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RFID-Technologie - Der Chip, der alles weiß ...

Fluch oder Segen? Mit RFID-Chips gibt es keine Warteschlangen vor den Supermarkt-Kassen mehr, sagen die einen. Mithilfe der Chips kann das Privatleben der Menschen ausspioniert werden, sagen die anderen.

RFID - Identifizierung per Funk

RFID-Chips sind winzig kleine, oft sogar unsichtbare Etiketten auf Produkten, auf denen der gesamte Lebenszyklus (von der Produktion bis auf die Deponie) nachverfolgt werden kann. RFID steht für Radio Frequency IDentification, also Identifizierung per Funk.

Schneller Einkauf, Konsumverhalten verfolgt

Im Supermarkt braucht man nur mehr den Einkaufswagen durch eine Lesegerät-Schranke zu manövrieren, alle Artikel werden nahezu zeitgleich erfasst und die

Der RFID-Chip (rechts) ersetzt nach und nach den Strichcode (links).
Rechnung wird ausgedruckt. Doch der Chip bleibt auch danach aktiv.

Ist der Name des Kunden bekannt (z.B. dank einer Kundenkarte) kann man mithilfe eines Lesegerätes künftig jeden Schritt des Konsumenten verfolgen, wenn er eine Unterhose oder ein Paar Schuhe mit einem RFID-Chip trägt. Wir haben die beiden Hauptkontrahenten (GS1 Austria und VIBE!AT – siehe Kasten) eingeladen, zu Fluch oder Segen der neuen Technologie Stellung zu nehmen.

Höhere Qualität, weniger Privatsphäre

Für Alexander Peterlik, zuständig für den Bereich RFID bei GS1 Austria, ist der Nutzen eindeutig: „Die Rückverfolgbarkeit der Waren und die Transparenz werden erhöht. Daraus resultiert eine höhere Qualitäts- und Produktsicherheit“. Andreas Krisch von VIBE!AT gesteht zwar zu, dass beispielsweise „ein intelligenter Joghurtbecher“ die Einhaltung der Kühlkette garantieren und überprüfbar machen könnte. Aber: „In der Praxis sind die Vorteile der RFID-Chips bisher noch nicht bei den KonsumentInnen angekommen.“

Privatsphäre, elektromagnetische Felder

Dem stünden, so Krisch, große Gefahren gegenüber. Vor allem die Bedrohung der Privatsphäre, aber auch die Unklarheiten hinsichtlich der Auswirkungen elektromag­netischer Felder auf die Gesundheit oder die fachgerechte Entsorgung der Chips. Eine Gefährdung der Privatsphäre sieht Peterlik nicht, darauf achte nicht zuletzt die GS1. Auf dem RFID-Transponder (Chip) stehe nur eine Nummer, mit der man ohne die dazugehörigen Produktinformationen in der jeweiligen Datenbank des Handels- oder Industrieunternehmens nichts anfangen könne.

Hacker-Angriffe, Rückverfolgung

Krisch hält die RFID-Systeme aber nicht für ausreichend gesichert: „So ist es Hackern gelungen, den Mifare-Chip, der millionenfach für Zutrittskontrollsysteme verwendet wird, zu knacken.“

Peterlik hält solche Sorgen für übertrieben: „Die meisten Menschen besitzen heute ein oder mehrere Handys und auch Bankomat- und Kundenkarten. Es ist heutzutage sicher leichter, einen Menschen über diese Medien zu verfolgen als mittels der RFID-Technologie.“ Hauptsächlich würden RFID-Chips bei Produkten des täglichen Bedarfs eingesetzt, und da gehe es nur um sehr kurze Distanzen.

RFID soll deklariert werden

Eine (noch nicht verabschiedete) Empfehlung der EU-Kommission sieht vor, dass mit RFID-Chips versehene Waren gekennzeichnet werden müssen. Außerdem sollen die Chips direkt am Ort des Verkaufes deaktiviert werden, bevor die Ware dem Kunden ausgehändigt wird. „Wir von GS1 unterstützen die Forderung zur Kennzeichnung, und wir haben eigene Symbole entwickelt, die den Kunden auf die Verwendung eines Chips hinweisen“, so Peterlik. „Des Weiteren haben wir Empfehlungen über die Deaktivierung und Zerstörung der Chips an der Kassa ausgearbeitet.“

Datenschutz mangelhaft

Krisch begrüßt die „weltweit einzigartige Initiative der EU“, alle Interessengruppen einschließlich der Datenschützer in einen Dialog einzubinden. „Das hat sicherlich zu einer Annäherung der Positionen beigetragen.“ Dennoch kann aus Sicht von VIBE!AT derzeit nicht von einem ausreichenden Schutz der Privatsphäre gesprochen werden. Krisch: „Die Konsumenten haben keinerlei Kontrolle darüber, wer wann zu welchem Zweck welche Informationen über sie sammelt und verarbeitet.“

Zentrale Forderung der Datenschützer: Die Konsumenten müssen frei darüber entscheiden können, welchen Zugriff auf ihre Daten sie zulassen und welchen nicht. Sie müssen das Recht haben, Daten korrigieren bzw. löschen zu lassen. „Bis es so weit ist, sollte auf den Einsatz dieser Technologie im Konsumbereich verzichtet werden.“

Aktueller Dialog ausreichend?

Aber lässt sich die Entwicklung eigentlich noch aufhalten? Für Peterlik ist klar: „Es hat keinen Sinn, sich gegen die RFID-Technologie zu stemmen, da sie schon längst in unseren Alltag Einzug gehalten hat. Denken Sie nur an die automatische Wegfahrsperre beim Auto oder die Zutrittskarte ins Büro.“ Auch die Datenschützer wollten den technischen Fortschritt nicht verhindern, entgegnet darauf Krisch. Aber: „Es ist stets ein Dialog erforderlich, um die technischen Möglichkeiten im Einklang mit den Bedürfnissen der Gesellschaft zu entwickeln.“

Überwachungsstaat oder Paradies?

Wie wird die Welt in 10 Jahren aussehen – totaler Überwachungsstaat oder Konsumentenparadies? Da sind sich die beiden Kontrahenten einig: Keines von beiden! Peterlik ergänzt: „Ich denke, dass die RFID-Technologie unter Einhaltung der GS1-Standards zu einer höheren Kundenzufriedenheit beitragen und die gesamte Logistikkette optimieren wird.“ Und Krisch: „Ich hoffe, dass wir den Dialog fortsetzen und uns in 10 Jahren über das hohe Datenschutzniveau freuen, das wir gemeinsam erreichen konnten. Wir werden allerdings auch in 10 Jahren noch über Datenschutzprobleme diskutieren, dann jedoch in Bezug auf das ‚Internet der Dinge’, was nichts anderes ist als die Weiterentwicklung der RFID-Technologie“.

RFID-Technologie: Wie schütze ich meine Privatsphäre?

  • Bewusster Umgang.  Gehen Sie sorgfältig mit Ihren Daten um. Überlegen Sie lieber zweimal, ob Sie dem Drogerie- oder Supermarkt für einen Preisvorteil von einigen Euro wirklich die Chance auf Verknüpfung Ihrer Einkaufsgewohnheiten mit Ihrer Person geben möchten. Wollen Sie dies nicht, beantragen Sie schriftlich die Löschung Ihrer Daten.
  • RFID-Chip ablösen.  Wenn Sie einen RFID-Chip auf einer gekauften Ware finden (können), lösen Sie ihn ab und werfen Sie ihn in den Müll.
  • Aktiv werden.  Sollten Sie mit der Anwendung dieser Technologie prin­zipiell nicht einverstanden sein, schreiben Sie an die Geschäftsleitung des Unternehmens, bei dem Sie RFID-Transponder entdeckt haben, und wählen Sie gegebenenfalls einen anderen Anbieter für Ihren Einkauf.
  • Zur Konkurrenz wechseln.  Meiden Sie Geschäfte, die mit RFID-Chips versehene Waren nicht kennzeichnen und die Transponder nach Bezahlung der Ware nicht entfernen.

RFID-Technologie: Die Kontrahenten

GS1 Austria: Dienstleistungszentrum für die österreichische Konsumgüterwirtschaft, Österreich-Vertreter der weltweit tätigen GS1-Organisation, die Standards zur globalen und einheitlichen Verwendung der RFID-Technologie entwickelt.

 

Alexander Peterlik (GS1 Austria): "Die Qualität und die Sicherheit der Produkte werden gesteigert."

VIBE!AT: Verein für Internet-Benutzer Österreichs, Mitglied von European Digital Rights (EDRi), Dachverband von 28 europäischen Datenschutz- und Bürgerrechtsorganisationen, der wiederum in der RFID-Expertengruppe der Europäischen Kommission vertreten ist.

 

Andreas Krisch (VIBE!AT): "In der Praxis sind die Vorteile noch nicht bei den Konsumenten angekommen."

Produkte überprüfen

Für Konsumenten mit einem Faible für Detektivisches: Holen Sie den alten Weltempfänger (Kurzwelle) aus dem Keller und stellen Sie ihn auf die Frequenz 13,56 MHz ein (auf dieser arbeiten die meisten Chips im Consumer-Bereich).

Halten Sie gekaufte Waren in die Nähe der Antenne; hören Sie ein gepuls­tes Geräusch (ähnlich jenem, das ein Handy in der Nähe eines Radiogerätes erzeugt), dann haben Sie einen Schnüffelchip entdeckt.

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