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Werbefahrten - Der alte Schmäh

Prospekte mit Gewinnzusagen und Gratisreisen im Briefkasten sind mit Vorsicht zu genießen. In aller Regel handelt es sich dabei um leere Versprechungen, die Veranstalter haben es in erster Linie auf Ihre Geldbörse abgesehen.

Wer sich nicht mit einem Pickerl am Brief­kasten dagegen wehrt, bleibt kaum vor den bunten, Prospekten und Flugblättern verschont, auf denen Gewinnzusagen und Einladungen zu Gratisbusreisen versprochen werden. Meist winken als Draufgabe auch noch Geschenke und die Verpflegung für den ganzen Tag ist ohnehin inbegriffen. Manche der Zusendungen sind sogar persönlich adressiert und mit offiziell aussehendem ­Siegel versehen.

Leere Versprechungen

Tatsächlich entpuppen sich die vermeintlichen Geld- oder Sachgewinne in der Regel als leere Versprechungen und anstatt etwas vom angekündigten touristischen Highlight zu Gesicht zu bekommen, verbringt man den lieben langen Tag bei ­einer Werbeveranstaltung in einem dritt­klassigen Gasthof. „Der Schmäh funktioniert seit Jahren auf die immer gleiche Tour. Am Ende hat man weder etwas gewonnen noch gesehen, sondern sich auch noch zum Kauf eines völlig überteuerten Produktes über­reden lassen, das man eigentlich gar nicht benötigt“, konstatiert Reinhold Schranz vom Europäischen Verbraucherzentrum (EVZ) Österreich.

Unter Druck gesetzt

Der Jurist rät entschieden davon ab, sich für eine Werbefahrt anzumelden beziehungsweise überhaupt eine Teilnehmerkarte a­uszufüllen. Wer Letzteres tut, muss damit rechnen noch mehr dubiose Angebote zu ­er­halten. „Die Adressdaten werden gespeichert und eventuell an andere Firmen weiterverkauft. Die Gefahr ist groß, dass man in regelmäßigen Abständen mit Einladungen zu Werbefahrten beziehungsweise Gewinnzusagen belästigt wird“, weiß Schranz. Auch die Hoffnung vieler meist älterer ­Menschen, einen schönen Tag in angenehmer Gesellschaft verbringen zu können, ist höchst trügerisch.

Von der Heizdecke bis zum Nahrungsergänzungsmittel

Sitzt man erst einmal im Bus, ist es mit Freundlichkeit und Zuvor­kommenheit des Begleitpersonals schnell vorbei: Es wird solange Druck auf die Teilnehmerinnen und Teilnehmer ausgeübt, bis Heizdecken oder Magnetmatten bestellt sind. In letzter Zeit haben dabei auch ­Produkte Hochkonjunktur, deren Präsen­tation nach der österreichischen Gewerbe­ordnung auf derartigen Veranstaltungen verboten ist, darunter Nahrungsergänzungsmittel, Arznei­präparate und Heilbehelfe ­sowie ­Uhren aus Edelmetall oder Gold- und Platinwaren.


ECC: Co-funded by the European Union

EVZ; VKI-Screenshot


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EVZ hilft

Prospekte mit Gewinnzusagen und Gratisreisen im Briefkasten sind mit Vorsicht zu genießen. In aller Regel handelt es sich dabei um leere Versprechungen, die Veranstalter haben es in erster Linie auf Ihre Geldbörse abgesehen.

Abkassieren unter Aufsicht

Alle beworbenen Produkte haben eines ­gemeinsam: Sie sind in der Regel viel teurer als im normalen Handel. Um den Preis attrak­tiver erscheinen zu lassen, werden stets Fantasie­preise genannt, die dann mehrmals reduziert werden. Den Kunden wird so das Gefühl vermittelt, wahre Schnäppchen zu kaufen. Oft wird nach der Bestellung eine Anzahlung fällig. Wenn es ans Bezahlen geht, verstehen die Verkäufer keinen Spaß. Reinhold Schranz berichtet von Fällen, bei denen Reiseteilnehmer kein Bargeld ein­gesteckt hatten: „Diese bekamen nach der ­Reise zuhause Besuch von freundlichen ­Herren, die abkassieren wollten. In einem Fall wurde eine Dame sogar zum nächsten Bankomat chauffiert, damit sie das Geld ­unter Aufsicht abheben konnte.“

Das EVZ hilft beim Rücktritt

Erst zuhause dämmert vielen, dass sie über den Tisch gezogen wurden. In der Regel sind die eingekauften Produkte nicht nur nutzlos, sie sind auch nur einen Bruchteil des gezahlten Preises wert. Wer sich dann zum Rücktritt vom geschlossenen Vertrag entschließt sollte rasch handeln. Ab Vertragsabschluss gilt nämlich eine Rücktrittsfrist von 14 ­Tagen. Der Rücktritt ist kostenlos möglich, muss jedoch schriftlich und am ­besten per Einschreiben erklärt werden. Der Anbieter darf dabei keine Stornogebühren verrechnen. Teilnehmer von Werbefahrten, die sich mit dem Prozedere überfordert ­fühlen, ­finden beim EVZ Rat und Hilfe.

Das Geld ist weg

Oft genug denken die Veranstalter von Werbe­fahrten jedoch nicht einmal daran, irgend­welche Waren zu liefern, sie wollen ledig­lich die geleistete Anzahlung kassieren. Damit man den Unternehmen nicht auf die Schliche kommt, firmieren sie häufig unter Postfachadressen im Ausland und unter der angegebenen Telefonnummer hebt nie ­jemand ab. Dann beißen selbst die EVZ-Experten auf Granit. Laut Gesetz (§ 57 Gewerbe­ordnung) müssten die Veranstalter die Werbe­fahrt zwar bei der zuständigen Be­hörde (in Wien etwa beim Magistrat) an­melden und dabei auch eine ladungsfähige Anschrift angeben, tatsächlich werde dies, so Reinhold Schranz, so gut wie nicht eingehalten.

Werbefahrten: nicht teilnehmen

Bei den per Post zugestellten Gewinn­zusagen handelt es sich in aller Regel um leere Versprechungen. Der Verein für Konsumenten­information (VKI) und das Europäische Verbraucherzentrum Österreich (EVZ) raten deshalb dringend:

  • Nehmen Sie nicht an Werbeveranstaltungen teil und füllen Sie keine Teilnahme/Anmeldekarten aus. Die Veranstalter haben es nur auf Ihre Geldbörse abge­sehen.
  • Zusendungen an Haushalte dürfen laut österreichischer Gewerbeordnung keine Geschenke oder Preise versprechen. Senden Sie Gewinnzusagen, die Sie im Briefkasten vorfinden, an Ihre Bezirks­ver­waltungs­behörde (BH, Magistrat) und ersuchen Sie die Behörde um Überprüfung der Veranstaltung.
  • Falls Sie dennoch an einer Werbefahrt teilnehmen möchten, lohnt sich vor der Anmeldung unbedingt ein Blick auf die Homepage AK NÖ. Auf dieser Seite veröffentlicht die Arbeiterkammer Niederösterreich Informationen zu unseriösen Anbietern.
  • Wenn Sie an einer Werbefahrt teilnehmen: Unterschreiben Sie keinesfalls Verträge und leisten Sie keinerlei Zahlungen. Die auf der Werbefahrt verkauften bzw. beworbenen Produkte sind in der Regel deutlich teurer als im normalen Handel und von geringer Qualität.

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Leserreaktionen

Flop mit Alpenlotterie

Vor längerer Zeit beteiligte ich mich nur interessehalber an einem einfachen Preisausschreiben mit dem Motto Energiesparen, dessen Lösungswort auch Energie war. Ich erhielt dann die Einladung zur Hauptgewinnübergabe im Rahmen einer Busfahrt. Natürlich war erkennbar, dass es sich um eine der bekannten Werbefahrten handelt und zu vermuten, dass die versprochenen Gewinne nicht übergeben würden. Da ich interessiert war, meldete ich mich mit meiner Gattin zur Fahrt an.

Am vereinbarten Ort wurden wir mit Verspätung um etwa 8.00 Uhr mittels eines Kleinbusses abgeholt, in dem dann inclusive uns 6 Personen transportiert wurden. Es stellte sich gleich heraus, dass wir alle als Gewinner von jeweils 1.000 € Bargeld, pro Person ein 4 kg schweres Lebensmittelpaket und pro Paar einen Elektrogriller verständigt und eingeladen waren. Der Fahrer des Busses mit deutschem Kennzeichen gab sich als Herr Peter, Besitzer des Busses und Rentner aus, der sich durch gelegentliche Fahrten für verschiedene Firmen seine karge Rente aufbessert.

Unsere Reise führte über Nickelsdorf nach Mosonmagyarovar in Ungarn in ein sehr versteckt gelegenes Hotel-Restaurant PANORAMA. Dieses kleine Hotel im Barockstil schien außer uns verwaist, machte jedoch einen angenehmen Eindruck. Empfangen wurden wir von zwei, der Sprache nach offensichtlich aus Deutschland stammenden höflichen Herren, die sich als Andreas Mayer und Robert Böske vorstellten. Ohne es direkt auszusprechen vermittelten sie den Eindruck, dass uns ein ganztägiges Gewinnerprogramm wie angekündigt erwarte.

Zunächst gab es jedoch das angepriesene Frühstücksbuffet, akzeptabel, aber keineswegs besonders überragend und luxuriös. Der angekündigte Empfang durch Herrn Frank v. Wietmarschen, Sekt und Blumenstrauß entfiel und wurden nicht erwähnt. Nach der kurz bemessenen Zeit für das Frühstück begann Herr Mayer seinen sehr gekonnt aufgebauten Vortrag mit Unterstützung durch Dias und Videoclips: Veranstalter sei die Firma Pegasus/HTV aus St. Pölten.

Zu Beginn wurde betont, dass es sich um keine Werbe- und keine Verkaufsveranstaltung handle. Über die im Alter der Teilnehmer üblichen Medikamenteneinnahmen wurde sehr geschickt Verunsicherung und Angst bezüglich Übermedikation und unkoordinierten Medikamenteneinnahmen aufgebaut. Video-Statements angeblicher Professoren und Hinweise auf mehrere Bücher sollten diese Argumente bekräftigen. Statt diesen meist wirkungslosen und teilweise schädlichen Medikamenten sollte man besser die körpereigenen Kräfte mobilisieren und aktivieren. Ein Fläschchen mit einem Q.10-hältigen Wirkstoff wurde gezeigt. Nach dem hier gekonnt gesetzten scheinbaren Ende des Vortrages wurde auf Nachfrage der leider sehr hohe Preis und die Möglichkeit hier zu bestellen nachgetragen: Für eine 60-wöchige Kur nur 3.000 statt normal 4.740 €. Es gäbe aber auch andere Verabreichungsformen, wie z.B. Hautcremen etc.

Nun gab es das als besondere, zusätzliche Großzügigkeit dargestellte Mittagessen von angenehmer Qualität; zeitlich wieder knapp bemessen. Jetzt zeigte sich, dass ein Ehepaar, etwa Mitte 80, Interesse an dem Q.10-Produkt hatte; dieses Paar wurde von uns anderen abgetrennt und wir sahen es nicht mehr. Wir verbliebene vier Teilnehmer wurden nun wieder von Herrn Peter mit seinem Bus zur nächsten Station nach Österreich transportiert. Angedeutet war, dass dort die Veranstaltung fortgesetzt und die Preisübergaben stattfinden würden. Die zwei zuvor sehr freundlichen Herren verabschiedeten sich nicht und erweckten den Eindruck, auch zur nächsten Station zu kommen. Wir wurden jedoch zum Seerestaurant in Neusiedl am See gebracht, abgesetzt und von Herrn Peter informiert, dass er uns in einer Stunde wieder aufnehmen und zurück zu unseren Einstiegsorten bringen werde.

Unsere Frage nach den Geschenken beantwortete er damit, dass er diese Geschenke bei sich führe und uns am Ende der Reise übergeben werde. In Wien bei unserem Ausstiegsort angekommen, verlangte er den Abschnitt der Einladung, der als Empfangsbestätigung für die 1000 € in bar gestaltet war, quasi als Teilnahmebestätigung von uns. Da ich das Geld nicht erhalten hatte, wollte ich dies verweigern. Er zeigte uns nun triumphierend, dass auf dieser Bestätigung am rechten unteren Eck der Rückseite ein farblich kaum unterschiedlicher, kaum bemerkbarer und auch von uns bis dahin nicht bemerkter Schriftzug „RUBBELGEWINNSPIEL“ aufgedruckt ist. Dies sei der ausreichende Hinweis, dass nicht Bargeld sondern nur zwei Rubbellose ausgegeben würden.

Nun kam es zu einem heftigen Wortwechsel, bedauerlicherweise hatte ich die vorab unterschriebene Empfangsbestätigung vorzeitig aus der Hand gegeben und war somit unterlegen. Ich bekam sie nicht zurück. Statt der außerdem angekündigten großen Geschenke wurde uns ein kleines, notizbuchgroßes Päckchen angeboten, auf das wir jedoch verzichteten.

Name der Redaktion bekannt
(aus KONSUMENT 10/2015)

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