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Strommarkt - Freiheit mit Hindernissen

Der Strommarkt wird geöffnet. Trotz relativ konsumentenfreundlicher Startbedingungen könnten die Versorgungssicherheit und die Transparenz der Preise darunter leiden.

In wenigen Monaten – am 1. Oktober 2001 – wird es auch für Haushalte möglich sein, sich ihren Stromversorger auszusuchen. Der viel zitierte Preisverfall wird für Konsumenten in engen Grenzen bleiben. Zwar wurde bei Strom ein Preissenkungspotenzial von 10 bis 15 Prozent vorausgesagt, doch davon wurden bereits vorweg durch die Verdoppelung der Energieabgabe von 10 auf über 20 Groschen pro kWh (Kilowattstunde) gut 6 Prozent zunichte gemacht. Auch die Erfahrungen aus Deutschland, wo der Strommarkt bereits vor zwei Jahren geöffnet worden war, stimmen nicht gerade freudig. Wenn dort von „bis zu 40 Prozent“ niedrigeren Stromtarifen die Rede ist, so gilt dies einzig und allein für Großverbraucher, die Haushalte mussten sich mit einigen wenigen Prozenten zufrieden geben.

Zahlreiche Hindernisse

Was aber viel mehr Besorgnis ausgelöst hat, sind die zahlreichen Hindernisse, die den deutschen Stromkunden in den Weg gelegt werden. Überhöhte Durchleitungsgebühren und kräftige „Strafgebühren“ für den Wechsel lassen die Attraktivität eines Wechsels zu einem anderen Stromanbieter schnell schrumpfen. Manchmal versuchen die ehemaligen Monopolversorger gar, mit der plumpen Drohung, den Strom abzudrehen, Umsteigewillige zu entmutigen. Die neuen Anbieter ihrerseits versuchen mit unfairen Vertragsbedingungen, die neue Kundschaft zu übervorteilen. Zum Teil sind sie nicht in der Lage, ihre Kunden zeitgerecht mit Strom zu beliefern. So darf es nicht verwundern, dass bislang nur drei Prozent der Haushalte ihren Stromversorger gewechselt haben.

„Elektrizitäts-Control“ als Plus

Im Vergleich dazu sind die Voraussetzungen in Österreich gar nicht so schlecht. Das Elektrizitätswirtschafts- und organisationsgesetz (ELWOG), das im Oktober den Bundesrat passiert und damit Rechtskraft erlangt hat, beinhaltet eine Reihe von Vorkehrungen, die verhindern sollen, dass es auch bei uns zu deutschen Verhältnissen kommt. Der große Unterschied besteht in der Errichtung einer Aufsichtsbehörde, die einen fairen Netzzugang garantieren soll, während es in Deutschland lediglich eine freiwillige Verbändevereinbarung gibt. Bei der Schaffung der Aufsichtsbehörde stand die Kontrollinstanz auf dem Telefonsektor, die Telekom Control, Pate. Ebenso wie diese soll die „Elektrizitäts-Control“ den Markt überwachen und bei Missständen einschreiten. Sie bestimmt beispielsweise die Systemnutzungstarife; sie kann die Allgemeinen Geschäftsbedingungen von Anbietern für nichtig erklären, wenn sie gegen Konsumentenschutzbestimmungen oder gegen die guten Sitten verstoßen; sie erstellt Preisvergleiche und fungiert im Falle von Streitigkeiten als Schlichtungsstelle.

Probleme bei der praktischen Umsetzung

Ob die gesetzlichen Bestimmungen aber ausreichen, um einen fairen Wettbewerb sicherzustellen, ist offen. Denn der Teufel steckt, wie so oft, in der praktischen Umsetzung:

  • So könnten die Bundesländer in den noch ausstehenden Ausführungsbestimmungen das Ziel eines möglichst einheitlichen Marktes torpedieren.
  • Trotz gesetzlicher Versorgungspflicht vermag kein Gesetz zu verhindern, dass entlegene Orte durch hohe Erschließungskosten diskriminiert werden.
  • Die freie Wahl kann durch bürokratische oder tarifliche Barrieren oder aber durch lange Vertragslaufzeiten erschwert werden.
  • Ebenso wie auf dem Telekom-Markt werden die Anbieter versuchen, durch möglichst verwirrende Tarifstrukturen einen direkten Vergleich zu verunmöglichen.
  • Viele Stromhändler werden wohl mit dem Ökoschmäh arbeiten, ohne die ökologisch einwandfreie Herkunft des Stroms auch wirklich belegen zu können.

Telefonliberalisierung

Auch bei der Telefonliberalisierung wurden die Schwachstellen erst in der Praxis offenbar. Viele Missstände wurden nur durch Beschwerden seitens betroffener Konsumenten entdeckt. Daher wäre eine enge und dauerhafte Kooperation der Elektrizitäts-Control mit unabhängigen Verbraucherorganisationen erforderlich, um die guten Ansätze des ELWOG mit Leben zu erfüllen.

Kein Preissturz. Für Konsumenten werden die Tarifsenkungen bescheiden bleiben. Erwartet wird eher ein nationales Angleichen des Preisniveaus. Das könnte bedeuten, dass der Strom in Vorarlberg, Tirol oder Wien tendenziell sogar teurer wird.

Weniger Transparenz. Mangels Unterschieden bei Qualität und Preis werden die Anbieter versuchen, ihrem Strom ein Mascherl zu geben – durch Leistungspakete oder Zusatzangebote, die niemand braucht. Für einen Vergleich ist letztlich nur wichtig, was der Strom kostet.

Keine Bindungen eingehen. Zu Beginn werden die Tarife und Vertragsbedingungen schnell wechseln. Umsteigewillige sollten daher besonders auf kurze Vertragsdauer und einfache, schnelle Umstiegsmodalitäten achten.

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