Die gesetzliche Krankenversicherung ist für die Behandlung von Krankheiten zuständig. Die Pflege zu Hause fällt in die Kompetenz der Länder. Für Menschen, die dringend Hilfe brauchen, bedeutet dies oft einen Irrlauf durch den Behördendschungel.
Der Fall
Herr W. ist seit 38 Jahren infolge eines Arbeitsunfalls querschnittgelähmt und auf einen Rollstuhl angewiesen. 2016 hatte er ein Druckgeschwür am Gesäß, das aufgrund einer Infektion zu einem monatelangen Krankenhausaufenthalt führte und bis heute nicht abgeheilt ist. Da die Wunde groß ist und stark nässt, muss der Verband täglich gewechselt werden.
Eineinhalb Jahre lang kam die Wiener Gebietskrankenkasse (WGKK) für die Kosten der medizinischen Hauskrankenpflege auf. Vom Fonds Soziales Wien (FSW) wurde zusätzlich eine Heimhilfe bezahlt, die Herrn W. drei Mal pro Woche bei der Körperpflege half. Im März 2019 stellte die WGKK die Kostenübernahme ein, der FSW bewilligte weiterhin drei Besuche pro Woche. Da Herr W. jedoch einen täglichen Verbandwechsel benötigte, wandte er sich an die Wiener Pflege-, Patientinnen- und Patientenanwaltschaft (WPPA).
Die Intervention
Die WGKK lehnte auch gegenüber der WPPA eine weitere Bewilligung der medizinischen Hauskrankenpflege ab. Die Begründung: Fotos hätten gezeigt, dass keine Besserung des Zustands zu erkennen sei. Herr W. sei daher als Pflegefall einzustufen, für den nicht mehr die Kasse, sondern der FSW zuständig sei.
Das Ergebnis
Der FSW führte eine Neubewertung des Bedarfs an „Hilfe für Körperpflege“ durch und bewilligte Herrn W. eine tägliche Hauskrankenpflege, bei der auch der Verband gewechselt wird. Offen bleibt, wie zwischen einer „medizinischen Hauskrankenpflege“, die eine Leistung der Krankenkasse ist, und einer bewilligungspflichtigen „Hauskrankenpflege“, die unter das Sozialhilfegesetz des Landes fällt, unterschieden wird. Herr W. überlegt, zur Klärung der Frage eine Klage beim Arbeits- und Sozialgericht einzubringen.
Fazit
Der Streit über Zuständigkeiten wird oft auf dem Rücken der Patienten ausgetragen. Grundsätzlich gilt: Die soziale Krankenversicherung ist für die Krankenbehandlung zuständig, die Länder sind zuständig für die Pflege zu Hause. Ob ein Versorgungsproblem in die eine oder in die andere Kategorie fällt, ist manchmal nur schwer feststellbar. Aus Sicht der Betroffenen sind derartige Unterscheidungen völlig irrelevant und kommen einer bürokratischen Schikane gleich.
Die Wiener Pflege-, Patientinnen- und Patientenanwaltschaft fordert, dass die Zuständigkeiten geklärt werden und hilfsbedürftige Menschen keinen behördlichen Schikanen ausgesetzt werden.