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Milch in Mehrweg-Glasflaschen - Lokalaugenschein

Seit einigen Monaten gibt es in Österreich wieder Milch in Mehrweg-Glasflaschen. Wir haben uns vor Ort bei Berglandmilch ein Bild vom Produktionsprozess gemacht.

Berglandmilch füllt derzeit acht Prozent ihrer Milch in Glasflaschen ab. (Bild: Mitja Kobal/Greenpeace)

Manchmal bewirkt es ja doch etwas, wenn wir Konsumenten lange und laut nachhalti­gere Produkte fordern. Dann reagieren die Hersteller – zumindest manche. Zum Bei­spiel Berglandmilch: Österreichs Molkereien-Marktführer füllt seit Ende Februar Milch u.a. wieder in Glasflaschen ab. Nicht nur seine eigenen Marken Schärdinger und Tirol Milch, sondern auch Bio-Eigenmarken-Milch von Spar und der Rewe-Group (Billa, Merkur etc).

Rückkehr mit ErfolgBerglandmilch-Geschäftsführer Braunshofer (Bild: Berglandmilch)

Seit 20 Jahren hat es das in Österreich nicht mehr gegeben. Zur Erinnerung: Anfang der 1990er-Jahre wurden noch rund 80 Pro­zent aller Getränke in Österreich in Mehr­wegflaschen abgefüllt. Heute sind es nur etwas mehr als 20 Prozent. „Gleich von Anfang an, als wir 2018 test­halber mit Einweg-Milchflaschen begonnen haben“, sagt Berglandmilch-Geschäftsführer Josef Braunshofer, "haben wir Prob­leme gehabt, die Kundennachfrage zu er­füllen." Da sei es nur logisch gewesen, den nächsten Schritt zu gehen und auf Mehr­weg umzustellen.

Umweltfreundlichste Lösung

Acht Millionen Euro hat Berglandmilch in eine neue Produktionslinie am Standort Aschbach bei Amstetten investiert. Beglei­tet wurde der Umstellungsprozess von der Umwelt-NGO Greenpeace. Deren Konsum-Expertin Lisa Panhuber spricht von einem starken Zeichen für die Umwelt: "Mehrweg­verpackungen sind die umweltfreundlichste Lösung, um Verpackungsmüll bei Getränken zu reduzieren." Nicht nur die Müllberge werden kleiner, auch der CO2-Fußabdruck, bestätigt Christian Pladerer, Vorstand des Österreichischen Ökologie-Instituts. Derzeit entstünden durch die 75 Liter Milch, die die Österreicher pro Kopf und Jahr konsumieren, rund 25.000 Tonnen Verpackungsmüll. Nur ein Drittel davon werde stofflich verwertet, der Rest verbrannt.

Höchste Umweltbelastung bei Verpackungsherstellung

Hinsichtlich des oft vor­gebrachten Arguments, wonach durch die erhöhten Transportnotwendigkeiten bei Mehrweg-Systemen sehr viel zusätzliches CO2 freigesetzt werde, gibt Pladerer Entwar­nung. In einer gesamthaften ökologischen Betrachtung sei der Faktor Transport ver­nachlässigbar: „Die höchste Umweltbelas­tung entsteht in der Herstellung der Verpackung.“ Berglandmilch kalkuliert sehr konservativ mit durchschnittlich 15 Wieder­befüllungen pro Flasche. In Wirklichkeit rechnet man mit weitaus höheren Umlauf­zahlen.

Produktionsprozess im Detail

Werksbesichtigung in Aschbach

Aber wie funktioniert das mit der Wieder­befüllung der Milchflaschen konkret? Wir haben uns bei Berglandmilch in Aschbach ein Bild davon gemacht. (Auf der nächsten Seite des Artikels finden Sie eine Bildergalerie dazu.) Der erste Eindruck ist: groß! Das markante, weithin sichtbare Hochregallager misst stolze 46 Meter. Aschbach ist das größte Werk von Bergland­milch und generell der größte Produktions­standort am österreichischen Molkereien-Markt. 1,5 Millionen Liter Milch werden dort jeden Tag angeliefert und u.a. zu Butter, Topfen oder Joghurt weiterverar­beitet. 300 Mitarbeiter sind allein in der Produktion tätig.

Acht Prozent in Glasflaschen

Und Mehrweg? „Rund acht Prozent unserer Milch füllen wir derzeit in Glasflaschen ab. Das wollen wir zumindest verdoppeln“, sagt Berglandmilch-Chef Braunshofer. „Gestartet haben wir mit zwei Millionen Flaschen.“ Er steht vor einer großen Glas­wand. Dahinter die weitgehend automatisierte Mehrweg-Produktionslinie.

Strenge Hygienevorkehrungen 

Wer hinein will, muss eine Hygieneschleuse pas­sieren, in der Hände und Schuhe desinfi­ziert werden. Ringe oder ähnlicher Körper­schmuck sind tabu, die Haare müssen von einer Hygienehaube verdeckt werden. In die Halle darf nur akkreditiertes Personal – wir bleiben draußen. Braunshofer ist von der Mehrweg-Produktionslinie merklich begeistert, er gibt bereitwillig Auskunft: „Von der Stange ist das nicht, jede Maschine kommt von einem anderen heimischen Spe­zialanbieter.“ Man habe sich bei Bier und Mineralwasser-Abfüllern kundig gemacht. „Diese Best-Practice-Beispiele haben uns sehr geholfen.“ Auch die Flaschen stammen aus Österreich. Sie werden von der Firma Vetropack in Kremsmünster bzw. Pöchlarn hergestellt.

Beheizung, Reinigung, Filterung

Apropos Flaschen. Die werden in Aschbach in 6er-Mehrwegkisten angeliefert und im ersten Produktionsschritt auf „Betriebstemperatur“ gebracht. Um, speziell im Winter, Glassprung zu vermeiden, bleiben sie bis zu drei Tage in einer moderat beheiz­ten Halle, bis sie eine Temperatur von 15 bis 20 Grad erreicht haben (hier wird rückgewonnene Abwärme aus der Produktion genutzt). Danach werden die Flaschen in einem Natronlaugebad gewaschen, was etwa 20 Minuten dauert. Um Wasser und Lauge zu sparen, wird das Reinigungswasser nicht gewechselt, sondern die Do­sierung der Lauge laufend überprüft und nachgeschärft. Etikettrückstände werden mittels Keramikfilter ausgesiebt.

Halbe Stunde bis zur Auslieferung

Im nächsten Schritt hat der „Flascheninspektor“ seinen Auftritt. Dieses Gerät kontrol­liert die Flaschen in Sekundenbruchteilen auf Beschädigungen bzw. Reinigungsmittel­rückstände. Die gereinigten Flaschen wer­den noch desinfiziert, dann heißt es: Milch rein, Deckel und Etikett drauf und fertig. Die Auslieferung erfolgt wieder in den in der Zwischenzeit ebenfalls gereinigten und umetikettierten 6er-Mehrwegkisten. Insge­samt dauert der Produktionsprozess, also der Weg der Flasche von der „Aufwärmhalle“ bis zur Auslieferung, etwa eine halbe bis dreiviertel Stunde.

Konsumenten entscheiden 

Gearbeitet wird im 2-Schicht-Betrieb. Bei entsprechender Kundennachfrage könne man auf 3 Schichten erhöhen, sagt Brauns­hofer. Und wenn das nicht reiche, habe man noch Platz für eine zweite Produktionslinie. Solange es keine konkreten gesetzlichen Vorgaben zum Thema Mehrweg gebe, würden jetzt die Konsumenten entschei­den. „Die Frage ist, ob es ihnen die 30 bis 50 Cent mehr pro Flasche Wert ist.“ Und nicht zu vergessen: 22 Cent Pfand oben­drauf – den bekommt man freilich retour. Abschließend hat Braunshofer noch eine Bitte an die Konsumenten: „Bevor Sie die Flasche zurückbringen, einfach einmal kurz ausspülen. Und Deckel drauf, dann ist das Gewinde geschützt.“

Werksbesichtigung bei Berglandmilch in Aschbach

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Aschbach ist das größte Werk von Berglandmilch und generell der größte Produktionsstandort am österreichischen Molkereien-Markt. (Bild: Markus Stingl/VKI)
Aschbach ist das größte Werk von Berglandmilch und generell der größte Produktionsstandort am österreichischen Molkereien-Markt. (Bild: Markus Stingl/VKI) | Bild: Markus Stingl; VKI
Das Werk aus der Vogelperspektive: 1,5 Millionen Liter Milch werden hier jeden Tag angeliefert und u.a. zu Butter, Topfen oder Joghurt weiterverarbeitet. (Bild: Berglandmilch)
Das Werk aus der Vogelperspektive: 1,5 Millionen Liter Milch werden hier jeden Tag angeliefert und u.a. zu Butter, Topfen oder Joghurt weiterverarbeitet. (Bild: Berglandmilch) | Bild: Berglandmilch; Berglandmilch
300 Mitarbeiter sind allein in der Produktion tätig. (Bild: Mitja Kobal/Greenpeace)
300 Mitarbeiter sind allein in der Produktion tätig. (Bild: Mitja Kobal/Greenpeace) | Bild: Mitja Kobal; Greenpeace
Die Glasflaschen werden in Aschbach in 6er-Mehrwegkisten angeliefert. (Bild: Mitja Kobal/Greenpeace)
Die Glasflaschen werden in Aschbach in 6er-Mehrwegkisten angeliefert. (Bild: Mitja Kobal/Greenpeace) | Bild: Mitja Kobal; Greenpeace
Gearbeitet wird im 2-Schicht-Betrieb. Bei entsprechender Kundennachfrage könne man auf 3 Schichten erhöhen. (Bild: Mitja Kobal/Greenpeace)
Gearbeitet wird im 2-Schicht-Betrieb. Bei entsprechender Kundennachfrage könne man auf 3 Schichten erhöhen. (Bild: Mitja Kobal/Greenpeace) | Bild: Mitja Kobal; Greenpeace
Laut dem Geschäftsführer kommt jede Maschine von einem anderen heimischen Spezialanbieter. (Bild: Mitja Kobal/Greenpeace)
Laut dem Geschäftsführer kommt jede Maschine von einem anderen heimischen Spezialanbieter. (Bild: Mitja Kobal/Greenpeace) | Bild: Mitja Kobal; Greenpeace
Berglandmilch füllt derzeit acht Prozent ihrer Milch in Glasflaschen ab. (Bild: Mitja Kobal/Greenpeace)
Berglandmilch füllt derzeit acht Prozent ihrer Milch in Glasflaschen ab. (Bild: Mitja Kobal/Greenpeace) | Bild: Mitja Kobal; Greenpeace
Bei Berglandmilch will man den Anteil der in Glasflaschen abgefüllten Milch künftig zumindest verdoppeln. (Bild: Mitja Kobal)
Bei Berglandmilch will man den Anteil der in Glasflaschen abgefüllten Milch künftig zumindest verdoppeln. (Bild: Mitja Kobal) | Bild: Mitja Kobal; Greenpeace
Aschbach ist das größte Werk von Berglandmilch und generell der größte Produktionsstandort am österreichischen Molkereien-Markt. (Bild: Markus Stingl/VKI)
Aschbach ist das größte Werk von Berglandmilch und generell der größte Produktionsstandort am österreichischen Molkereien-Markt. (Bild: Markus Stingl/VKI) | Bild: Markus Stingl; VKI
Das Werk aus der Vogelperspektive: 1,5 Millionen Liter Milch werden hier jeden Tag angeliefert und u.a. zu Butter, Topfen oder Joghurt weiterverarbeitet. (Bild: Berglandmilch)
Das Werk aus der Vogelperspektive: 1,5 Millionen Liter Milch werden hier jeden Tag angeliefert und u.a. zu Butter, Topfen oder Joghurt weiterverarbeitet. (Bild: Berglandmilch) | Bild: Berglandmilch; Berglandmilch
300 Mitarbeiter sind allein in der Produktion tätig. (Bild: Mitja Kobal/Greenpeace)
300 Mitarbeiter sind allein in der Produktion tätig. (Bild: Mitja Kobal/Greenpeace) | Bild: Mitja Kobal; Greenpeace
Die Glasflaschen werden in Aschbach in 6er-Mehrwegkisten angeliefert. (Bild: Mitja Kobal/Greenpeace)
Die Glasflaschen werden in Aschbach in 6er-Mehrwegkisten angeliefert. (Bild: Mitja Kobal/Greenpeace) | Bild: Mitja Kobal; Greenpeace
Gearbeitet wird im 2-Schicht-Betrieb. Bei entsprechender Kundennachfrage könne man auf 3 Schichten erhöhen. (Bild: Mitja Kobal/Greenpeace)
Gearbeitet wird im 2-Schicht-Betrieb. Bei entsprechender Kundennachfrage könne man auf 3 Schichten erhöhen. (Bild: Mitja Kobal/Greenpeace) | Bild: Mitja Kobal; Greenpeace
Laut dem Geschäftsführer kommt jede Maschine von einem anderen heimischen Spezialanbieter. (Bild: Mitja Kobal/Greenpeace)
Laut dem Geschäftsführer kommt jede Maschine von einem anderen heimischen Spezialanbieter. (Bild: Mitja Kobal/Greenpeace) | Bild: Mitja Kobal; Greenpeace
Berglandmilch füllt derzeit acht Prozent ihrer Milch in Glasflaschen ab. (Bild: Mitja Kobal/Greenpeace)
Berglandmilch füllt derzeit acht Prozent ihrer Milch in Glasflaschen ab. (Bild: Mitja Kobal/Greenpeace) | Bild: Mitja Kobal; Greenpeace
Bei Berglandmilch will man den Anteil der in Glasflaschen abgefüllten Milch künftig zumindest verdoppeln. (Bild: Mitja Kobal)
Bei Berglandmilch will man den Anteil der in Glasflaschen abgefüllten Milch künftig zumindest verdoppeln. (Bild: Mitja Kobal) | Bild: Mitja Kobal; Greenpeace

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