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Semmeln: Inhaltsstoffe - Was drin steckt

Semmeln müssen knusprig sein und gut schmecken. Mindestens genauso wichtig ist aber für viele Konsumenten, was genau in der Krume steckt. - Wir haben die Inhaltsstoffe der wichtigsten Anbieter verglichen.

Die Zutaten für eine Semmel sind schnell aufgezählt: Mehl, Wasser, Germ und Salz. Dazu noch etwas Fett und Malzmehl (Zucker geht auch). Mit diesem Minimalprogramm kommt aber längst kein Bäcker mehr aus. Das liegt nicht nur, aber auch an den Kunden, die ihr Gebäck möglichst preiswert in immer gleicher Qualität haben wollen, und das möglichst bis eine Minute vor Geschäftsschluss.

Backhilfsmittel für Volumen und Frische

Um diese Wünsche befriedigen zu können, braucht es Backhilfsmittel, die den Teig zusätzlich auflockern, für mehr Volumen sorgen, die Kleberstruktur festigen oder die Frischhaltung verbessern. Entsprechend lang sind daher bei manchen Semmeln die Zutatenlisten, die wir parallel zu unserer Semmeln - Nicht immer resch und frisch erhoben haben.

Inhaltsstoffe: Keine Zufälle

Weder der kleine Bäck ums Eck noch die handwerklich arbeitenden Bäckerei-Ketten und schon gar nicht die Großbäckereien ­können bei der Herstellung von Gebäck auf Glück und Geschick vertrauen. Was in der eigenen Küche maximal ein Ärger­nis ist – aus der frischen Germ wird kein Dampfl, der Teig bleibt ­sitzen, weil das verwendete Mehl nicht passt –, wäre für ­jeden Betrieb eine wirtschaftliche Katas­­trophe. Schon lange wird daher nichts mehr dem ­Zufall überlassen.

Enzymgehalt in Getreide nimmt ab

Jedes Jahr kommt Anfang September die heimische Getreideernte bildlich gesprochen unters Mikroskop. Die spannende ­Frage lautet: Wie hoch ist diesmal der ­Enzymgehalt in den Getreide­körnern? ­Enzyme sind von ­Natur aus im ­Getreide ­enthalten. Feuchtes Wetter begüns­tigt die Enzymbildung in ­Getreide, trockenes Wetter hemmt sie und sorgt für mehr Stärkeeinlagerung.

Seit aufgrund ­neuer Züchtungen der Enzymgehalt in Getreide abnimmt, sind ­zunehmend die Müller gefragt. Sie versuchen, mit der Mischung verschiedenener Getreidesorten aus unterschiedlichen Gegenden Mehle in gleich­bleibender Qualität herzustellen, welche die Bäcker gut verarbeiten können. 

Die Macht der Enzyme

Beschleunigte chemische Reaktionen

Was sind überhaupt Enzyme und warum ­haben sie eine so große Bedeutung in den Backstuben? Unter Enzymen versteht man Eiweißmoleküle, die gezielt chemische Reak­tionen beschleunigen. In einem Getreidekorn bauen sie zum Beispiel die enthaltene Stärke zu vergärbaren Zuckern um. Enthält ein Mehl zu wenig Enzyme, haben die Hefen im Teig nicht ausreichend Nahrung, um sich gut zu vermehren. Das Backergebnis sind dann trockene, geschmacklose Semmeln (oder Brote mit tiefen Rissen in der Krume).

Malz als Hilfsmittel

Damit es nicht so weit kommt, setzen die Bäcker seit jeher Malz aus angekeimtem ­Getreide ein, in dem viele ­Enzyme – hauptsächlich in Form von Amylasen und Prote­asen – ­stecken. Sie vergrößern das Teigvolumen und lockern die Kleberstruktur auf, wodurch sich die Dehnbarkeit und Elastizität des ­Teiges verbessert. Meist wird Malz als ­Flüssigmalz oder als Malzmehl (angekeimtes Getreide wird getrocknet und anschließend vermahlen) zugesetzt. Diese Hilfsmittel ­beschleunigen nicht nur die Hefegärung, sondern sorgen zusätzlich für mehr Rösche (Knusprigkeit), eine schöne Farbe sowie ­einen malzigen, leicht süßlichen Geschmack. Malz bzw. Malzmehl wird von fast allen ­Herstellern verwendet, wie wir bei unserer Erhebung der Inhaltstoffe feststellten.

Thermische Behandlung

Wie die Zutatenlisten zeigen, wird gelegentlich auch Weizenquellmehl eingesetzt. Es besteht ebenfalls aus angekeimtem Weizen und wird deshalb auch als Malzquellmehl bezeichnet. Im Gegensatz zu herkömm­lichem Malzmehl wird dieses Mehl aber thermisch behandelt, weshalb die darin enthaltenen Enzyme inaktiv sind.

Keine Deklaration am Produkt

Um ein konstantes Backergebnis zu garantieren, kommen neben natürlich enthaltenen Enzymen auch synthetisch hergestellte zum Einsatz. Sie werden aus Mikroorganismen wie etwa Bakterien und Pilzen gewonnen. Eine zunehmend größere Rolle spielt in ­diesem Bereich die Gentechnologie. Sie hat nach Ansicht der großen Player auf diesem Markt viele Vorteile: eine bessere Ausbeute und höhere Reinheit der gewonnen ­Enzyme, geringere Kosten sowie die Schonung von Ressourcen.

Gentechnik verpönt

In Österreich sind Gen­tech-­Lebensmittel aber nach wie vor ­tabu. Nicht von ungefähr verzichten deshalb alle von uns ­befragten ­Bäcker auf den Einsatz von gentechnologisch hergestellten Enzymen in ihren Produkten.

Um die Teig­eigen­schaf­ten zu verbessern, wird in den meisten heimischen Backstuben nicht nur mit Malz bzw. Malzmehl gearbeitet. Es werden auch Backmittel als standardisierte Zutaten untergemischt. Setzt ein Bä­cker Enzyme zu, handelt es sich dabei meist um Amylasen, aber auch um Xylanasen, die für eine gute Teigstabilität ­sorgen.

Deaktivierung beim Backen

Enzyme können viel, müssen aber prak­tischerweise am Produkt nicht deklariert werden. „Alle Enzyme“, sagt Dr. Regine Schönlechner, assoziierte Professorin an der Wiener Universität für Bodenkultur, „werden beim Backen deaktiviert. Aufgrund der Hitze sind sie nach dem Backvorgang nicht mehr ­wirksam und brauchen daher auch ­keine Kennzeichnung.“ Enzyme finden sich deshalb bei Brot und Gebäck in kaum einer ­Zutatenliste. 

Unerwartete Zutaten

Weizengluten

Was wir dagegen häufig fanden, war der Hinweis auf den Einsatz von Weizenkleber bzw. Weizengluten. Diese Inhaltstoffe müssen zugesetzt werden, wenn die Semmel tiefgefroren und erst viele Tage später auf­gebacken wird. „Durch langes Tiefkühlen“, so DI Christian Kummer von der Versuchs­anstalt für Getreideverarbeitung, „kommt es zu einer Unterbrechung des Gärvorgangs. Vor allem der Kleber wird hier stark beansprucht.“ Damit sich die Frostschäden beim Aufbacken in Grenzen halten, müssen für länger haltbare Teiglinge eigene Tiefkühlbackmittel eingesetzt werden.

Acerola-Kirschsaftpulver

Eine für viele Konsumenten überraschende Zutat ist Acerola-Kirschsaftpulver. Es wird statt Vitamin C (E 300 Ascorbinsäure) verwendet, kommt in der Zutatenliste aber ohne die bei Kunden unbeliebte E-Nummer aus. So wie Ascorbin stärkt auch Acerola das ­Klebergerüst des Teiges und sorgt für mehr Volumen.

Erdäpfelflocken und Palmfett

Erstaunlich finden wir, wie unterschiedlich lang eine Zutatenliste selbst bei einem so einfachen Produkt wie einer Semmel sein kann. Noch erstaunlicher, welche ungewöhnlichen Inhaltstoffe darin auftauchen können – etwa Erdäpfelflocken in einer Handsemmel von Anker oder Palmfett in den Semmeln von Lidl und Anker.

Österreichischer Codex

Mindestgewicht 46 Gramm

Zumindest eines gilt für alle: „Semmeln ­müssen“, bestätigt Josef Schrott, Innungsmeister der österreichischen Bäcker, „ein Mindestgewicht von 46 Gramm haben. So steht es im österreichischen Codex.“ Da der Backverlust aber etwa 15 Prozent beträgt, muss jeder Bäcker beim Portionieren entsprechend Teig zugeben, um dieses Ausbackgewicht zu ­erreichen.

Optische Täuschung

Selbstverständlich dürfen Semmeln auch schwerer sein. Nach oben gibt es keine ­Grenze – und viele Kunden wollen mehr ­Gebäck für ihr Geld. Von der Optik sollte man sich hier aber keineswegs täuschen lassen. Nur weil eine Semmel größer ist, bringt sie nicht automatisch mehr Gewicht auf die Waage als die Konkurrenz.

Tabelle: Semmeln - Inhaltsstoffe

Reizthema Enzyme

Das größte Anwendungsgebiet von Enzymen ist die Lebensmittelbranche. Dicht dahinter folgen die Wasch- und die Reinigungsmittelindustrie. Die für Lebensmittel verwendeten Enzyme werden als unbedenklich eingestuft – auch deshalb, weil sie durch die Hitze beim Backvorgang inaktiv werden. Sie sind daher keine deklarationspflichtigen Zusatzstoffe, sondern sogenannte Verar­beitungshilfsstoffe ohne technologische Wirkung im Endprodukt. Das ist auch der Grund, weshalb Enzyme in den Zutaten­listen nicht auftauchen.

Enzym-Allergien bei Bäckern

Wie jedes Protein kann aber auch ein Enzym ein Allergen sein. Enzym-Allergien, die durch die Aufnahme eines Enzyms im Verdauungssytem ausgelöst werden, sind selten. Problematisch kann es aber für diejenigen werden, die in den Backstuben arbeiten. Da sie bei ihrer täglichen Arbeit auch enzymhaltige Stäube einatmen, sind bei Bäckern Allergien gegen bestimmte Enzyme häufig.

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