfen, da Umtausch, Abänderung oder ­Ticketerstattung nach erfolgter Buchung nicht mehr möglich sind.
  • Informieren in Echtzeit. Nutzen Sie die elekt­ronische Fahrplanauskunft, die Ver­spätungen in Echtzeit anzeigt.
  • Kleingeld für Automaten. Die ÖBB-Fahr­­kartenautomaten geben maximal 9,90 Euro Wechselgeld heraus – daher kleine Scheine und Münzen einstecken.
  • Haltestelle rechtzeitig aufsuchen. ­Genügend Zeit für den Erwerb des Tickets am Schalter oder Automaten einplanen. Denn in Regionalzügen kann kein Ticket im Zug ­gekauft werden.
  • Verspätungsentschädigung sichern. Stimmen Sie bei Neukauf bzw. Verlängerung ­einer Jahreskarte der Datenübermittlung an die zuständigen Bahnunternehmen ausdrücklich zu, um sich den Anspruch auf Verspätungsentschädigung zu sichern.
  • Beschweren Sie sich. Wenn bei Ihrer Bahnfahrt etwas schiefgeht, schicken Sie ­Ihre Beschwerde an das betreffende Bahnunternehmen.
  • Schlichtungsstelle hilft. Wird Ihre ­Beschwerde vom Bahnunternehmen oder Verkehrsverbund abgelehnt, wenden Sie sich an die Schlichtungsstelle der Schienen-Control. Bei Beschwerden über auslän­dische Bahnen hilft das Europäische Verbraucherzentrum.

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