Der Lions-Club wollte Lebensmittel für Bedürftige organisieren. Merkur unterstützte die Aktion und bat seine Kunden ein Produkt mehr zu kaufen. - Ein "Aufgespießt" von KONSUMENT-Redakteurin Veronika Kaiser.
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"Tue Gutes und rede darüber", lautet das Prinzip der Öffentlichkeitsarbeit. Viele Unternehmen sponsern gemeinnützige Initiativen oder karitative Vereine. Im Idealfall haben beide etwas davon: Das Unternehmen eine gute Nachred‘ und bedürftige Menschen (oder auch Tiere) die dringend benötigte Unterstützung. So haben beispielsweise die Angestellten einer Drogeriekette den Bewohnerinnen und Bewohnern eines Sozialwohnheims kostenlos die Haare geschnitten. Den Urlaubstag dafür hatte ihnen ihr Arbeitgeber geschenkt.
Mehr in den Einkaufswagen legen
Geärgert hat mich vor Kurzem aber die Aktion von Lions Club und der Handelskette Merkur. Da rief Merkur seine Kunden auf, an einem bestimmten Samstag beim Einkauf ein Produkt mehr in den Einkaufswagen zu legen: entweder lang haltbare Grundnahrungsmittel oder Hygieneartikel. Diese Waren würden dann vom Lions Club an Bedürftige weitergeleitet.
Charity zur Umsatzsteigerung oder ...
Nun leben tatsächlich genügend Arme in Österreich, die Mühe haben, ihren Lebensunterhalt zu decken, und denen geholfen werden muss. Aber eine solche Aktion, bei der Konsumenten zum Kauf animiert werden, steigert zuallererst den Umsatz der Firma Merkur. Angesichts dieser eigennützigen Wohltat bleibt ein bitterer Nachgeschmack. Auch wenn das Unternehmen betont, es wolle gesellschaftliche Verantwortung übernehmen und habe daher gerne seine Märkte für die Aktion zur Verfügung gestellt.
... mehr Geld für Angestellte?
Einem Handelsbetrieb, der Gutes tun will, eröffnet sich eine Fülle von Möglichkeiten:
- Abgelaufene oder beschädigte, aber noch zum Verzehr geeignete Waren nehmen viele Organisationen mit Handkuss.
- Preisermäßigungen könnten ja nicht nur den Besitzern einer Clubkarte, sondern auch jenen Leuten gewährt werden, die von Sozialhilfe leben (müssen).
- Und auch die freiwilige Erhöhung der nicht besonders berauschenden Gehälter der Damen und Herren an der Kassa, hinter der Feinkosttheke und im Warenlager wäre eine Möglichkeit, die Armut in Österreich ein kleines bisschen zu verringern.
Doch solche Hilfsmaßnahmen würden sich wohl in der Bilanz einer Handelskette negativ niederschlagen.