Routenänderung auf hoher See
Von der tatsächlichen Routenänderung (Orkney-Inseln, South Queensferry und Invergordon statt Stavanger, Bergen, Olden, Flam) wurden die Passagiere allerdings erst nach dem Auslaufen informiert. Auf See erhielten sie die Information, dass der ursprüngliche Fahrplan nicht eingehalten werden könne und man sicherheitshalber parallel an einer Alternativroute gearbeitet habe, „mit wunderbaren Zielen und ganz beeindruckender und fantastischer Natur“.
Keine Wahlmöglichkeit
Jetzt hatten die Passagiere keine Wahl mehr. Genau das wird von den TUI-Gästen auch kritisiert: „Hätte die Option bestanden, die Reise nicht oder zu einem anderen Zeitpunkt anzutreten, hätten wir von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht. Wir hatten ja nicht für eine Fahrt ins Blaue gespart, sondern uns ganz gezielt das Fjordland Südnorwegens als Ziel für unsere Traumreise ausgesucht.“
Aus der Bordzeitung erfuhren die verdutzten Kreuzfahrer noch, dass ihnen „aus Kulanz und ohne Anerkennung einer Rechtspflicht“ 10 Prozent des Reisepreises als Bordguthaben gutgeschrieben würden.
Getrübte Urlaubsfreude an Bord
Noch vom Schiff aus versuchten etliche der Passagiere, Kontakt mit Konsumentenorganisationen und Juristen in der Heimat aufzunehmen, um über die weitere Vorgangsweise zu beraten. Berichten zufolge verließen einige in Edinburgh erbost das Schiff, um von dort nach Hause zu fliegen. Aufgebrachten Reisenden wurde vom TUI-Personal beschieden, dass das Entschädigungsangebot nach der ständigen Rechtsprechung üblich sei und dessen Annahme keinen Verzicht auf weitere Ansprüche darstelle. Schließlich verwies TUI an die Abteilung „Gäste Feedback“.
Aus Sicht von TUI sind die Vorkommnisse bedauernswert. Versäumnisse könne man aber nicht erkennen. Man habe die Passagiere regelmäßig informiert und bis zum Zeitpunkt der Abreise gehofft, die Reise doch noch wie geplant durchführen zu können. Eine Stornierung der Kreuzfahrt sei keine Alternative gewesen.
2.000 Kunden betroffen
Welche Informationen zu welchem Zeitpunkt die etwa 2.000 Passagiere wirklich vor dem Auslaufen erreicht haben, bleibt jedenfalls strittig. Nach Darstellung von TUI sei eben erst nach dem Auslaufen klar geworden, dass Schottland statt Norwegen angesteuert werden müsse. Wie viele der 2.000 betroffenen Kunden sich bisher beschwerten, will TUI „aus Wettbewerbsgründen“ nicht sagen, es habe aber auch „viele positive Stimmen“ für die TUI-Handlungsweise gegeben.
Nur eines von fünf Zielen
Zurück von der nicht gebuchten, aber bezahlten Schottland-Kreuzfahrt wendeten sich die beiden Ehepaare über das Reisebüro an den Veranstalter und deponierten ihre Forderungen. „Die uns aufoktroyierte Routenänderung sowie das zugewiesene Ersatzprogramm waren für uns uninteressant und mehr als langweilig, da wir Schottland, besonders aber die angesteuerten Orte schon von mehreren früheren Reisen her gut kannten. Wir wollten ja die Landschaft Südnorwegens sehen und nicht an eher schlecht präsentierten ,Schnellführungen‘ durch Edinburgh und Inverness teilnehmen. Von den geplanten fünf Anlaufhäfen sind vier entfallen, lediglich der Landgang in Kopenhagen wurde planmäßig durchgeführt.
Die als Ersatz angebotenen drei Häfen haben dies bei Weitem nicht ausgeglichen. Durch die Routenänderung und den zusätzlichen Schiffstag wurden wir außerdem auch noch um einen weiteren Landtag gebracht. Doch gerade die ausgesuchten Häfen mit den dazugehörigen Städten und Landschaften sowie die dort geplanten Ausflugsmöglichkeiten zählen nun einmal zu den Höhepunkten einer Kreuzfahrt in den Norden Europas und nicht die Seereise an sich.“
TUI: „Mehr als 10 Prozent gibt es nicht“
Als angemessene Entschädigung forderten die frustrierten Reisenden 50 Prozent der Gesamtkosten. TUI reagiertein einem langen, offensichtlich aus Textbausteinen zusammengestellten Schreiben höflich ablehnend: „Wir sind überzeugt, unseren Gästen ein angemessenes und faires Entgegenkommen geboten zu haben.“ Ganz offensichtlich ein Brief, mit dem viele Passagiere der „Mein Schiff 2“ abgefertigt wurden.
Möglicher Musterprozess
Jetzt prüfen wir die Möglichkeit eines Musterprozesses, um zu klären, ob man Kunden mit lediglich 10 Prozent des Reisepreises entschädigen kann, die gegen ihren Willen nach Schottland statt nach Norwegen verfrachten wurden. KONSUMENT wird über den Ausgang berichten.