Seit Jahren kritisieren wir, dass in Lippenpflegeprodukten oft Mineralölbestandteile verarbeitet werden. Nun haben viele Anbieter ihre Rezepturen geändert und bieten mineralölfreie Produkte an.
Welche Lippenpflege haben wir getestet?
Wir haben gemeinsam mit der Stiftung Warentest 26 Lippenpflegestifte und Lippenbalsams untersucht. Bei sechs Produkten handelt es sich um zertifizierte Naturkosmetik. 22 Produkte gab es im Drehstift und 4 in der Tube.
Was haben wir im Lippenpflege Test getestet?
Wir haben im Labor überprüft, ob in den Produkten Mineralölbestandteile enthalten sind. Mineralölbestandteile lassen sich in drei Gruppen einteilen: MOSH (Mineral Oil Saturated Hydrocarbons), das sind gesättigte Kohlenwasserstoffe, MOAH (Mineral Oil Aromatic Hydrocarbons), das sind aromatische Kohlenwasserstoffe, sowie MOSH-ähnliche synthetische Kohlenwasserstoffe. Außerdem haben wir die Produkte, in denen Titandioxid als Inhaltsstoff deklariert war, auf den Gehalt von Titandioxid geprüft.
Was können MOSH im Körper bewirken?
MOSH mit mittel- und kurzkettigen chemischen Strukturen können sich im Körper anreichern, etwa im Gewebe, im Lymphsystem oder in Organen wie der Leber. Wir gehen davon aus, dass Gleiches auch für MOSH-ähnliche Kohlenwasserstoffe gelten könnte, da sie eine ähnliche chemische Struktur haben. Gesundheitliche Folgen sind nicht abschließend geklärt. Das deutsche Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) betrachtet Anreicherungen von körperfremden Stoffen grundsätzlich als unerwünscht. In sieben Produkten wiesen wir MOSH, MOSH-ähnliche Kohlenwasserstoffe oder beides nach. Solange nicht abschließend geklärt ist, welche Langzeitfolgen möglich sind, raten wir vorsorglich von Lippenpflege mit Mineralöl ab.
Und was hat es mit MOAH auf sich?
Aromatische Kohlenwasserstoffe können das genetische Material der menschlichen Zellen verändern und Krebs verursachen, äußert sich die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (Efsa) zu MOAH. Im Test ist kein Produkt mit kritischen MOAH enthalten. Werden mineralölbasierte Fette, Öle oder Wachse verarbeitet, ist es wichtig, auf die Reinigung der Rohstoffe zu achten. So kann man verhindern, dass unerwünschte Substanzen wie kritische MOAH zurückbleiben.
Warum ist Titandioxid schädlich?
Einige der getesteten Produkte enthalten laut ihren Inhaltsstofflisten Titandioxid. In Lebensmitteln ist Titandioxid seit Sommer 2022 verboten. Laut Efsa ist nicht auszuschließen, dass Titandioxid das Erbgut schädigt oder die Entstehung von Krebs begünstigt, wenn es über den Magen-Darm-Trakt in den Körper gelangt. In Kosmetik darf Titandioxid weiter eingesetzt werden. Die Substanz dient dabei etwa als Aufheller oder als UV-Filter. Bei Produkten, die nicht im oder am Mund angewendet werden, ist das weniger ein Problem. Lippenpflegemittel werden allerdings zwangsläufig verschluckt, wenn die Lippen abgeleckt werden (lesen Sie dazu auch unseren Lippenstift-Test 1/2022). Deshalb sollte etwa in Lippenstiften oder in Lippenpflege kein Titandioxid enthalten sein. Für die getesteten Produkte können wir bezüglich Titandioxid Entwarnung geben. Auch in den Produkten, die als titandioxidhaltig deklariert waren, konnten wir kein Titandioxid nachweisen. Anlass zur Kritik sehen wir dennoch, denn die Anbieter sollten grundsätzlich auf eine korrekte Deklaration der Inhaltsstoffe achten.
Warum brauchen die Lippen eine besondere Pflege?
Lippenhaut ist sehr dünn und verfügt weder über Talg- noch Schweißdrüsen. Sie kann im Gegensatz zur normalen Haut keinen Film aus Fett und Feuchtigkeit bilden, der sie geschmeidig hält und vor trockener Luft, Kälte und UV-Strahlung schützt. Deshalb sollten wir die Lippen etwa beim Schifahren oder beim Wandern in den Bergen mit geeigneten UV-Filtern schützen. Wie gut die getesteten Stifte und Cremes pflegen, haben wir nicht geprüft, klar ist aber, dass der Fettfilm spröder Haut vorbeugt. Vorteilhaft ist es für die Pflege der Lippen auch, wenn man ausreichend trinkt und nicht ständig mit der Zunge über die Lippen fährt, denn das trocknet die Haut weiter aus.
Machen Lippenpflegemittel süchtig?
In Lippenpflege sind keine Stoffe, die abhängig machen. Da die Produkte aber ein geschmeidiges Hautgefühl erzeugen, kann es sein, dass man die Lippen als unangenehm trocken wahrnimmt und sich die Haut gespannt anfühlt. Das kann dazu führen, dass man aus Gewohnheit immer wieder zu den Produkten greift.
Wie zulässig und korrekt sind Werbeaussagen?
Auf der Verpackung von Kosmetika werden oft viele Behauptungen aufgestellt, um die Verbraucher:innen anzusprechen und dazu zu bewegen, das Produkt zu kaufen. Die Werbeaussagen sind nicht immer wissenschaftlich fundiert. Grundsätzlich sollte jede auf dem Etikett gemachte Angabe begründet werden und plausibel sein. Beliebte Werbeaussagen auf Kosmetika sind: "Hypoallergen", "dermatologisch getestet" oder "parabenfrei".
Hypoallergen
Nach den Leitlinien der Europäischen Kommission darf die Angabe hypoallergen nur dann verwendet werden, wenn das allergene Potenzial eines kosmetischen Mittels möglichst gering ist. Der Hersteller sollte dies nachweisen können, indem er auf verifizierte, wissenschaftlich fundierte und statistisch zuverlässige Daten verweist. Wenn ein kosmetisches Mittel behauptet, hypoallergen zu sein, sollte es keine bekannten Allergene oder Allergenvorläufer enthalten (lesen Sie dazu auch unseren Report zu Allergenen). Allergische Reaktionen können allerdings auch durch Substanzen hervorgerufen werden, die nicht zur Gruppe der bekannten Allergene oder Allergenvorläufer gehören. Die Verwendung der Angabe "hypoallergen"ist deshalb keine Garantie dafür, dass das Risiko einer allergischen Reaktion völlig auszuschließen ist. Deshalb sollte auch nicht der Eindruck erweckt werden, dass es bei der Verwendung niemals zu einer allergischen Reaktion kommen kann.
Dermatologisch getestet
Gemäß den Leitlinien der Europäischen Kommission impliziert die Angabe dermatologisch getestet, dass ein Produkt unter Aufsicht von Dermatolog:innen am Menschen getestet wurde. Je nach Aufmachung der Angabe kann sie sich auch auf eine bestimmte Wirksamkeit oder Verträglichkeit des Produkts beziehen. Studien zur Eigenwahrnehmung der Verbraucher:innen sind nicht geeignet, um solche Angaben zu stützen. Der Terminus "klinisch getestet" bezieht sich auf das Fachwissen, das Verfahren oder die Bedingungen, unter denen die Tests durchgeführt wurden. "Klinisch getestet" bedeutet, dass das Produkt unter der Aufsicht einer medizinisch qualifizierten Fachkraft oder einer anderen wissenschaftlich qualifizierten Fachkraft nach einem klinischen Protokoll oder in einer klinischen Umgebung am Menschen getestet wurde.
Parabenfrei
Parabene sind Konservierungsmittel, um deren Sicherheit es eine Menge Diskussionen gibt. Wenn ein Hersteller behauptet, dass ein Produkt parabenfrei ist, liegt der Verdacht nahe, dass es sich lediglich um einen Marketingtrick handelt, um Verbraucher:innen zum Kauf des Produkts zu bewegen. Der Hinweis bedeutet, dass das Produkt keine Parabene in seiner Zusammensetzung enthält. Er sagt allerdings nichts darüber aus, ob andere Konservierungsstoffe verwendet werden, deren Sicherheit ebenfalls nicht eindeutig geklärt ist. Die Verwendung der Angabe "frei von Parabenen" entspricht nicht den sechs gemeinsamen Kriterien, die in der Verordnung (EU) Nr. 655/2013 der Kommission festgelegt sind: "In Anbetracht der Tatsache, dass alle kosmetischen Mittel sicher sein müssen, ist die Angabe ‚frei von Parabenen‘ nicht akzeptabel, da sie die gesamte Gruppe der Parabene verunglimpft." Sie darf nicht mehr verwendet werden.
Lippenpflegeprodukte in unserem Test
Lippenpflegestift oder -tube:
- Bebe Classic Lippenpflege
- Bee Natural Beeswax Lip Balm Pomegranate
- Bepanthol Regenerierende Lippencreme
- Blistex Agave Rescue
- Carmex Classic Feuchtigkeitsspendender Lippenbalsam
- DM Alverde Naturkosmetik Lippenpflege
- DM balea Sensitive Lippenpflege
- Dr. Hauschka Lippengold
- Eucerin Lip Repair
- Hipp Babysanft Bio Lippen-Pflegestift Sensitiv
- Kneipp Lippenpflege Melisse Kamille
- La Roche Posay Nutritic Lippen
- Labello Original
- Lavera Basis Sensitiv Lippenbalsam
- Lip Smacker Disney Frozen II Lippenpflegestift Stronger Strawberry
- Müller Aveo Lippenpflege Classic
- Neutrogena Lippenpflege
- O’Keefe’s Lipp Repair Unparfümierter Lippenbalsam
- Oyess Hallo! Ich bin Honey
- Rituals Repair Soothing Lipbalm
- Rossmann Isana Lippenpflege Classic
- The Body Shop Lip Care Stick Almond Milk
- Vaseline Lip Therapy Original Lip Balm
- Vichy Naturalblend Feuchtigkeitsspendender Lippenbalsam
- Weleda Everon Lippenpflege
- Yves Rocher Pflegender Lip Balm à la Noix de Coco
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Das bietet der aktuelle Test von Lippenpflegeprodukten
Wir haben 26 Produkte für die Lippenpflege getestet. Welcher Lippenpflegestift ist frei von Mineralölbestandteilen? Der Test bietet werbefreie, unabhängige Testergebnisse.
So haben wir getestet
Im Test sind 26 Lippenpflegeprodukte, davon 6 mit Naturkosmetiksiegel.
Mineralölbestandteile: Die Produkte wurden auf die Mineralölbestandteile Mineral Oil Saturated Hydrocarbons (MOSH) und Mineral Oil Aromatic Hydrocarbons (MOAH) geprüft. MOSH-ähnliche synthetische Kohlenwasserstoffe wurden dabei miterfasst. Waren MOAH bestimmbar, lieferte ein spezielles Verfahren zusätzliche Informationen über deren Struktur. In keinem Produkt waren MOAH nachweisbar.
Titandioxid: In Produkten, die Titandioxid in der Inhaltsstoffliste nennen, wurde der Gehalt an Titandioxid überprüft. In keinem Produkt war Titandioxid nachweisbar.
Auf gutem Weg
TEST Lippenpflege - Seit Jahren kritisieren wir, dass in Lippenpflegeprodukten oft Mineralölbestandteile verarbeitet werden. Nun haben viele Anbieter ihre Rezepturen geändert und bieten mineralölfreie Produkte an.
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Testergebnisse Lippenpflege
Biene7, 26. Oktober 2023, 10:10
eine Frage hätte ich: in der Tabelle gibt es nur mehr ein "empfehlenswertes Produkt ohne .....", aber keine Punkte mehr.
Bitte nachreichen, die Tabelle ohne Reihung ist ziemlich nutzlos, vielen lieben Dank im Voraus,
lG,
Sabine