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Verlassenschaft - Geld zurück vom Staat

Auch für einen Verstorbenen ist eine Arbeitnehmerveranlagung möglich. Je nach Verdienstlage zu Lebzeiten fällt die Steuergutschrift für die Erben unterschiedlich hoch aus.

Fall 1: Hubert Nowotny, 45, arbeitet als Installateur. Im April 2009 verunglückt er bei einem Autounfall tödlich. Seine Frau Elvira steht mit ihrer fünfjährigen Tochter alleine da.

Fall 2: Herta Blau, geschieden, ist nach 45 Jahren als Buchhalterin Anfang 2008 in Pension gegangen. Ihr einziger Sohn Gustav findet sie im Juni 2009 in ihrem Haus tot am Fußboden.

Psychische Belastung

Trauer und finanzielle Sorgen Jeder Todesfall ist für die Hinterbliebenen eine große psychische Belastung. In den Schmerz des Abschiednehmens mischen sich aber oft auch finanzielle Sorgen. Die Betriebskosten für das Haus von Frau Blau laufen weiter. Frau Nowotny muss das Begräbnis ihres Mannes organisieren und bezahlen, seine Versicherungen stornieren und selbst an Kleinigkeiten wie Zeitschriftenabos denken. Die Kosten schmerzen umso mehr, als Elvira Nowotny seit der Geburt ihrer Tochter nicht mehr berufstätig war. Wie schnell eine 43-jährige Frau bei der derzeitigen Wirtschaftslage wohl einen Job findet?

Unerwartete Hilfe

Zumindest eine kleine finanzielle Hilfe können beide Erben von ganz unverhoffter Seite erwarten: vom Finanzamt. Nämlich dann, wenn Elvira Nowotny und Gustav Blau für ihre Verstorbenen eine Arbeitnehmerveranlagung abgeben. Selbst wenn dies auf den ersten Blick vielleicht geschmacklos erscheint: Diese kleine Formalität kann sich bezahlt machen!

Wechselnde Gehaltsstufen

Wechselnde Gehaltsstufen 

Der Hintergrund: Löhne, Gehälter und Pensionen werden zunächst so besteuert, als ob der monatliche Verdienst das ganze Kalenderjahr hindurch in der gleichen Höhe bestehen bleiben würde. Doch in der heutigen Arbeitswelt ist das immer seltener der Fall: In Spitzenzeiten fallen Überstunden an, die für Monate mit höherem Einkommen (und höherer Steuerlast) sorgen. Ein Arbeitnehmer wechselt den Job – und damit auch die Gehaltsstufe. Dazwischen liegen vielleicht Zeiten von Arbeitslosigkeit.

Eine Veranlagung, die sich sicher lohnt

Über die tatsächlichen Einkünfte weiß man erst am Ende des Jahres Bescheid. Bei einer Arbeitnehmerveranlagung (früher: Jahres Sonderausgaausgleich) wird die Einkommensteuer auf Basis genau dieser tatsächlichen Einkünfte noch einmal berechnet. So werden Verdienstschwankungen ausgeglichen.

Negativsteuer

Auch für Arbeitnehmer mit niedrigem Einkommen lohnt sich die Arbeitnehmerveranlagung: Vor allem Alleinerzieher, Alleinverdiener, Teilzeitbeschäftigte oder Lehrlinge, die keine Lohnsteuer zahlen, können sich auf diesem Weg die so genannte Negativsteuer vom Finanzamt zurückholen. Von einer Arbeitnehmerveranlagung profitieren besonders jene, deren Arbeitsverhältnis während des Jahres unterbrochen wurde. Auch der traurige Fall des Todes ist aus Steuersicht eine Unterbrechung des Arbeitsverhältnisses. Für Elvira Nowotny ist diese vielleicht eigenwillig anmutende Ansicht bares Geld wert. Ebenso für Gustav Blau, denn die Regelung gilt auch für Pensionisten.

Höhe der Rückzahlung unterschiedlich

Die Höhe der Rückzahlung, die man sich als Erbe vom Finanzamt erwarten darf, ist von Fall zu Fall sehr unterschiedlich. Frau Nowotny kann sich etwas mehr erhoffen, da ihr Mann in den Monaten Jänner bis April gut verdient und entsprechend viel Einkommensteuer vorausbezahlt hat. Herr Blau wird zwar auch eine Gutschrift erhalten, jedoch eine kleinere. Seine Mutter hat als ehemalige Buchhalterin eine Pension knapp über der Steuerpflichtigkeits-Grenze von derzeit rund 1.100 Euro bezogen. Eine größere Gutschrift gibt es in jedem Fall dann, wenn absetzbare Ausgaben angefallen sind.

Was abgesetzt werden kann

Was abgesetzt werden kann

Alle Ausgaben, die im Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit im gleichen Kalenderjahr bezahlt wurden (Werbungskosten) können abgesetzt werden. Frau Blau war als Pensionistin bereits aus dem aktiven Erwerbsleben ausgeschieden, damit entfallen bei ihr die Werbungskosten. Bei Herrn Nowotny ist diese Regelung aber sehr wohl relevant, denn er hatte schon in den ersten Monaten des Jahres einige berufliche Ausgaben getätigt:

  • Arbeitskleidung – ein selbst gekaufter Monteuranzug;
  • Arbeitsmittel – selbst angeschafftes Werkzeug für die Arbeit;
  • Reisekosten zu Kunden, die der Arbeitgeber nicht ersetzt hat (Fahrtkosten von und zur Arbeitsstelle zählen jedoch nicht);
  • Büromaterial – das Kalenderbuch für seine Stundenaufzeichnungen;
  • Fortbildung – im Jänner besuchte Herr Nowotny auf eigene Kosten einen Kurs über Wärmepumpen.

Glück im Unglück

Glück im Unglück für Frau Nowotny: Ihr Gatte hat alle Belege über die Anschaffungen sorgfältig geordnet und aufbewahrt. Werbungskosten wirken sich übrigens nur dann steuermindernd aus, wenn sie insgesamt mehr als 132 Euro betragen. Neben den Werbungskosten werden auch spezielle private Ausgaben (Sonderausgaben und außergewöhnliche Belastungen) steuerlich begünstigt. Sonderausgaben sind etwa:

  • Zusatzversicherungen (Achtung: Bereits staatlich geförderte Pensionsprodukte können im Rahmen der Arbeitnehmerveranlagung nicht zusätzlich abgesetzt werden!)
  • Ausgaben für Wohnraumschaffung;
  • Kauf von Jungen Aktien.

Diese drei Kategorien werden in einen Topf geworfen. Der Höchstbetrag liegt insgesamt pro Person jährlich bei 2.920 Euro, bei Alleinverdienern wie Herrn Nowotny oder bei Alleinerziehern sogar bei 5.840 Euro. Ab drei Kindern wird der Betrag noch höher. Absetzbar ist jedoch nur ein Viertel des Höchstbetrages.

Weitere Sonderausgaben

Weitere Sonderausgaben außerhalb dieses Topfes sind:

  • Steuerberatungskosten;
  • Kirchenbeiträge;
  • Spenden an Organisationen, die in der Liste der begünstigten Spendenempfänger aufscheinen.

Außergewöhnliche Belastungen

Außergewöhnliche Belastungen 

Als außergewöhnliche Belastungen gelten z. B.:

  • Krankheitskosten – wie viel unter diesem Punkt absetzbar ist, ist von Krankheit zu Krankheit unterschiedlich. Meistens gilt ein Selbstbehalt, der umso größer ist, je mehr man verdient.
  • Ausbildungskosten für die Kinder, wenn sie eine Ausbildung machen, die nicht am Wohnort möglich ist (werden jedoch nur teilweise berücksichtigt!)
  • Auch Begräbniskosten stellen außergewöhnliche Belastungen dar, sofern sie nicht durch den Nachlass gedeckt sind. Achtung: Die Begräbniskosten dürfen nur in der Arbeitnehmerveranlagung der Erben berücksichtigt werden, nicht in jener des Verstorbenen. Somit kann z.B. Herr Blau die Kosten für das Begräbnis seiner Mutter in seiner eigenen Arbeitnehmerveranlagung angeben.
  • Seit 2009 sind Kinderbetreuungskosten bis zu 2.300 Euro pro Kind und Jahr absetzbar.

Finden sich in den Papieren des Verstorbenen Aufzeichnungen über solche Sonderausgaben und außergewöhnliche Belastungen, können sie ebenfalls beim Finanzamt geltend gemacht werden.

Erbe macht die Arbeitnehmerveranlagung

Da Frau Blau und Herr Nowotny beide kein Testament hinterlassen haben, kommt es zur gesetzlichen Erbfolge. Frau Nowotny erbt ein Drittel, zwei Drittel gehen an die gemeinsame Tochter. Gustav Blau ist der einzige Nachkomme von Herta Blau und somit Alleinerbe. Frau Nowotny und Herr Blau machen die Arbeitnehmerveranlagung, unterschreiben sie und reichen sie für „die Verlassenschaft nach Hubert Nowotny“ bzw. „nach Herta Blau“ ein. Das Finanzamt verlangt zusätzlich eine Bestätigung, dass die beiden die zeichnungsberechtigten Erben sind, was besonders bei mehreren Erben wichtig ist.

Zeitspanne zur Beantragung

Die Arbeitnehmerveranlagung kann frühestens nach Ablauf des Todesjahres gemacht werden, in unseren Fallbeispielen also im Jänner 2010. Jeder Erbe (und natürlich auch jeder Steuerpflichtige) hat aber fünf Jahre Zeit, die Arbeitnehmerveranlagung nachzuholen.

Höhe der Steuerrückzahlung

Ein Steuerberater kann das zu erwartende Guthaben bereits im Voraus berechnen. Somit ist schon vor Beendigung der Verlassenschaft klar, wie viel noch vom Finanzamt zu erwarten ist. Auch dieser Betrag kann dann bei der Aufteilung des Erbes berücksichtigt werden. Wie gesagt: Wie hoch die Steuerrückzahlung tatsächlich ausfällt, ist von Fall zu Fall höchst unterschiedlich. Selbst wenn die Arbeitnehmerveranlagung wider Erwarten gar nichts bringt: Sie kostet garantiert nichts! Sollte es zu einer Steuernachzahlung kommen, können die Erben den Antrag für gegenstandslos erklären.

Zusammenfassung

Verlassenschaft: Kompetent mit "Konsument"
  • Geld zurück. Auch nach einem Todesfall ist eine Arbeitnehmerveranlagung möglich. Sie kann frühestens nach Ablauf des Todesjahres gemacht werden.
  • Erbe reicht ein. Nur der Erbe kann die Rückzahlung von zuviel bezahlten Steuern beantragen. Bei mehreren Erben ist eine Bestätigung erforderlich, wer zeichnungsberechtigt ist.
  • Rückzug erlaubt. Droht statt einer Steuergutschrift eine -vorschreibung, kann der Antrag ohne Probleme für gegenstandslos erklärt werden.

Interview

Eine Mühe, die sich lohnt

"Konsument“ sprach mit Mag. Daniela Fürnkranz und Mag. Michaela Wiesner von der Wiener Steuerberatungskanzlei „Steuer & Service“.

Ist eine Arbeitnehmerveranlagung bei Verstorbenen, die z.B. nur eine kleine Pension bezogen haben, überhaupt sinnvoll?
Wenn die Steuerbemessungsgrundlage (Bruttobezug minus Sozialversicherungsbeitrag) für das ganze Jahr unter 11.000 Euro liegt, kommt es zu keiner Gutschrift, da alle Einkünfte bis zu 10.000 Euro (seit 2009: 11.000 Euro) ohnehin steuerfrei sind. Der Richtwert, ab dem eine Arbeitnehmerveranlagung möglich ist, liegt daher bei etwa 1.000 Euro netto pro Monat. Wenn Sie unsicher sind: Fragen Sie bei einem Steuerberater nach. Für eine kurze Frage am Telefon wird nichts verrechnet.

Steuerberater machen auch eine Vorausberechnung der zu erwartenden Gutschrift. Was kostet das?
Das hängt vom Umfang und der Aussagekraft der Unterlagen ab. Je besser die Unterlagen bereits zusammengestellt sind, umso billiger ist es. Insgesamt müssen Sie mit 120 bis 360 Euro rechnen. Diese Kosten können Sie als Erbe in Ihrer eigenen Arbeitnehmerveranlagung angeben und damit von der Steuer absetzen.

Wo bekommen Erben das Formular für die Arbeitnehmerveranlagung nach einer Verlassenschaft?
Beim Finanzamt und natürlich auch online. Es ist dasselbe Formular wie für Erwerbstätige: L1. Vor den Namen des Verstorbenen wird „Verlassenschaft nach …“ geschrieben. Damit weiß die Behörde, dass das die letzte Arbeitnehmerveranlagung ist.

Wie kompliziert ist das Ausfüllen?
Schaffen das auch Laien?

Hier brauchen Sie sich keine Sorgen zu machen. Auf der ersten Seite müssen Sie die persönlichen Daten ausfüllen. Auf den folgenden Seiten gibt es Kennzahlen, wo die Summen von getätigten Ausgaben einzutragen sind. Gab es keine Ausgaben und erfolgte der Tod unterm Jahr, dann gibt man sozusagen ein Blankoformular ab, also nur mit den persönlichen Daten. Die Einkommensdaten weiß das Finanzamt bereits!

Wo wird die Arbeitnehmerveranlagung eingereicht?
Immer beim Wohnsitzfinanzamt. Sie schicken lediglich das ausgefüllte Formular, entweder per Post oder online.

Müssen die Erben auch Belege über die angeführten Ausgaben beilegen?
Nein, die Belege für Ausgaben, so es welche gab, werden nicht mitgeschickt. Heben Sie diese aber unbedingt auf, da das Finanzamt sie anfordern kann. Was aber verlangt wird, ist eine Bestätigung, dass der Erbe befugt ist, die Arbeitnehmerveranlagung für den Verstorbenen einzureichen.

Wann ist in etwa mit einer Steuergutschrift zu rechnen?
Reichen Sie online ein, geht es ganz rasch – manchmal nur eine Woche, bis die Sache erledigt ist. Schicken Sie die Einreichung in Papierform, kann es mehrere Wochen dauern.

Was passiert, wenn statt einer Gutschrift vom Finanzamt eine Steuervorschreibung kommt?
Im ziemlich unwahrscheinlichen Fall, dass sich eine Nachzahlung ergibt, schicken Sie einfach eine Berufung an das Finanzamt gegen den Ihnen zugestellten Bescheid und ziehen damit Ihre freiwillig erstellte Arbeitnehmerveranlagung zurück. Erledigt.

Leserreaktionen

Leserreaktionen

Online geht´s einfacher

Sie erwähnen, dass man einen Steuerberater zu Rate ziehen soll, wenn man vor Einreichung der Arbeitnehmerveranlagung wissen will, wie viel die Steuerrückzahlung ausmacht. Das zahlt sich bei kleineren Rückzahlungen nicht aus – viel besser ist es, die Veranlagung online zu machen, denn dabei erhält man sofort kostenlos eine Vorberechnung. Außerdem habe ich die Erfahrung gemacht, dass bei Online-Einreichung die Erledigung postwendend erfolgt und meist die Rückzahlung schon in 2 bis 3 Tagen auf dem Konto einlangt.

Dorothea Schelch
E-Mail

In gewissen Fällen, etwa dann, wenn eine Berufspauschale geltend gemacht werden soll, ist eine Online-Vorausberechnung nicht möglich.

Die Redaktion
(aus Konsument 12/2009)

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