Heute haben wir den EU-Behörden irreführende Werbeaussagen zum Thema Recycling gemeldet, die große Lebensmittelkonzerne wie Coca-Cola, Danone oder Nestlé auf ihren Trinkwasserflaschen verbreiten.
Für den österreichischen Markt wurde exemplarisch die Coca-Cola-Tochter Römerquelle untersucht. Wir haben uns darüber hinaus auch Vöslauer und Waldquelle genau angesehen.
Unsere Forderung: Untersuchung einleiten!
Wir, das ist der VKI gemeinsam mit 12 weiteren europäischen Konsumentenschutzorganisationen unter der Federführung unseres Dachverbandes BEUC. Nach unserer Analyse entsprechen solche Aussagen nicht den EU-Vorschriften über unlautere Geschäftspraktiken. Die BEUC hat nun Beschwerde bei der Europäischen Kommission und dem Netzwerk für Zusammenarbeit im Verbraucherschutz (CPC – mehr dazu weiter unten) eingereicht und sie aufgefordert, eine Untersuchung einzuleiten.
Die Behörden müssen dafür Sorge tragen, dass die Hersteller die Verbraucher:innen nicht mehr mit solchen grünen Behauptungen täuschen.
Drei bedenkliche Behauptungen
In einer groß angelegten Untersuchung haben wir analysiert, wie es um grüne Werbeversprechen rund ums Thema Recycling bei Trinkwasserflaschen bestellt ist. Sind sie glaubwürdig und plausibel? Nicht wirklich.
Drei grüne Behauptungen bzw. Muster sind europaweit wiederkehrend und wir stufen sie als besonders bedenklich ein:
„100 % recycelbar“
Haben Sie auf einem Buchcover schon einmal den Hinweis „100 % recycelbar“ gelesen? Auch wir könnten diesen Slogan auf dem KONSUMENT-Magazin platzieren. Tun wir aber nicht. Welchen Mehrwert hätten Verbraucher:innen von so einer Botschaft? Wenig bis gar keinen.
Gerade bei Einweg-Plastikflaschen hängt dieser mehrdeutige Begriff von ganz vielen unterschiedlichen Faktoren ab. Zum Beispiel von der Infrastruktur zur Materialsammlung, der Effizienz des Sortierverfahrens oder geeigneten Recyclingverfahren. Schätzungen zufolge liegt die Recyclingrate für PET-Flaschen in der EU bei nur 55 % und die Wahrscheinlichkeit, dass daraus wieder eine Flasche wird, bei etwa 30 %. Vöslauer und Waldquelle werben mit diesem Slogan.
„100 % recycelt“
Diese Behauptung besagt irreführenderweise , dass die gesamte Flasche vollständig aus Recyclingmaterial besteht. Tatsache ist, dass die Flaschenverschlüsse nach EU-Recht gar nicht aus Recyclingmaterial hergestellt werden dürfen und auch die Etiketten selten aus recyceltem Material bestehen.
Um gleichbleibende Produktqualität zu gewährleisten, ist es außerdem gängige Praxis, dem Flaschenkörper neuen (d. h. nicht recycelten) Kunststoff beizumischen.
Römerquelle wirbt mit „Zu 100 % aus recycelten PET-Flaschen“. Nur im Kleingedruckten ist zu lesen „Bezieht sich nicht auf Etikett und Verschluss“. Auch Vöslauer wirbt mit 100 % rezykliert. Auf Nachfrage verweist das Unternehmen auf den sogenannten Massenbilanzansatz. Das ist, pointiert gesagt, ein Buchhaltungstrick: Vöslauer darf so viele PET-Flaschen als recycelt vermarkten, wie das Unternehmen zuvor an Rezyklat eingekauft und verarbeitet hat. Die einzelne Flasche besteht somit allerdings nicht aus 100 % Recyclingmaterial.
Grüne Symbolik
Geschlossene Kreisläufe, grüne Logos oder Naturbilder werden für das Branding vieler Wasserflaschen in Europa verwendet. Diese grüne Symbolik vermittelt irreführenderweise Umweltneutralität, endlose Kunststoffkreisläufe und kann sogar den Eindruck erwecken, die Flaschen hätten positive Auswirkungen auf die Umwelt.
Warum ist diese Aktion wichtig?
In Europa werden pro Jahr und Person durchschnittlich 118 Liter Wasser aus Flaschen getrunken. 97 Prozent davon sind Plastikflaschen. Und leider: Viele dieser Flaschen werden nicht recycelt. Sie verschmutzen Wälder, Flüsse und landen oft im Meer. Einwegplastikflaschen sind eines der größten Müllprobleme an Europas Stränden.
Und wer offensiv und simplifizierend mit Plastikflaschen-Recycling wirbt, der will genau diese Bilder von vermüllten Stränden nicht in den Köpfen potenzieller Kund:innen entstehen lassen. Sondern irreführenderweise suggerieren, dass ein unendliches Recycling von Plastikflaschen möglich oder bereits Realität ist.
CPC-Netz: Kennt keine Grenzen
Beim CPC-Netz (Consumer Protection Cooperation) handelt es sich um ein Kooperationsnetzwerk der Verbraucherschutzbehörden aller Länder des Europäischen Wirtschaftsraumes. Diese können gemeinsam gegen (grenzüberschreitende) Verstöße im Bereich des Verbraucherschutzes vorgehen.
Das CPC-Netz besteht seit fast 20 Jahren. Rechtliche Basis bildet seit 2017 die EU-Verordnung 2017/2394 über die Zusammenarbeit zwischen den für die Durchsetzung der Verbraucherschutzgesetze zuständigen nationalen Behörden.
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