Wie gutgläubigen Konsumenten auf Werbefahrten das Geld aus der Tasche gezogen wird. Ein Reisebericht.
Zu Zigtausenden flatterten die Einladungen einer
„Euro-Gewinnbenachrichtigungszentrale“ in österreichischen Postkästen:
12.000 Euro in bar seien abzuholen, Busfahrt mit Aufenthalt im Designer Outlet Parndorf sowie Frühstück und Mittagessen seien kostenlos, dazu jede Menge Geschenke wie Geschenkkorb, DVD-Player, TV-Gerät und „eine bratfertige Ente pro Person“. Und natürlich werden „Neuheiten“ und „Top-Angebote“ vorgeführt.
Freunde und Verwandte sollen animiert werden
„Wenn auf diese Gewinnverständigung wieder nicht reagiert wird, wird der Gewinn gespendet“, hieß es im Schreiben. Zögernde sollen damit wohl überzeugt werden und auch Partner, Freunde und Verwandte zum Mitfahren animieren. Immer wieder werden wir gefragt, was hinter solchen Einladungen steckt.
Daher wollten wir uns selbst ein Bild machen und meldeten uns an. Reisepass oder Personalausweis sollten nur von den vermeintlichen Gewinnern als Beweis mitgenommen werden. Von einer Reise ins benachbarte Ausland ist in der Einladung nicht die Rede und viele der Begleitpersonen sind dann auch überrascht, als die Fahrt erst hinter den rotweißroten Grenzbalken endet.
Verkaufen steht im Vordergrund
An einem Samstag um 7.25 geht´s los. Von den 81 angemeldeten Personen sind gerade einmal 19 erschienen. Dennoch macht sich der Bus auf den Weg in Richtung Parndorf. Wir fahren durch die erwachende Naturlandschaft, vorbei an Parndorf und Mönchhof und überqueren die österreichisch-ungarische Grenze.
Wir halten in Mosonmagyaróvár. Im Hotel Nimrod Etterem, einem ziemlich abgewohnten Haus, wird das „schmackhafte“ Frühstück serviert, das sich als kaum genießbar entpuppt – wie übrigens später auch das „vom Chefkoch gezauberte“ Mittagessen.
Aber kaum ist das Frühstück verzehrt, prasselt auch schon die Werbelawine auf uns nieder. Der erste der insgesamt drei „Verkäufer“ stellt ein „völlig neuartiges“ Produkt vor. Es handelt sich um das bekannte Q10. Herr Heinrich zeigt Bilder, die zeigen, wie Herz und Herzkranzgefäße altern und stellt sich nach anfänglichem Witzeln als ehemaliger Krebspatient vor. Beweise für dieses tragische Schicksal legt er freilich keine vor.
Für die Gesundheit soll nichts zu teuer sein
Dann bietet Herr Heinrich Jahreskuren von Q10 an. Die sollen den Alterungsprozess umkehren und damit im Stande sein, die Herzen der alten Menschen auf die eines Babys zu verjüngen – immerhin hätte der Entdecker des Wirkstoffs Q10 den Nobelpreis erhalten. Medizinisch ist das natürlich nicht möglich und völliger Humbug.
Laut der Österreichischen Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES) sind diese Produkte als Nahrungsergänzungsmittel einzustufen und können Krankheiten nicht heilen. Eine Jahresration des Q10-Präparates kostet den stolzen Preis von 1992 Euro. Und dabei ist schon ein Rabatt einkalkuliert, denn der Ausgangspreis beträgt angeblich mehr als sechstausend Euro.