Der Lifestyle-Check hilft, „klimaintensive“ Aktivitäten zu identifizieren, und gibt individuell abgestimmte grüne Anstöße. Doch reicht es, das eigene Konsumverhalten zu verändern?
Auch ich habe den Lifestyle-Check ausprobiert (LINK). Meine CO2-Bilanz beträgt 3,8 Tonnen pro Jahr, das entspricht rund 25.000 gefahrenen Autokilometern (abhängig von Fahrzeugtype, Fahrstil, Treibstoff etc.). Noch immer viel. Aber damit bin ich um 47 % besser als der Durchschnitt. Hin und wieder darf man sich auch selber loben. Also Schulterklopf. Zu früh gefreut.
Unberücksichtigt: öffentliche Infrastruktur, Dienstleistungen etc.
Meine CO2-Bilanz ist eigentlich weitaus schlechter. Es kommen noch 4,5 Tonnen dazu, oder anders ausgedrückt 30.000 Autokilometer. Wie das sein kann? Unser aller CO2-Rucksack ist größer, weil wir auf viele Dinge keinen Einfluss haben. Im Lifestyle-Check unberücksichtigt bleiben 4,5 Tonnen CO2 pro Kopf u.a. „aus öffentlicher Infrastruktur (z.B. Straßen), Dienstleistungen (z.B. Verwaltung, Gesundheitsversorgung) oder aliquotem Bauaufwand für Wohngebäude“.
Keinen Einfluss haben? Kurs beeinflussen!
Moment. Keinen Einfluss haben? Der Tanker „Österreichische Gesellschaft“ ist behäbig und ihn herumzureißen braucht Durchhaltevermögen und Kraft. Aber Einfluss auf den Kurs hat jeder von uns. Nicht nur über das individuelle Konsumverhalten. Das Licht im Vorraum immer brav auszuschalten, das ist löblich. Es rettet aber das Weltklima nicht. Ich weiß, das ist ein bissl zynisch und vielleicht auch wenig motivierend. Aber Konsumverhalten darf nicht mit gesellschaftspolitischer Gestaltung verwechselt werden.
Rahmenbedingungen einfordern
Über politische Beteiligung, Petitionen, die Teilnahme an Klima-Demos etc. kann aber jeder Einfluss auf den Kurs des Tankers nehmen. Zur Veranschaulichung: Der größte Einzelemittent Österreichs, die Voestalpine, bläst jedes Jahr mehr als 10 Millionen (!) Tonnen CO2 in die Atmosphäre. Wäre es da nicht zukunftsschlau, Rahmenbedingungen einzufordern, die es der Voest ermöglichen, ihren angekündigten „Grünstrom-Elektro-Hochofen“ möglichst bald in Vollbetrieb zu bringen? Damit würden die Stahlkocher laut eigenen Angaben ihre CO2-Emissionen um rund ein Drittel reduzieren – umgerechnet mehr als 20 Milliarden Autokilometer.