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Weingarten mit roten Trauben
Das Wein-Gütesiegel "Nachhaltig Austria" ist intransparent. Es fehlen klare Mindestanforderungen. Bild: Lukasz_Szwaj/Shutterstock

Greenwashing: Wein-Gütesiegel "Nachhaltig Austria"

Das Wein-Gütesiegel „Nachhaltig Austria“ deckt zwar eine Vielzahl von Kriterien ab, doch das Ganze ist intransparent und es fehlen klare Mindestanforderungen, wie es sie etwa beim Bio-Label gibt.

Was uns stutzig gemacht hat

"Weingenuss mit Verantwortung“. Das Güte­siegel „Nachhaltig Austria“ des Öster­reichischen Weinbauverbandes verspricht ­Genuss ohne schlechtes Gewissen, denn die zertifizierten Betriebe übernehmen, wie es heißt, Verantwortung „für unser Klima, unsere Ressourcen und natürlich auch für die ­Menschen“. In Medienkommentaren kam dies teilweise gar nicht gut an. Wer sich näher mit der Sache beschäftigte, konnte nämlich dahinterkommen, dass nicht einmal der Einsatz schädlicher Pesti­zide einer Verleihung des Nachhaltigkeitssiegels im Wege steht.

Da drängt sich natürlich die Frage auf, was der Weinbauverband unter Nachhaltigkeit versteht. Und ob es sich bei „Nachhaltig Austria“ um ein glaubwürdiges Gütesiegel handelt oder nicht.

Der Check

Laut Verband werden mehr als 340 Aktivitäten betrachtet. Besonders positiv bewertet würden beispielsweise der Verzicht auf Pestizide, die Reduktion von Treibhausgasen, die Anlegung von ­Bio­diversitätsflächen, aber auch soziale Standards wie ein „gerechter Lohn“. Jedes ­Kriterium werde auf einer Skala von –10 bis +10 bewertet und alle von einem Betrieb erreichten Punkte würden in 9 Bereichen (von Klima über Boden und Wasser bis ­Soziales) zusammengefasst. So könne jeder Betrieb auf einen Blick sehen, wo er im ­Vergleich zu anderen Betrieben stehe, wo der Verbesserungsbedarf am größten sei.

Ein ausgefeiltes und fundiertes System, ­gewiss. Nur leider ist es für Außenstehende völlig undurchsichtig. Die Kriterien werden zwar auf der Homepage aufgelistet, doch was eine Muss- und was eine Soll-Bedingung darstellt, erfährt man ebenso wenig wie, welche Schwellenwerte erreicht ­werden müssen, um das Gütesiegel zu bekommen. Auffällig viele Kriterien sind sehr schwammig formuliert; häufig ist die Rede von „anstreben“, „erwägen“, „bevorzugen“ oder „vermeiden“.

Eindruck: für ­jeden Betrieb locker erfüllbar

So wird beispielsweise unter dem Punkt Maschinen­einsatz gefordert, man solle Rapsöl aus ­regionalem Anbau erwägen. Wenn der Betrieb nach kurzer Überlegung zum Schluss kommt, das mit dem Rapsöl lieber sein zu lassen – wird er dann dafür (für das bloße Erwägen) schon mit Pluspunkten belohnt? Nein, so ist es natürlich nicht gemeint. Dennoch bleibt für Konsumenten der Eindruck bestehen, dass die Kriterien unverbindlich und für ­jeden Betrieb locker erfüllbar sind. Nach Angaben des Weinbauverbandes handelt es sich bei dem Bewertungssystem ja auch um ein Beratungs- und Lerntool für die ­Betriebe, die auf diese Weise Schritt für Schritt zu nachhaltigem Wirtschaften erzogen werden sollen. Das ist ohne Zweifel ­eine wichtige Zielsetzung, aber Konsumenten erwarten sich von einem Gütesiegel, dass nur jene Betriebe damit ausgezeichnet werden, die bereits Mindeststandards ­erreicht haben – und nicht solche, die erste Gehversuche unternehmen.

Was sagt der Weinbauverband dazu?

Der Weinbauverband betont, dass das ­Siegel „Nachhaltig Austria“ mit renom­mierten österreichischen Wissenschafts­institutionen wie SERI oder der Universität für Bodenkultur entwickelt wurde. Die ­Zertifizierung sei bewusst keine Auflistung von Geboten und Verboten, sondern es ­würden über 340 Einzelmaßnahmen von ­Experten auf ihre ökologischen, sozialen oder ökonomischen Auswirkungen beurteilt und kontrolliert. Es sei klar, dass nicht alle Maßnahmen von den Betrieben erfüllt werden könnten. Aber die Schwellenwerte für die Zertifizierung würden laufend verschärft. Überdies wird nach der ­Konfrontation durch den VKI eine verbesserte externe Kommunikation in Erwägung gezogen.

Die ausführliche Stellungnahme finden Sie als Download unten.

Fazit: Hält das grüne Versprechen?

Auf Anfrage hat uns der Verband den vollen Zugang zum Bewertungssystem ermöglicht. So konnten wir feststellen, dass die Kriterien tatsächlich wissenschaftlich fundiert sind und glaubwürdig überprüft werden. Der große Schwachpunkt bleibt aber die mangelnde Transparenz – in Kombina­tion mit den unklar formulierten und nicht nachvollziehbaren Mindestanforderungen. Eigentlich schade, weil sich das Nachhaltigkeitssiegel damit unter seinem Wert verkauft. Extern klar kommunizierte Schwellenwerte für zumindest einzelne Bereiche wären wünschenswert. Zu begrüßen wäre es darüber hinaus, die Erfüllung von Bio-­Kriterien zur Voraussetzung für das Nachhaltigkeitssiegel zu machen (aktuell sind bloß 15 % der „Nachhaltig Austria“-Weingüter bio-zertifiziert). So könnte verhindert werden, dass ein Betrieb durch eifriges Punktesammeln in den unterschiedlichsten Bereichen zu einer Zertifizierung kommt, ohne Mindestanforderungen in zentralen Bereichen zu erfüllen. Dann könnte es auch nicht mehr passieren, dass ein Betrieb, der problematische Pestizide spritzt, das Nachhaltigkeitssiegel erhält, weil er etwa Strom aus erneuerbarer Energie bezieht.

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