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Winterreifen - Die Schneeflocken kommen

Das veraltete M&S-Piktogramm als Auszeichnung für Winterreifen sollte bald Geschichte sein. Im heurigen Winterreifen-Test trug selbst der schlechteste Reifen das in Kürze allein gültige Schneeflocken-Symbol.

Diese Winterreifen haben wir getestet:

195/65 R 15 T

  • Aeolus SnowAce 2 AW08
  • Continental WinterContact TS 860
  • Dunlop Winter Response 2
  • Esa-Tecar Super Grip 9
  • Falken Eurowinter HS01
  • Firestone Winterhawk 3
  • Goodyear UltraGrip 9
  • Hankook i*cept RS2 W452
  • Kleber Krisalp HP 3
  • Kumho WinterCraft WP51
  • Michelin Alpin 5
  • Nokian WR D4 
  • Sava Eskimo S3+
  • Semperit Master-Grip 2
  • Vredestein Snowtrac 5
  • Yokohama W.drive V905

215/65 R 16 H

  • Apollo Apterra Winter
  • Avon WV7
  • Barum Polaris 3 4x4
  • BF Goodrich g-Force Winter 2
  • Continental WinterContact TS 850 P SUV
  • Dunlop Winter Sport 5
  • Fulda Kristall Control HP2
  • Goodyear UltraGrip Performance Gen-1
  • Michelin Alpin 5
  • Nokian WR D4
  • Pirelli Scorpion Winter
  • Sava Eskimo HP2

In der Testtabelle finden Sie Bewertungen und Infos zu: Fahrverhalten, Fahrsicherheit, Bremsen (auf Schnee, Eis, trockener sowie nasser Fahrbahn), Anfahren, Aquaplaning, Geräusch, Kraftstoffverbrauch, Verschleiss, ...

Lesen Sie nachfolgend unseren Testbericht.


Beginnen wir gleich bei den groben Auffälligkeiten: Das Qualitätsniveau der getesteten Winterreifen ist insgesamt relativ hoch, es gibt in jeder Kategorie nur einen Reifen, der nicht zumindest "durchschnittlich" abgeschnitten hätte. Das hat vor allem damit zu tun, dass wirklich schlechte Reifen in der Regel gar nicht mehr zum Test antreten, weil nur solche Reifen genommen werden, die beim wichtigsten Sicherheitskriterium, dem Nassgriff, laut vorgeschriebenem EU-Reifenlabel zumindest ein C aufweisen. Darum sind Ausreißer nach unten seltener geworden, aber nicht ganz verschwunden.

Test: Ein Versager bei 195/65 ...

Bei den schmalen Reifen im Test handelt es sich beim Versager um einen Semperit mit Note "weniger zufriedenstellend", was den Patrioten in uns vielleicht ein wenig traurig stimmen mag, denn, was viele heute gar nicht mehr wissen: Semperit war einmal ein österreichischer Reifenhersteller, der bei den Winterreifen immer wieder Maßstäbe setzte, im Zuge der wirtschaftlichen Globalisierung aber schon vor Jahrzehnten im Conti-Konzern Unterschlupf fand und dort als eine von mehreren Submarken weitergeführt wird, produziert je nach Art und Dimension in einem der Conti-Werke irgendwo auf der Welt. Immerhin ein klein wenig von den ­guten Genen dürfte noch vorhanden sein. Denn der Semperit schaffte ein ganz passables Test-Ergebnis auf Schnee, auf nasser Fahrbahn und beim Verbrauch. Vor allem schlechte Haltungs­noten auf trockener Fahrbahn und im Verschleiß ließen ihn aber schließlich doch bis ans Ende der Tabelle durchschlagen.

... und ein Absturz bei 215/65

Ein wirklich blamables Ergebnis gibt es aber bei der breiteren Dimension. Es handelt sich um einen chinesischen Reifen namens Nankang, der derartig katastrophale Schnee- und Nässeeigenschaften aufweist, dass man sich schon fragen muss, wie er zur Schneeflocke als Qualitäts­symbol für Winterreifen gekommen ist. ­Dabei kann man heute gar nicht mehr generell behaupten, chinesische Reifen wären von vornherein schlecht. Bei der schmalen Dimension wurde ein Reifen namens Aeolus nur knapp hinter einem Michelin gereiht. Es handelt sich um einen chinesischen Pirelli-Ableger mit Test-Note "durchschnittlich".


Wegen des Klimawandels mussten die Winterreifen-Tests nach Finnland verlegt werden. Die Testergebnisse sind dennoch vergleichbar mit denen aus früheren Jahren – als in der Schweiz getestet wurde.

Die Testkriterien finden Sie hier: Autoreifen im Test - Auto Extra

Schneeflocke statt M&S-Symbol

Schneeflocke statt M&S ab 2018

Das Thema Winterreifen bleibt spannend, nämlich auch von der Seite der Definition her. Es ist ja mittlerweile hinlänglich bekannt, dass das M&S-Symbol, das bis heute als gesetzlich verbindliche Kennzeichnung von Winterreifen gilt, auch auf manchen Reifen zu finden ist, die aufgrund ihrer schwachen Winter-Leistungen doch eher als Sommerreifen zu bezeichnen wären.

Das hat vor allem einen trickreichen Hintergrund: Aufgrund des M&S-Symbols darf der Geschwindigkeitsindex des Reifens auch unter der Höchstgeschwindigkeit des Fahrzeugs liegen. Davon profitieren vor allem sehr schnelle Sportwagen und SUVs, weil sie mit oftmals viel billigeren "langsameren" Reifen ausgestattet werden können oder weil es sehr schwierig wäre, Geländeeigenschaften und Hochgeschwindigkeitsfestigkeit unter einen Hut zu bringen. Starke SUVs erreichen heutzutage oft Höchstgeschwindigkeiten von weit über 200 km/h. Dieser Spagat lässt sich mit Geländereifen natürlich nicht hinkriegen.

Das veraltete M+S-Symbol wird durch das Schneeflockensymbol ersetzt. (Bild: Vilsone/Shutterstock.com)

Schärfere Winterreifen-Verordnung

Dieser weiten Auslegung der Winter­reifenthematik durch das M&S-Symbol soll nun immerhin zum Teil Einhalt geboten werden, indem ab Produktionsjahr 2018 eine schärfere Winterreifen-Verordnung in Kraft tritt. Neue Reifen gelten nur mehr dann als Winterreifen, wenn sie das Schneeflockensymbol tragen, das schärferen Winter­kriterien entspricht als das M&S-Symbol.

Die "Schneeflocke" nennt sich in der Fachsprache 3-PMSF-Piktogramm, kommt von Three-Peak-Mountain-Snow-Flake. Bis zum 30. September 2024 gelten Reifen mit M+S Kennzeichnung noch als wintertauglich, wenn sie bis zum 31. Dezember 2017 her­gestellt worden sind. Mit dieser sehr langen Übergangsregelung will der Gesetzgeber finanzielle Härten dadurch vermeiden, dass bereits produzierte bzw. gekaufte Reifen noch weitergefahren werden können.

Reifenlabel wenig hilfreich

Reifenlabel wenig hilfreich

Nach fünf Jahren EU-Reifenlabel kann einmal Bilanz gezogen werden. Die Reaktionen bleiben eher verhalten. Es gibt immer weniger unerklärbare Klassifizierungen, die erklärbaren Abweichungen zwischen den Label-Kennzeichnungen und dem Abschneiden bei den realen Reifentests sind trotzdem mitunter enorm. So ist das Reifenlabel als Verbraucherschutz-Werkzeug doch weitgehend ungeeignet und bestenfalls eine grobe Orientierungshilfe beim Kauf.

Gravierende Unterschiede

Vor allem beim Bremsen im Nassen zeigen sich oft gravierende Unterschiede. Immer wieder schneiden Reifen mit Labelbuchstaben "C" besser ab als manche mit "A" oder "B". Das ist jetzt kein unmittel­bares Problem für den Käufer eines Reifens mit Nassgriff "C". Er bekommt ja sogar einen besseren Reifen als angegeben. Zur Klarheit im Allgemeinen trägt so etwas aber nicht bei. Auch die Bremsweg-Unterschiede stellen sich in Buchstaben aus­gedrückt mitunter harmloser dar als in Wirklichkeit. So kann ein B-Reifen zwischen 32 und 35 Meter Bremsweg aufweisen und ein C-Reifen sogar 39 Meter. Sieben Meter sind keine Kleinigkeit und trotzdem ist es nur der Sprung von B auf C.

Unterschiedliche Messmethoden

Auch beim Rollwiderstand kommt es regelmäßig zu erheblichen Diskrepanzen zwischen Reifenlabel-Kennzeichnung und Test-Ergebnissen. Das liegt an den unterschiedlichen Messmethoden, die unterschiedliche Reifenbauarten bevorzugen beziehungsweise benachteiligen. Kern des Problems: Für das Reifenlabel wird mit 80 Prozent der maximalen Traglast des Pneus gemessen, was nach Experteneinschätzung nur in den seltensten Fällen der Realität entspricht.

Der Verbrauchstest findet hingegen bei geringerer Belastung statt, nämlich Testfahrzeug plus Fahrer und Messgeräte, was abhängig von der Ausstattung auf Vorder- und Hinterachse verteilt, einer 50- bis 60-prozentigen Belastung entspricht. Dabei hat die Last auf den Reifen erheblichen Einfluss auf den Rollwiderstand.

Fazit für 195/65 und 215/65

195/65 R 15 T führt

Diese Reifengröße ist mit einem Markt­anteil von 13 Prozent die meistverkaufte Reifen­dimension. Sie reicht von Einstiegsvarianten der Kompaktklasse bis zu mager dimensionierten Limousinen wie etwa Skoda Octavia und Toyota Prius. Montiert waren die Räder beim Test auf einem VW Golf.

Ausgewogene Leistungen

Auffällig ist, dass die besten im Test durch ausgewogen gute Leistungen glänzen, allen voran der Continental WinterContact TS 860. Der zweitplatzierte Esa-Tecar Super Grip 9 kann zusätzlich mit einem Spitzen­ergebnis für den geringsten Verbrauch aufwarten. Die Marke mit der etwas sperrigen Bezeichnung Esa-Tecar ist nicht unbedingt als Premium-Produkt bekannt. Hier handelt es sich um ein Produkt, das im Auftrag der Einkaufsorganisation des Schweizer Automobil- und Motorradgewerbes von Good­year entwickelt und produziert wird. Es schneidet – ebenso wie Kleber – besser ab als die Muttermarke. Bei Kleber ist dies Michelin: Offenbar hat die Konzentration auf die Bestnote im Verschleiß dem Michelin Alpin 5 nur ein mageres "Durchschnittlich" eingebracht.

Unterschiede zu Sommerreifen

Generell hat sich gezeigt, dass in der aktu­ellen Reifengröße die Winterreifen bessere Aquaplaning-Eigenschaften aufweisen als Sommer­reifen. Da zum Vergleich immer auch Sommerreifen mitgetestet werden, kam zutage: Selbst der auf Aquaplaning spezialisierte Sommer­reifen von Uniroyal musste sich den besten Winterreifen geschlagen geben. Noch ein genereller Unterschied zu Sommerreifen dieser Dimension ist der deutlich längere Bremsweg der Winterreifen auf trockener Fahrbahn. So fällt der Bremsweg mit einem mittelmäßigen Sommerreifen ­immer noch um rund vier Meter kürzer aus als mit dem besten Winterreifen.

215/65 R 16 H für SUVs

Bei dieser Reifengröße handelt es sich um die meistverkaufte SUV-Dimension. Montiert waren die Räder beim Test auf einem VW Tiguan.

Bemerkenswert ist hier, dass der Testsieger Dunlop Winter Sport 5 nicht unbedingt in seiner Funktion als Winterreifen der beste im Vergleich ist. Er überzeugt vor allem mit der Bestnote auf nasser Fahrbahn und konnte auch bei Verbrauch und Verschleiß mit guten Resultaten mithalten, wohl auch sehr wichtige Kriterien für den Kauf. Die Ergebnisse auf Schnee und Eis könnten jedoch besser sein (trotz einer noch "guten" Bewertung).

Winterspezialisten ...

Das Mittelfeld mit der Note "durchschnittlich" beginnt bereits beim zweiten Platz. Wer echte Winterspezialisten sucht, muss sich an BF Goodrich oder Nokian wenden, die beide gleichauf mit Bestwerten auf Schnee glänzen. Der BF Goodrich zeichnet sich auch noch mit geringem Verschleiß und Verbrauch durch hohe Wirtschaftlichkeit aus.

... oder Risiko-Reifen

Erhebliche Unterschiede in der Leistungs­fähigkeit zeigen die getesteten Reifen auch beim Nassbremsen. Wie gefährlich schlechte Reifen nun doch sein können, zeigt folgendes Beispiel: Während das Dunlop-bereifte Fahrzeug bei einer Notbremsung aus 80 km/h bereits steht, beträgt die Restgeschwindigkeit mit dem Nankang noch immer 37 km/h. Auch die Verbrauchsunterschiede sind nicht unerheblich: Zwischen dem Reifen mit dem besten (Goodyear) und schlechtesten Verbrauch (Pirelli) liegt ein halber Liter auf 100 Kilometer, bei gleichem Auto und gleicher Fahrweise.

Testtabelle: 10/2017 Winterreifen 195/65 R 15 T

Testtabelle: 10/2017 Winterreifen 215/65 R 16 H

VKI-Tipps

Reifenlabel: Manchmal irreführend. Seit fünf Jahren gibt es nun das Reifenlabel, das eine schlüssige Orientierung für Konsumenten beim Reifenkauf sein und die Industrie anspornen sollte, immer bessere Reifen herzustellen. Doch es gibt noch immer erhebliche Abweichungen zwischen den Angaben auf dem Reifenlabel und den viel umfassenderen Testergebnissen der Verbraucherschutzverbände.

Kilometerleistung: Große Spreizung. Die durchschnittliche Kilometerleistung aller Testteilnehmer der Dimension 215/65 R 16 betrug 44.400 Kilometer, wobei der beste in dieser Disziplin (Michelin) praktisch doppelt so lange hält wie der schlechteste (Avon). In Wirklichkeit können Unterschiede sogar noch größer ausfallen, da der Verschleiß auch stark von der Fahrweise, vom Dreh­moment des Fahrzeugs, vom Antriebskonzept und von der Region (Asphaltbeschaffenheit) abhängt.

Ganzjahresreifen: Kompromiss. Diesmal wurden keine Ganzjahresreifen getes­tet, zumal kein neues Reifenmodell ver­fügbar war und auch die Ergebnisse bei den Ganzjahresreifen im Vorjahr keine große Überraschung erbrachten. Lediglich der auf einem Winterreifen basierende Vredestein Quatrac 5 und der auf einem Sommerreifen basierende Michelin Cross Climate konnten ein "durchschnittlich" erzielen.

Testplakette

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