Wenn Ärzte die Vorbefunde nicht sorgfältig lesen, können schwere Fehler passieren und Patienten zu Schaden kommen.
Der Fall
Frau M. litt unter ihren Schlupflidern und entschied sich zur Straffung beider Oberlider in Lokalanästhesie in einem Krankenhaus. Im Operationsprotokoll wurde vermerkt: Nahtentfernung in einer Woche. Bei einer Kontrolluntersuchung am Folgetag in der Ambulanz stellte ein anderer Arzt beste Wundverhältnisse fest und entfernte – unter großen Schmerzen für die Patientin – die Nähte viel zu früh. Nachdem Frau M. das Krankenhaus verlassen hatte, schwollen ihre Augen an und die Narben begannen, aufzugehen. Frau M. bekam große Angst und meldete sich telefonisch beim Erstoperateur. Dieser bestellt sie unverzüglich wieder ins Spital. Dort nähte er die Augenlider nochmals zusammen.
Auch dieser Eingriff war für die Patientin sehr schmerzhaft, zumal sich die Wunde bereits entzündete. Letztendlich konnten die Nähte aber eine Woche später entfernt werden und die Augenlider verheilten gut.
Intervention
Frau M. wandte sich an die Patientenanwaltschaft Kärnten, um für die erlittenen Schmerzen eine Entschädigung einzufordern. Die Patientenanwaltschaft holte die Meinung eines medizinischen Experten ein. Dieser bestätigte, dass Nähte nach Oberlidkorrekturen frühestens am vierten Tag nach der Operation entfernt werden dürfen. Die Entfernung am Folgetag sei eindeutig zu früh und das Aufgehen der Naht damit vorprogrammiert gewesen. Die Patientenanwaltschaft konnte für die Patientin eine angemessene Entschädigung erreichen.
Fazit
Die Arbeitsteilung im Krankenhaus erfordert, dass alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter die Dokumentationen sorgfältig lesen. Im beschriebenen Fall veranlasste eine besonders schöne Operationsnaht den nachbehandelnden Ambulanzarzt zu der irrtümlichen Annahme, dass die Operation schon eine Woche zurückliege. Ein sorgfältiger Blick in die Krankenakte hätte der Patientin große Schmerzen und eine neuerliche Operation mit Komplikationen erspart.