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Recycling - Dreckiges Geschäft

Mit Müll wird international gehandelt. Es ist ein großes und auch schmut­ziges Geschäft. Die EU arbeitet mit einem Kreislaufwirtschaftspaket an einer Alternative.

Bild: MOHAMED-ABDULRAHEEM / Shutterstock.com

Recyclingquote: 66 Prozent

Konsumieren und wegwerfen, dieser Lebensstil wird zunehmend kritisiert. Zu Recht: Unser Planet kann die vom Menschen angehäuften Müllberge nicht mehr aufnehmen. Länder des Südens leiden unter den Mengen an Abfall, die von Industrieländern einfach dorthin verschickt werden.

Laut Bundesabfallwirtschaftsplan fielen in Österreich im Jahr 2017 rund 4,3 Millionen Tonnen Siedlungsabfälle aus Haushalten an, das sind rund 490 kg pro Person. 2018 sammelten die österreichischen Haushalte 1,09 Millionen Tonnen Verpackungen und Altpapier, davon wurden laut ARA (Altstoff Recycling Austria) 66 Prozent recycelt. Ab 2030 müssen laut EU-Kreislaufwirtschaftspaket 70 Prozent recycelt werden.

Stopp den Mülltransporten

Müll ist ein internationales Geschäft: 2017 exportierte Österreich rund 940.000 Tonnen an Abfällen u.a. nach Deutschland und in die Slowakei und importierte etwa 953.000 Tonnen vorwiegend aus Deutschland und Italien.

Zahlreiche europäische Länder exportierten bis 2018 Müll nach China, allein aus Deutschland gingen 2016 laut dem EU-Statistikamt Eurostat 1,5 Millionen ­Tonnen Plastikabfall nach China und ­Hongkong. "Das ist mehr als die Hälfte der Gesamtmenge, die in Deutschland anfällt", schrieb die Süddeutsche Zeitung.

Was passiert mit rot-weiß-rotem Müll?

Und Österreich? "Müllexporte nach China finden nicht statt, auch in der Vergangenheit nicht", heißt es aus dem Umweltministerium. Ob rot-weiß-roter Müll, der nach Deutschland exportiert wird, trotzdem seinen Weg nach Fernost findet?

Chinesisches Importverbot

2018 verhängte China ein Importverbot für Müll aus der EU, 2019 eines für alle anderen Länder. Für Plastikmüll war China bis zum Importverbot das Hauptabnehmerland; nun will die chinesische Regierung ein eigenes Recyclingsystem aufbauen.

Einwegsysteme, Verschleiß, Obsoleszenz

Plastikmüll gelangt ins Meer

Der ausländische Müll hatte zu ernsthaften Umweltproblemen geführt: Der Jangtse in China etwa ist der am stärksten mit Plastikmüll verschmutzte Fluss der Welt, er befördert jährlich etwa 330.000 Tonnen Plastik ins Meer. Nach Chinas Importstopp für Müll begannen westliche Länder, ihren Müll nach Südost­asien zu schicken. Die Philippinen reagierten 2019 mit Protesten, denen sich Greenpeace anschloss.

"Der Müllhandel ist nicht akzeptabel. Das ist eine verabscheuungswürdige Methode, die vor allem der globale Norden anwendet, um den Müll loszuwerden, den sie in ihren Ländern nicht verarbeiten können", erklärt Lea Guerrero von Greenpeace.

Beschränkung für Einweg und Verschleiß

Eine Alternative zu globalen Mülltransporten sieht der neue Aktionsplan für eine ­europäische Kreislaufwirtschaft vor: Er zielt darauf ab, die Wiederverwendung von Altmaterial in der EU in den nächsten zehn Jahren zu verdoppeln. Einwegsysteme sollen beschränkt, vorzeitiger Verschleiß soll bekämpft und die Vernichtung von Neu­ware verboten werden. In der EU erhältliche Produkte sollen in Zukunft eine längere ­Lebensdauer haben, einfacher zu reparieren und nachzurüsten sein sowie besser recycelt und wiederverwendet werden können. Im Rahmen der Ökodesign-Richtlinie will die EU-Kommission daher auch ein "Recht auf Reparatur" für die Konsumenten verankern.

Auch dem Greenwashing und dem von Herstellern geplanten vorzeitigen Verschleiß – der sogenannten geplanten Obsoleszenz – soll ein Riegel vorgeschoben werden.

Elektronikindustrie, Verpackungen, Textilien, ...

Priorität räumt die EU-Kommission der Elektronik, Informations- und Telekommunikationstechnologie ein – Elektroschrott macht EU-weit einen immer größeren Anteil an den Abfällen aus. Auch Verpackungen, Batterien und Fahrzeuge, Plastik und Textilien sowie die Bau- und Lebensmittelbranche stehen im Fokus des Aktionsplans. 2017 hatte der anfallende Verpackungsmüll in der EU mit 173 kg pro Kopf ein Rekordhoch erreicht. Die Vorgaben des EU- Kreislaufwirtschaftspakets lauten:

  • Recycling von Kunststoffverpack­ungen: mindestens 50 Prozent bis 2025 und 55 Prozent bis 2030
  • Recycling von Siedlungsabfällen: 60 Prozent bis 2030 und 65 Prozent bis 2035

Bereits im Juli 2019 trat die EU-Richtlinie zur Verringerung von Einwegplastik (Single-­Use-Plastic- oder SUP-Richtlinie) in Kraft: Sie sieht vor, dass Kunststoffgetränke­flaschen bis zum Jahr 2029 zu mindestens 90 Prozent zum Zwecke des Recyclings getrennt gesammelt werden. Damit soll insbesondere das achtlose Wegwerfen (Littering) vermieden werden. Weiters sollen Getränke­flaschen aus PET zu mindestens 30 Prozent aus recyceltem Kunststoff bestehen.

Ehrgeizige Ziele

Ehrgeizige Ziele

Für Österreich bedeutet das: "Bis 2035 müssen zusätzlich 350.000 Tonnen Siedlungsabfall recycelt werden", erklärt eine Sprecherin der ARA. Zudem müsse Österreich bis 2029 eine Sammelquote für PET-­Getränkeflaschen von 90 Prozent erreichen. Zur Erreichung der EU-Recycling- und -Sammelziele für Verpackungen – insbesondere Kunststoffverpackungen – hat die ARA zwölf Maßnahmen definiert. Diese reichen vom Ausbau der getrennten Sammlung über die Implementierung technischer Innovationen wie Sortierverfahren und Digitalisierungskonzepte bis hin zur Gestaltung recyclingfähiger Verpackungen.

83 Prozent für Einweg-Pfand­system

Eine Meinungsumfrage, die kürzlich vom britischen Markt- und Meinungsforschungsinstitut YouGov für die Changing Markets Foundation und GLOBAL 2000 durchgeführt wurde, zeigt: Die österreichische ­Bevölkerung wünscht sich ein entschlosseneres Vorgehen und mehr Verantwortung bei Plastikabfällen. 83 Prozent der Befragten sprechen sich für ein Einweg-Pfand­system in Österreich aus.

Großer Aufwand

Die Umstellung auf ein Pfandsystem von Einweg-Getränkeverpackungen stellt eine große Herausforderung für die Logistik und Sammlung dar und ist verwaltungstechnisch und finanziell aufwendig“, gibt das Umweltministerium zu bedenken. "Von einer solchen Umstellung sind die Branche der Abfüller, der Handel, die Städte und Gemeinden, die Abfallwirtschaft und nicht zuletzt die Konsumenten betroffen." Ein bereits geplanter runder Tisch mit Ver­tretern von Wirtschaft, Interessenvertretungen, Konsumenten und NGOs wurde aufgrund der Corona-Krise verschoben.

"Für gewöhnlich sind die Opponenten eines Pfandsystems immer der Lebensmittel­einzelhandel und Recyclingunternehmen", erklärt Lena Steger, Plastik- und Ressourcen-Expertin bei GLOBAL2000. "Ersterer möchte sich nicht um die Rücknahme kümmern und Recycler befürchten, dass ihnen ein wertvoller Abfallstrom genommen wird."

Litauen und Deutschland

Steger verweist darauf, dass in einigen Ländern ein derartiges Pfandsystem bereits erfolgreich umgesetzt wurde, etwa in Litauen: 2015 hatte das Land noch eine getrennte Sammelquote von 34 Prozent für Plastikflaschen. Nach der Einführung eines Einweg-­Pfands konnte innerhalb von weniger als zwei Jahren eine getrennte Sammelquote von 92 Prozent erreicht werden. Gleichzeitig wird es Kunden erleichtert, sich für die nachhaltigere Mehrwegflasche zu entscheiden, da Getränkeverpackungen auf dieselbe Weise retourniert werden.

In Deutschland werden 98,5 Prozent der Getränkeverpackungen retourniert. "Dort sind nach der Einführung des Einweg-Pfands beinahe über Nacht die Getränkeverpackungen aus dem öffentlichen Raum oder der Natur verschwunden", konstatiert Lena Steger. "Somit ist es eine höchst effiziente Maßnahme gegen Littering."

Persönlicher Beitrag

Relativ kurze Verwendungsdauer

Laut Steger wird das meiste Plastik jedoch für Verpackungen produziert – global ca. 40 Prozent der Produktion. "Kunststoffe haben in gewissen Bereichen ihre Daseinsberechtigung, etwa in der Medizin oder im Transport- oder Bausektor – hier handelt es sich um sehr lange Verwendungszeit­räume." Die meisten Verpackungen seien jedoch nur sehr kurz in Verwendung und trügen zugleich am meisten zur globalen Umweltverschmutzung bei. "Hier sind Abfüllstationen und Mehrweglösungen die Alternative.

Persönlicher Beitrag

Aufgrund der Corona-Krise droht eine Verschiebung des europäischen Green Deals auf unbestimmte Zeit. Doch Konsumenten können täglich einen Betrag zur Reduktion von (Plastik-)Müll leisten: Es sind vor allem Gegenstände des täglichen Gebrauchs wie Getränkeflaschen, Fast-Food-Verpackungen oder Kaffeebecher, die oft achtlos weggeworfen werden.

Alternativen sind wiederverwendbare Coffee-to-go-Tassen (aber nicht aus "Bambus", siehe Kaffee im "Bambusbecher" - Hände weg) und Trinkflaschen - Wasserspender to go, Mehrweg-Flaschen (z.B. bei Milch oder Limos) sowie die ordnungsgemäße Entsorgung von Abfällen.

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