Ungenießbare Buchstabensuppe
Die per Gesetz beim Abschluß auszuhändigenden
Vertragsbedingungen sind jedenfalls nicht ausreichend. So wie der Großteil davon
derzeit gestaltet ist, geht nur selten klar hervor, was tatsächlich versichert
ist und was nicht. So klagten denn auch 29 Prozent jener Fragebogenausfüller,
deren Ansprüche nur teilweise oder gar nicht befriedigt wurden, über
unverständliche beziehungsweise mißverständlich formulierte Vertragsbedingungen.
Und das, obwohl die Einsender nicht gerade zur wirtschaftlich und rechtlich
völlig unbedarften Klientel zählen: Gut die Hälfte der Teilnehmer an der
Leserlobby sind Maturanten oder Hochschulabsolventen und unterscheiden sich
durch ein höheres Einkommen und eine höhere Schulbildung vom
Bevölkerungsquerschnitt. 39 Prozent aller Fragebogen-Einsender gaben weiters an,
nur die wichtigsten Vertragsinhalte zu lesen und sich die
Versicherungsbedingungen lieber vom Berater erklären zu lassen, 25 Prozent
vertrauen überhaupt voll und ganz ihrem Betreuer oder Makler.
Der Berater wird’s schon richten
Wenn es dann um die Bezahlung des Schadens geht, schlägt die
Stunde der Wahrheit: In 62 Prozent aller Fälle wurden die Schäden
beziehungsweise Reparaturen zur Gänze ohne weitere Diskussion bezahlt, bei 6
Prozent ebenfalls zur Gänze, aber aufgrund von Kulanz; zu einer teilweisen
Bezahlung kam es in 13 Prozent aller Fälle, zu einer solchen aufgrund von Kulanz
in 6 Prozent, und gar nicht bezahlt wurde in 12 Prozent aller Fälle (siehe
Grafik). Nicht unerwartet zeigte sich dabei, daß kleinere Schadenssummen bis zu
10.000 Schilling eher anstandslos bezahlt werden als größere und daß die eigenen
Versicherer grundsätzlich zahlungsbereiter als „fremde“ Institute
sind.
Tatsächlich waren die Versicherungsnehmer mit der Schadensabwicklung
durch ihren Versicherungsbetreuer oder Makler weitaus zufriedener als mit jener
durch den Schadensreferenten der Versicherungsgesellschaft. Das dürfte zu einem
Gutteil damit zusammenhängen, daß der persönliche Betreuer eher wenigstens eine
Kulanzlösung herbeiführen kann, als das beim Schadensreferenten oder gar bei
einem Alleingang der Fall ist. Nach Aussage der Leserlobby-Teilnehmer lief die
Schadensabwicklung jedenfalls nicht so gut, wenn sie selbst Geld vom Versicherer
eintreiben wollten.
Da überrascht das geringe Vertrauen in Versicherungen
nicht mehr so sehr: Offenbar kommt es bei der Frage „Schadenersatz oder nicht“
in erster Linie darauf an, daß man einen gewieften, durchsetzungsfähigen
Betreuer hat – und das schafft in Wahrheit eine äußerst unangenehme, weil
unklare Situation für den Kunden.
Die Wünsche der Teilnehmer
Der Ball liegt nun bei den Versicherungsgesellschaften. Statt
mit Kulanzlösungen herumzuspielen, sollten klare, unmißverständliche Konditionen
festgelegt werden. Und wenn die Kunden nicht über kurz oder lang nur noch von
unabhängigen Versicherungsmaklern mit deren Best-advice-Prinzip („Das für den
Kunden individuell günstigste Angebot auf dem Markt“) betreut werden sollen,
gilt es zu handeln: Gefragt ist umfassende Information – also auch über
Leistungsausschlüsse! – statt verkaufsorientierter Beratung und eine Form der
Kommunikation, die der Kunde nicht nur versteht, sondern die ihm auch das Gefühl
vermittelt, wirklich informiert zu sein. Vertrauensbildende Maßnahmen nennt sich
das in der Politik.