Die Verbrauchsangaben aller Automobilhersteller sind praxisfremd. Das zeigt ein Vergleich des Normverbrauchs mit den im Test erzielten Werten.
Immer öfter klagen Autofahrer, dass die angegebenen Benzin- oder Dieselverbrauchswerte ganz und gar nicht ihren Erfahrungen entsprechen. Wir haben die im Prüflabor gemessenen Werte der in den letzten zwei Jahren getesteten Automodelle mit den Angaben der Hersteller verglichen. Das Ergebnis ist eindeutig: Über alle Klassen betragen die Abweichungen 10 Prozent und mehr, in Einzelfällen bis zu 40 Prozent.
Autobahn unbekannt
Das liegt in den Messmethoden der Hersteller begründet, die mit unserem täglichen Umgang mit dem Automobil herzlich wenig zu tun haben. Der sogenannte Neue Europäische Fahrzyklus (NEFZ) ist seit 1996 in Kraft. Diese gesetzliche Prüfmethode enthält praktisch keine höheren Dauergeschwindigkeiten, wie sie in Europa selbstverständlich sind. So wird im NEFZ lediglich einmal kurz auf 120 km/h beschleunigt. Unsere Testwerte (die Autotests werden im Rahmen einer internationalen Kooperation durchgeführt) sind da deutlich realistischer. Darüber hinaus fällt auf, dass die gemessenen Unterschiede zwischen einzelnen Fahrzeugen und ganzen Fahrzeugklassen mitunter extrem groß sind.
Mogelei bei Kleinwagen und Luxuskarossen
In manchen Einzelfällen lassen sich über die Gründe der starken Abweichungen lediglich Vermutungen anstellen; bei Betrachtung aller Resultate ergeben sich jedenfalls durchaus klare und nachvollziehbare Schlussfolgerungen. Die größten Abweichungen von der Norm finden wir einerseits bei den Kleinwagen und andererseits bei den Sportwagen und Luxuslimousinen. Bei den Kleinwagen lässt sich dies leichter erklären als in der Oberklasse.
Kritik am Normtest
Doch vorher noch zu den Testszenarien: Der Normverbrauchtest wird auf einem zertifizierten Rollenprüfstand durchgeführt. Dabei wird der Abgasausstoß gemessen und daraus der Verbrauch errechnet. Es beginnt mit einem Kaltstart und viermaligem Hochbeschleunigen auf 50 km/h (Stadtwert), danach wird noch auf 70 km/h und kurzzeitig auf 120 km/h beschleunigt (Überland-Wert). Die Prozedur findet sozusagen bei Zimmertemperatur (20 bis 30 Grad) und ohne Zusatzaggregate wie die Klimaanlage statt. Die drei üblicherweise angegebenen Werte entsprechen einem Anteil Stadtverkehr und einem Anteil Überlandverkehr sowie dem Gesamtergebnis aus beiden.
Die wichtigsten Kritikpunkte liegen da schon auf der Hand: Höhere Geschwindigkeiten über längere Zeit finden keine Berücksichtigung, es wird so getan, als gäbe es keine Autobahnen. Ignoriert werden auch tiefere Temperaturen oder der Einsatz von Komforteinrichtungen.