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Reifenhersteller im Ethik-Test - Dem Gummi auf der Spur

Die gesellschaftliche Verantwortung (kurz und auf Englisch: CSR) der Reifenhersteller reicht nur bis zum Produktionswerk. Wie der Gummi für ihre Autoreifen gewonnen wird, wollten sie den Testern lieber nicht verraten.

Die Naturkautschukgewinnung steht im Verdacht, mit unerwünschten sozialen und ökologischen Begleiterscheinungen verbunden zu sein. Nun, auf den ersten Blick wirken die Probleme überschaubar.

Keine Armut auf den ersten Blick

In einer Vor-Ort-Untersuchung des dänischen Medien- und Forschungszentrums Danwatch im Rahmen des vorliegenden Ethik-Tests Reifenhersteller konnte unter den Kautschukbauern Thailands keine Armut festgestellt werden – sie hatten genug zu essen. Die Einkommen lagen nicht unter dem Mindestlohnniveau. Kinderarbeit gibt es nur in der Form, dass Kinder ihren Eltern bei der Arbeit helfen. Trotz des weit verbreiteten Einsatzes des Unkrautvernichtungsmittels Paraquat konnten unter den Kautschukarbeitern keine negativen gesundheitlichen Folgen festgestellt werden.

Überwiegend Kleinbauern

Bei näherer Betrachtung stellt sich die Lage ein wenig anders dar: Mehr als 80 Prozent der Gummiproduktion stammt von kleinen, selbstständigen Kautschukzapfern, die 0,5 bis 3 Hektar Land besitzen. Sie sind den Preisschwankungen auf dem Weltmarkt hilflos ausgesetzt. In den letzten Jahren hat die internationale Finanzwelt Naturkautschuk als Spekulationsobjekt entdeckt. Extreme Preisschwankungen sind die Folge. Ende 2012 waren die Kautschukpreise nur mehr halb so hoch wie eineinhalb Jahre zuvor.

Mindestlohnniveau beschränkt 

Das Mindestlohnniveau ist nur für jene Tage gewährleistet, an denen gearbeitet werden kann. Nach übereinstimmenden Aussagen von Kautschukarbeitern gibt es "100 gute Tage im Jahr". Für den Rest des Jahres ist die Kautschukgewinnung nur eingeschränkt möglich. In der Regenzeit fällt sie überhaupt aus; viele Arbeiter müssen die Zeit als Tagelöhner in anderen Betrieben überbrücken oder sie müssen sich Geld ausleihen, was sie in die Schuldknechtschaft treibt.

Kinderarbeit ab sechs Jahren

Kinderarbeit ...

Wenn Kinder ihren Eltern bei der Arbeit helfen, wird das generell als akzeptable Form von Kinderarbeit angesehen. Doch ohne die – unbezahlte – Mithilfe der gesamten Familie könnte die Arbeit gar nicht geleistet werden. Jeder Kautschukbaum muss zweimal täglich aufgesucht werden, mehrere Hundert Bäume sind zum Überleben nötig. Branchenkundige haben errechnet, dass ein Kleinbauer mehr als 42 Stunden am Tag arbeiten müsste, um sein Tageswerk vollenden zu können.

Das geht nicht ohne Mitarbeit der Familie. So arbeiten Kinder manchmal die ganze Nacht durch, um tagsüber die Schule besuchen zu können. In vielen Fällen müssen die Kinder den Schulbesuch früher oder später aufgeben – die Armutsfalle schnappt zu.

... beginnt mit sechstem Lebensjahr

Von Beginn an machen Kinder dieselbe Arbeit wie die Erwachsenen, manche ab ihrem sechsten Lebensjahr. Sie tragen schwere Lasten kilometerweit, sprühen Pestizide und hantieren mit dem scharfen Messer zum Einritzen der Baumrinde. Schutzbekleidung, Handschuhe oder Masken kennen sie ebenso wenig wir ihre Eltern, manchmal tragen sie nicht einmal Schuhe.

 


 

Video: Sehen Sie dazu auch das Interview von Danwatch: Kinderarbeit in der Kautschukgewinnung auf youtube.com.

 


 

Probleme ausgelagert

Wie reagieren die namhaften Reifenhersteller auf diese prekären Lebensbedingungen der kleinen Kautschukbauern? Sie lagern das Problem aus, kein Unternehmen verfügt über eine dezidierte CSR-Politik für die Beschaffung von Naturkautschuk (CSR: gesellschaftliche Verantwortung). Es gibt lediglich gewisse Richtlinien für die Zulieferer, wobei die meisten Markenhersteller nur mit den Händlern Abkommen schließen, aber nicht mit den Kautschukbetrieben. Manche beteiligen sich an Projekten zur Unterstützung der Kleinbauern, aber das war‘s dann auch schon.

Pestizide: Was passiert in den Kautschukbetrieben?

Pestizid Paraquat: krebserregend?

Paraquat – das Pestizid steht im Verdacht, krebserregend und erbgutschädigend zu sein – ist bei der Kautschukgewinnung weit verbreitet. Die Konzerne konzentrieren sich darauf, dass Pestizide nicht im Endprodukt, den Autoreifen, nachgewiesen werden können; was in den Kautschukbetrieben passiert, bleibt außer Betracht.

Das sind die markantesten Erkenntnisse, die aus dem Ethik-Test Reifenhersteller gewonnen werden können. Zwölf namhafte Markenkonzerne wurden dafür ausgesucht, darunter die Big Five – Bridgestone, Michelin, Goodyear, Continental und Pirelli –, die den europäischen Markt weitgehend dominieren. Sie besitzen 80 Reifenwerke in Europa, vor allem in Frankreich und Deutschland.

Reifenindustrie: Hauptabnehmer für Naturkautschuk

Die Autoreifenindustrie ist der Hauptabnehmer von Naturkautschuk, mit 70 Prozent der Gesamtproduktion. Seine herausragenden Eigenschaften – hohe Elastizität, Strapazierfähigkeit – machen Naturgummi bis heute unverzichtbar für die Reifenproduktion, auch wenn im Endprodukt heute schon mehr synthetischer Gummi steckt als Naturkautschuk.

Größter Produzent ist Südostasien

Ein Großteil der Kautschukproduktion entfällt auf Südostasien. Thailand, Indonesien und Malaysia stellen allein 70 Prozent der Rohgummi-Exporte sicher. Es gibt sowohl riesige Plantagen als auch Kleinstbetriebe, deren Bedeutung immer noch außerordentlich groß ist. In Thailand werden 90 Prozent der Gummiproduktion von Kleinbetrieben besorgt, in Indonesien kaum weniger. Weltweit leben 20 Millionen Menschen von der Kautschukgewinnung.

Produktionsbedingungen: Informationen verweigert

Werksbesichtigung: Streng geheim

Die Reifenbranche ist eine äußerst verschwiegene Gemeinschaft. Von den zwölf Herstellern im Test zeigten sich sieben grundsätzlich kooperationswillig und füllten einen Fragebogen aus. Nur drei zeigten sich bereit, eine Werksbesichtigung zuzulassen – allerdings unter dem Siegel der Verschwiegenheit. Die Ergebnisse dürften nicht veröffentlicht werden, wurde uns – der Test wurde in Kooperation mit zehn anderen europäischen Konsumentenschutzorganisationen durchgeführt – beschieden.

Informationen verweigert

Als Begründung sei hier die Stellungnahme von Michelin stellvertretend zitiert: "Wir betrachten es als unsere Pflicht gegenüber unseren Aktionären und Beschäftigten, keine Informationen preiszugeben, die unseren Mitbewerbern nützen könnten." Auf Werksbesichtigungen ohne Möglichkeit einer Beurteilung konnten wir gerne verzichten, es wurden daher alle Hersteller in diesem Punkt negativ bewertet – de facto haben alle nähere Informationen über die Bedingungen in ihren Produktionswerken verweigert.

Angeblich kein direkter Kontakt

Die Herkunft der Vorprodukte ist zwar rückverfolgbar, allerdings nur zum Zweck der Qualitätssicherung und Kostenminimierung, nicht aus Gründen der Nachhaltigkeit. Die Herkunft des Kautschuks wird peinlich verschwiegen. Das Argument, man habe keinen direkten Kontakt zu den Kautschukbetrieben, ist wenig glaubwürdig: Bei der Vor-Ort-Untersuchung kam zutage, dass die Kautschukplantagen sehr wohl von den Herstellern inspiziert werden.

Umweltmaßnahmen, Sozialpolitik

Nur die Politik ist o.k.

Abgesehen von der Geheimhaltung der Kautschukherkunft und der geringen Bereitschaft, Werksbesichtigungen zuzulassen, läge die Reifenbranche in Sachen gesellschaftlicher Verantwortung gar nicht mal so schlecht. Zwei Drittel der untersuchten Konzerne können auf eine zumindest durchschnittliche Umwelt- und Sozialpolitik verweisen (Note C). Vor allem die Grundsätze und die Managementsysteme der Umweltpolitik bietet kaum Anlass zur Beanstandung, kein Bewerber schloss schlechter als gut (B) ab.

Auswirkungen auf die Umwelt

Die Reifendimensionen werden immer größer, der Verkehr zeigt eine stark steigende Tendenz, was auch die negativen Auswirkungen auf die Umwelt rasant wachsen lässt. Die Konzerne sind bemüht, diese in Grenzen zu halten. Sei es beim Verbrauch von Energie, Wasser oder Rohmaterialien, der Emission von Kohlendioxid, dem Einsatz chemischer Substanzen wie flüchtiger Kohlenwasserstoffe, und nicht zuletzt betreffend die riesigen Abfallmengen. Auf Produktebene gehen die Anstrengungen in Richtung Verminderung des Rollwiderstands, Gewichtsreduktion, höhere Lebensdauer, Geräuschverminderung und Wiederverwendung bzw. -verwertung von Gummi.

Sozialpolitik: wenig ambitioniert

Weniger ambitioniert sind die Ziele in der Sozialpolitik. Zumindest die fünf Marktführer halten sich immerhin an die Standards der ILO (Internationale Arbeitsorganisation) zur Kinderarbeit. Auffallend ist auch ein starker Organisierungsgrad der Arbeitnehmer bei den führenden Reifenproduzenten sowie bei Apollo-Vredestein. Strengere Richtlinien bzw. quantitative Zielsetzungen sind allerdings häufig auf den Bereich Sicherheit und Gesundheit begrenzt.

Zulieferer: geringere Standards

Sowohl für den Umwelt- als auch für den Sozialbereich gilt: Auf Ebene der Zulieferer werden die Standards deutlich geringer, auch die Kontrollen lassen zu wünschen übrig. Hier können nur mehr Michelin und Pirelli, wo in den Werken auch Audits durch unabhängige Organisationen durchgeführt werden, die Anforderungen weitgehend erfüllen.

Gibt es "faire" Autoreifen?

"Faire" Autoreifen?

In der Endabrechnung liegen Pirelli, Michelin und Bridgestone deutlich voran, allerdings sind auch sie nur als durchschnittlich zu bezeichnen. Die folgenden Marken Nokian oder Continental weisen bereits einen klaren Respektabstand auf. Wirklich empfehlenswert sind auch die drei Erstgereihten nicht.

Das kleinere Übel wählen

Doch da es bis heute keine "fairen" Autoreifen gibt (im Juni 2012 hat sich zwar eine Fair Rubber Association gebildet, aber Reifenhersteller sind bis dato nicht dabei), muss man als Konsument das kleinere Übel wählen.

Michelin hat die Nase vorn

Nimmt man die Ergebnisse des letzten Sommerreifen-Tests (3/2013) und dieses Ethik-Tests zusammen, so ist wohl Michelin die beste Wahl. In beiden getesteten Dimensionen konnte die französische Marke bei der Produktqualität ein "gut" erzielen; Pirelli, der im Ethik-Test die Nase (äußerst knapp) vorn hat, musste sich mit einem "durchschnittlich" zufriedengeben.

Testtabelle: Reifenhersteller im Ethik-Test

Wie der Gummi für ihre Reifen gewonnen wird, wollen die Reifenhersteller lieber nicht verraten.

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So sieht ein typischer Schlafraum für burmesische Wanderarbeiter in Thailand aus. (Bild: DanWatch)
Schlafraum So sieht ein typischer Schlafraum für burmesische Wanderarbeiter in Thailand aus. |
Krebsfördernde Pestizide werden in vielen Shops Südostasiens angeboten. (Bild: DanWatch)
Pestizide Krebsfördernde Pestizide werden in vielen Shops Südostasiens angeboten. |
Burmesische Wanderarbeiter in einer thailändischen Kautschukplantage. Ihr Einkommen ist auf Grund der stark schwankenden Kautschukpreise von 2011 auf 2012 um 25 Prozent zurückgegangen. (Bild: DanWatch)
Burmesische Wanderarbeiter in einer thailändischen Kautschukplantage. Ihr Einkommen ist auf Grund der stark schwankenden Kautschukpreise von 2011 auf 2012 um 25 Prozent zurückgegangen. |
Bridgestone hat eine eigene Kautschuk-Plantage auf Sumatra. (Bild: ICRT)
Bridgestone hat eine eigene Kautschuk-Plantage auf Sumatra. |
Die Bridgestone-Plantage ist mit 18.000 Hektar die größte Indonesiens. (Bild: ICRT)
Die Bridgestone-Plantage ist mit 18.000 Hektar die größte Indonesiens. |
Kautschuk-Bauern bei der Arbeit (Bild: ICRT)
Kautschuk-Bauern bei der Arbeit |
In einigen großen Kautschuk-Plantagen, wie hier in Malaysia, gibt es Schilder, die die Arbeiter an die Notwendigkeit zum Tragen von Schutzbekleidung erinnern. In der Praxis scheitert dies aber oft daran, dass die Schutzbekleidung nicht (Bild: ICRT)
Schutzbekleidung In einigen großen Kautschuk-Plantagen, wie hier in Malaysia, gibt es Schilder, die die Arbeiter an die Notwendigkeit zum Tragen von Schutzbekleidung erinnern. In der Praxis scheitert dies aber oft daran, dass die Schutzbekleidung nicht verfügbar ist oder dass die Arbeiter sich des Risikos nicht bewusst sind. |
So sieht ein typischer Schlafraum für burmesische Wanderarbeiter in Thailand aus. (Bild: DanWatch)
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Burmesische Wanderarbeiter in einer thailändischen Kautschukplantage. Ihr Einkommen ist auf Grund der stark schwankenden Kautschukpreise von 2011 auf 2012 um 25 Prozent zurückgegangen. (Bild: DanWatch)
Bridgestone hat eine eigene Kautschuk-Plantage auf Sumatra. (Bild: ICRT)
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Kautschuk-Bauern bei der Arbeit (Bild: ICRT)
In einigen großen Kautschuk-Plantagen, wie hier in Malaysia, gibt es Schilder, die die Arbeiter an die Notwendigkeit zum Tragen von Schutzbekleidung erinnern. In der Praxis scheitert dies aber oft daran, dass die Schutzbekleidung nicht (Bild: ICRT)

Steckbriefe

Pirelli

Abgesehen von der branchenüblichen Ausklammerung der Kautschukbeschaffung und der mangelnden Transparenz zeigt sich der italienische Hersteller (sehr) engagiert. Großes Verantwortungsbewusstsein auch für seine Lieferanten. Im Sozialbereich noch entwicklungsfähig.

Michelin

Fast gleichauf mit Pirelli punktet die französische Marke mit glaubwürdigem Monitoring der Zulieferer und ehrgeizigen Reduktionszielen für negative Umwelteinflüsse. Wenig ambitionierte Ziele im Personalwesen, Umweltkonflikt in einem indischen Reifenwerk.

Bridgestone

Japanischer Konzern mit ähnlichen Stärken und Schwächen wie das Führungsduo. Gute Grundsätze, engagierte Umweltziele; Ausbildung von Kautschukbauern. Aber eher schwaches Monitoring; kein Einsatz von recycliertem Kautschuk. Konflikt um Kautschukplantage in Liberia.

Nokian

Die Marke aus Finnland hat bereits einen deutlichen Rückstand. Während die Umweltpolitik jener der Branchenleader durchaus ebenbürtig ist, gibt es im Sozialbereich deutliche Schwächen: mangelhafte Umsetzung der Standards. Schwache Nachhaltigkeitsberichte.

Continental

Der Konzern, der der österreichischen Reifenproduktion (Semperit) den Garaus machte, hat sich die heute übliche CSR-Politik zugelegt. Intransparent, reagiert nicht auf Anfragen. Andererseits werden die regelmäßigen Nachhaltigkeitsberichte gelobt.

Hankook

Der hierzulande noch eher unbekannte Konzern aus Südkorea zählt weltweit zu den Top Ten der Reifenbranche. Formal hält er mit den renommierten Marken mit (Abfallrecycling, klimafreundliche Energie). Seine Umwelt- und Sozialberichte gehören zu den besten.

Apollo-Vredestein

Seit 2009 sind die Niederländer ein Tochterbetrieb des führenden indischen Reifenherstellers Apollo. Auf der Positivseite stehen: Einsatz umweltverträglicher Materialien, Minimierung der Transportbewegungen, Abfallmanagement. Mängel vor allem in der Kontrolle.

Goodyear

Grundsätze und Standards des US-Konzerns sind sowohl im Umwelt- als auch im Sozialbereich recht engagiert (Menschenrechtspolitik, Chemikalien- und Energiemanagement). Bei der Kontrolle gibt es allerdings deutliche Schwächen.

Yokohama

Formal ganz gute Politik, aber sehr mangelhafte Kontrolle. Auskunft verweigert, Berichtswesen entspricht nicht internationalen Standards.

Kumho

Bereits deutlich abgeschlagen. Viele Lücken, kein aktueller Umwelt- und Sozialbericht verfügbar. Auskunft kommentarlos verweigert.

GT Radial

Laut eigenen Angaben weltweit neuntgrößter Produzent mit Werken hauptsächlich in China und Indonesien. Auskunft aus Unternehmensinteresse abgelehnt.

Nexen

Der dritte Konzern aus Südkorea bildet mit GT Radial das Schlusslicht. Keine Reaktion auf die Anfrage, nur dürre Informationen verfügbar.

Zusammenfassung

  • Extrem informationsfeindlich. Viele Reifenhersteller haben zwar eine formal durchaus überzeugende CSR-Politik, aber wenn es ans Eingemachte geht, gibt man sich zugeknöpft. Sieben der zwölf Unternehmen haben zumindest partiell Auskünfte erteilt. Aber kein einziges war bereit, eine Vor-Ort-Inspektion ohne Wenn und Aber zuzulassen.
  • Rohstoffquelle streng geheim. Über die Herkunft des Naturkautschuks gibt es überhaupt keine Informationen. Offenkundig wollen die Hersteller nicht mit Kinderarbeit, Diskriminierung von Wanderarbeitern oder unkontrolliertem Pestizideinsatz in Verbindung gebracht werden.
  • Conti und Goodyear matt. Von den Big Five haben Pirelli, Michelin und Bridgestone immerhin durchschnittlich abgeschnitten, Conti und Goodyear sind deutlich schwächer. Zieht man auch die Reifenqualität in Betracht, hat Michelin die besten Karten (siehe Test: Sommerreifen 3/2013).

Testkriterien

Die Untersuchung wurde im Rahmen einer internationalen Kooperation von einer branchenkundigen Audit-Organisation durchgeführt. Fokus sind soziale und ökologische Aspekte bei der Kautschukgewinnung und der Weiterverarbeitung bis zur Herstellung der Reifen. Ausgewählt wurden große, international tätige Markenfirmen.

Fragebogen, Unterlagen, Field-Studies

Die Untersuchung basiert auf einer Erhebung mittels Fragebogen und einer Analyse von Sekundärmaterial. Im Fragebogen wurden umfassende Kriterien zur gesellschaftlichen Unternehmensverantwortung (CSR) abgefragt. Sekundäre Quellen bildeten die interne Dokumentation der Unternehmen, Jahresberichte, Untersuchungsberichte sowie Interviews mit Experten und Stakeholdern.

Außerdem führten Reporterteams Field-Studies (Vor-Ort-Untersuchungen) in Kautschukplantagen, bzw. -farmen durch. Eine direkte Zuordnung von Zulieferfirmen zu bestimmten Marken war nicht möglich.

Vorgesehen war auch der Besuch von Produktionswerken, um zu überprüfen, ob die Unternehmenspolitik tatsächlich in die Praxis umgesetzt wird. Doch war kein einziger Hersteller bereit, eine Besichtigung zu ermöglichen bzw. zuzulassen, dass die Ergebnisse der Besichtigung auch veröffentlicht werden.
Erhebungszeitraum: August bis Dezember 2012.

So wird beurteilt

Die Erfüllung jedes einzelnen Kriteriums wird in 5 Abstufungen beurteilt – von umfassend bis unzureichend erfüllt.
Zusätzlich wird eine Gewichtung durchgeführt: Je nach Nachweisbarkeit der zur Verfügung stehenden Informationen werden die Beurteilungen der Einzelkriterien mit einem Faktor zwischen 0 und 1 gewichtet. Gibt es seriöse Quellen, die den Angaben klar widersprechen, so wird mit Faktor 0 gewichtet, d.h. das Kriterium gilt als nicht erfüllt. Gibt es keine Belege (Dokumentation, Reports, Experteninterviews) für die eigenen Angaben des Unternehmens, wird mit Faktor 0,5 gewichtet. Nur wenn die Angaben zur Gänze bestätigt werden können, gehen sie mit vollem Gewicht (Faktor 1) in die Bewertung ein.

Dargestellt werden die Gruppenurteile und das Gesamturteil in einer fünfstufigen Skala von A bis E. Stufe A bedeutet, dass zumindest 80 Prozent aller Kriterien erfüllt sein müssen; E am anderen Ende der Skala steht für ein Ergebnis, bei dem unter 20 Prozent der Kriterien erfüllt wurden.

Die Kriterien im Einzelnen:

Sozialpolitik

Grundsätze: Gibt es eine veröffentlichte Sozialpolitik? Grundsätze, öffentliche Bekenntnisse, Leitlinien für die Wertschöpfungskette, Managementsysteme, quantitative und qualitative Ziele.
Standards und Maßnahmen: Bewertet wurden soziale Mindeststandards für die Fertigung – die Definition von Anforderungen (betreffend z.B. Mindestlohn, Überstundenregelung, Gesundheit, Sicherheit) sowie Maßnahmen auf Grundlage dieser Standards.
Monitoring: Anmeldung der Arbeitnehmer, laufende interne und externe Überwachung, Hilfestellung der Zulieferer, konkrete Maßnahmen und Aktivitäten.

Umweltpolitik

Grundsätze: Gibt es eine veröffentlichte Umweltpolitik? Grundsätze, öffentliche Bekenntnisse, Leitlinien für die Wertschöpfungskette, Managementsysteme, Öko-Design der Produkte, quantitative und qualitative Ziele.
Standards und Maßnahmen: Bewertet wurden das Chemikalienmanagement, das Abfallmanagement, Maßnahmen gegen den Klimawandel, die Beschaffung von Rohmaterial und Komponenten usw.
Monitoring: laufende interne und externe Überwachung, Hilfestellung für Zulieferer, konkrete Maßnahmen und Aktivitäten.

Beschaffung Kautschuk

Anforderungen bei der Naturkautschukgewinnung auf den Plantagen/den Farmen: Bedingungen für Wanderarbeiter, Arbeitsbedingungen generell, Behandlung der Kleinbauern, Beachtung der Artenvielfalt, Umweltverschmutzung, …
Anforderungen bei der Weiterverarbeitung von Naturkautschuk
Beziehungen zu den benachbarten Gemeinden, Korruption

Transparenz

Teilnahme an der Untersuchung: Bewertung der retournierten Fragebögen auf Vollständigkeit, Zusatzangaben, Unterlagen ...
Öffentliches Berichtswesen: Vorliegen von Nachhaltigkeitsreports, regelmäßiges Erscheinen, Informationstiefe, Informationsbreite.
Ermöglichung von Werksbesichtigungen

Buchtipp: "Nachhaltig leben"

Durch das eigene Konsumverhalten einen Beitrag zu einer "besseren" Welt zu leisten, ist der Wunsch vieler Verbraucher. Doch welche Möglichkeiten hat der Einzelne, dies im Alltag umzusetzen? Unser Buch gibt Tipps und Anregungen für all jene, die ganz individuell zu einem verantwortungsvollen Lebensstil finden wollen.

www.konsument.at/nachhaltig-leben

Aus dem Inhalt

  • Lebensmittel: fair und natürlich
  • Lifestyle: modisch, aber ökologisch
  • Mobilität, Tourismus, Freizeit
  • Nachhaltigkeit im Haushalt
  • Abfall vermeiden, Ressourcen schonen
  • Trend: gemeinsam nutzen statt besitzen

160 Seiten, 14,90 € + Versand

KONSUMENT-Buch: Nachhaltig leben (Bild:VKI)

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