- Versorgung mit Folsäure ist unzureichend
- Besonders Frauen mit Kinderwunsch unterversorgt
- Kosten für Folsäurepräparate hoch
Gravierende Folgeschäden durch Folsäuredefizit
Der Ernährungsbericht des Bundesministeriums für Gesundheit, Familie und Jugend weist für Österreich eine ungenügende Versorgung mit Folsäure aus. Sowohl Erwachsene als auch Kinder nehmen deutlich weniger zu sich, als Experten empfehlen. Ein Folsäuredefizit hat insbesondere Auswirkungen auf die roten und weißen Blutkörperchen sowie die Darmschleimhaut. Hauptsymptom ist eine besondere Form der Blutarmut (Megaloblastische Anämie).
Die gravierendsten Folgen treffen allerdings werdende Mütter mit Folsäuremangel: Ein bis zwei Promille der Neugeborenen kommen mit schweren Schäden am Zentralnervensystem zur Welt. Schätzungen zufolge werden in Österreich jährlich 100 Kinder mit sogenannten Neuralrohrdefekten lebend geboren – die Schwangerschaften, die nach entsprechender Diagnose abgebrochen werden, sind dabei nicht mit berücksichtigt. Tritt der Tod des Fötus in einem frühen Schwangerschaftsstadium auf, wird dies statistisch nicht erfasst. Neuralrohrdefekte äußern sich in Missbildungen der Wirbelsäule, des Rückenmarks und des Gehirns, wobei ein offener Rücken (Spina bifida) und das Fehlen ganzer Gehirnteile (Anenzephalie) am häufigsten sind.
Bereits vor der Empfängnis
Das Leid ließe sich deutlich reduzieren, würden nicht nur Schwangere, sondern bereits Frauen mit Kinderwunsch mehr Folsäure zu sich nehmen. Denn um Neuralrohrdefekten wirksam vorzubeugen, muss ein Folsäurepräparat bereits vor der Empfängnis sowie während des ersten Drittels der Schwangerschaft eingenommen werden, zu einer Zeit also, in der die Frau oft noch gar nicht weiß, dass sie ein Kind erwartet.
Hoher Aufklärungsbedarf
Nicht nur bei medizinischen Laien, sondern auch bei so manchem Gynäkologen scheint Aufklärungsbedarf zu bestehen, denn nicht alle Frauen, die ein Baby möchten, bekommen von ihrem Arzt rechtzeitig ein Präparat empfohlen. Ernährungsgesellschaften und Gesundheitsorganisationen fordern deshalb, Mehl mit Folsäure anzureichern. In Österreich liegt dazu ein Gesetzentwurf aus dem Jahr 2006 vor.
Was sich in den USA und in Kanada bewährt hat, sieht man in Europa aber kritisch: Speziell für Veganer, Epileptiker und ältere Menschen, die ein erhöhtes Risiko für einen Vitamin-B12-Mangel haben, ist ein Zuviel an Folsäure schädlich. Massive Überdosierungen können zudem zu Verdauungs- und Schlafstörungen führen. Viele Lebensmittel wie Multivitaminsäfte, Früchtetees, Frühstückszerealien, Süßigkeiten und Joghurts sind bereits mit Folsäure angereichert. Sie ist in Kohlgemüse, grünen Blattsalaten, Spinat, Tomaten, Hülsenfrüchten, Nüssen, Orangen, Sprossen, Keimen, Vollkornprodukten und Eiern enthalten. In der Frühschwangerschaft ist es allerdings auch bei gesunder Ernährung kaum möglich, den Folsäurebedarf über „natürliche“ Quellen zu decken, deshalb sind gerade dann Nahrungsergänzungspräparate sinnvoll.