Greenwashing: Spar - kommt "von dahoam nur das Beste"?
Ein Regionalprogramm von Spar wirbt mit „mehr Nachhaltigkeit“. Das lässt bei uns die Alarmglocken schrillen.
Was uns stutzig gemacht hat
Eine Konsumentin meldete sich mit der Vermutung bei uns, Spar betreibe mit der Initiative „Von dahoam das Beste“ Greenwashing. Der konkrete Anlass: In einem Flugblatt suggeriere Spar, dass lokale Weinproduzenten nur zwei bis fünf Kilometer entfernt vom Verkaufsort (also einem Spar-Supermarkt) produzieren würden. Das spare Transportwege, war am Flugblatt zu lesen. Die Konsumentin mutmaßte, dass die Winzer nicht direkt in die Filialen liefern, sondern wohl eher in ein Zentrallager. Dann wären die Kilometerangaben geschönt. Da Spar in seinem „Von dahoam das Beste“-Programm darüber hinaus mit „mehr Nachhaltigkeit“ wirbt, wollen wir hier nun klären, was es mit dem Regionalitätsversprechen auf sich hat.
Der Check: Regionalität
Regionalität, das weckt Bilder im Kopf! Von grünen Wiesen, frei laufenden Tieren und rauschebärtigen Bauern. Mit Regionalität wird deshalb nur allzu gern geworben. Faktum ist freilich, dass Regionalität ein vager Begriff ist. Im Grunde versteht jeder etwas anderes darunter, eine einheitliche Definition gibt es nicht. Eine Region kann ein nationaler oder ein staatenübergreifender Teilraum sein, also zum Beispiel ein Bundesland, ein Natur- oder Landschaftsraum (wie Wachau, Seewinkel) oder eine kleinere Raumeinheit mit kulturell-historisch verbindendem Hintergrund. Nostalgisch kann darunter die Gegend verstanden werden, die vom Kirchturm aus überblickt wird. Wie gesagt, alles sehr vage, aber alles prinzipiell positiv besetzt. Das wird von Marketingstrategen natürlich weidlich ausgenutzt.
Bedeutet Regionalität Nachhaltigkeit?
Unsauber wird es, wenn Regionalität mit Nachhaltigkeit gleichgesetzt wird. Und das macht Spar im vorliegenden Fall. Zwar konnte Spar glaubhaft darstellen (und auch ein Gegencheck unsererseits hat es bestätigt), dass die bei „Von dahoam das Beste“ gelisteten Produkte nur regional angeboten werden. Für Produzenten ist eine Teilnahme am Programm nicht möglich, wenn sie ihre Produkte österreichweit vertreiben wollen. Aber Regionalität und Nachhaltigkeit sind nicht die zwei Seiten ein und derselben Medaille. Denn Regionalität sagt nichts über die Produktionsbedingungen aus. Lokale Speckproduzenten z.B. können ihre Schweine mit Soja aus Brasilien mästen, der Speck ist immer noch regional. Lokale Gemüsebauern können ihre Pflanzen mit problematischen Substanzen düngen, das Gemüse ist immer noch regional. Aber nachhaltig ist das freilich nicht.
Rohstoffe aus der Region
Ein Produkt kann nur dann wirklich regional sein, wenn auch die Ausgangsrohstoffe regional bezogen werden und die Veredelung bzw. Verarbeitung ebendort erfolgt. Die diesbezügliche Vorgabe bei „Von dahoam das Beste“ lautet: „Die Rohstoffe müssen mindestens zum überwiegenden Teil aus dem unmittelbaren Umfeld oder der Region kommen.“ Da ist noch Luft nach oben, finden wir. Regional ist darüber hinaus nicht gleichzusetzen mit bio. Bei „Von dahoam das Beste“ haben nur 10 Prozent der gelisteten 7.000 Produkte Bio- Qualität. Auch da ist noch sehr viel Luft nach oben.
Kurze Wege
Und wie schaut es mit den von Spar ins Treffen geführten kurzen Wegen aus? Wenn wir die gesamte Ökobilanz eines Konsumgutes betrachten, hat der Transport oft nur eine untergeordnete Bedeutung – bei der Herstellung „passiert“ schon viel, viel mehr Negatives. Das trifft vielfach auch bei der Weinproduktion zu. Insofern ist es einerlei, ob die im Spar-Flugblatt genannten Wegstrecken auch auf den letzten Kilometer genau sind oder nicht.
Von dahoam das Beste
Was sagt Spar dazu?
Auf unsere detaillierten Fragen hat Spar schnell und ausführlich geantwortet. Zum Thema Logistik zum Beispiel so: „Viele Produkte werden wirklich direkt vom Hersteller in den jeweiligen Markt geliefert. Manche aber auch über eine Regionalzentrale.“ Die ausführliche Antwort lesen Sie unten unter Download.
Fazit. Hält das grüne Versprechen?
Vertane Chance
In Summe: nein. Man könnte „Von dahoam das Beste“ auch als vertane Chance bezeichnen. Spar informiert zwar transparent und hat eine klare unternehmensinterne Idee davon, was Regionalität bedeutet. Mit ambitionierteren Vorgaben bei den Themen „bio“ und „Herkunft der Rohstoffe“ könnte das Programm aber weitaus mehr Impact erzielen als derzeit. Die Bewerbung mit „mehr Nachhaltigkeit“ muss besonders kritisch gesehen werden. Denn ein regional erzeugtes und vermarktetes Produkt ist nicht automatisch nachhaltig.
Download: Stellungnahme von Spar
Cartoon
Hier unser Cartoon von Robert Scheifler (Rosch) zum Thema Greenwashing
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Greenwashing-Check: alle Beispiele
https://vki.at/greenwashing-check-haelt-das-gruene-versprechen/5610