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Geldanlage: Zertifikate, Schuldverschreibungen - Gewinn ohne Gewähr

Spekulative Anlage auch für kleinere Beträge

Nur für Anleger mit Grundwissen und Liebe zum Detail

Schuldverschreibungen eines Herausgebers

In den vergangenen zehn Jahren hat sich eine neue Spielart für Privatanleger entwickelt: die Kapitalanlage in Zertifikaten. Wer mit diesem Begriff bisher eher Garantiebestätigungen und Ausbildungsnachweise verband, muss umdenken. In der Finanzwirtschaft versteht man unter Zertifikaten Schuldverschreibungen eines Herausgebers, wie etwa einer Bank. Der Herausgeber legt fest, auf welchen und wie vielen Wertpapieren das Zertifikat basieren soll.

Investiert wird in Wertpapiere

Investiert wird dann nicht in die jeweils zu Grunde liegenden Wertpapiere, sondern eben in das Zertifikat, das bescheinigt, dass Ihnen der Herausgeber den von Ihnen investierten Anteil schuldet. Der Ertrag des Zertifikats hängt davon ab, wie sich die zu Grunde liegenden Wertpapiere entwickeln. In den Geschäftsbedingungen ist festgelegt, wie sich eine Veränderung des Basiswertes auf den Wert des Zertifikates auswirkt.

Volles Gläubigerrisiko

Für die Anleger bringen Zertifikate den Vorteil, dass sie dadurch auch in Märkte und Wertpapierbereiche investieren können, die ihnen sonst mangels großen Kapitals verschlossen blieben. So kann sich beispielsweise auch ein Kleinanleger an der Entwicklung einer bestimmten Börse beteiligen. Außerdem lässt sich das Risiko streuen, wenn nicht nur in ein, sondern gleich in mehrere Wertpapiere auf einmal investiert wird. Zertifikate können also auch dann interessant sein, wenn man aufgrund seiner Vermögenslage nicht mehrere Aktienpositionen halten kann oder will.

Gleichzeitig müssen Sie sich aber immer bewusst sein, dass es sich um Risikopapiere handelt, die je nach Ausgestaltung mittel bis hoch spekulativ sind.

Bonität bei Ratingagenturen erfragen

Außerdem werden Sie durch die Investition in eine Schuldverschreibung zum Gläubiger – mit dem Risiko, dass Ihr Schuldner Pleite gehen kann und Sie komplett um Ihr Investiertes umfallen. In der Praxis ist dieses Risiko zwar gering, weil es sich bei den Zertifikate-Emittenten vorwiegend um solide Banken handelt. Aber es gibt daneben auch eine Reihe von nicht börsennotierten Herausgebern. Über deren Bonität sollten Sie sich vor einer Investition am besten bei internationalen Ratingagenturen wie Standard & Poor’s ( www.standardandpoors.com ) oder Moody’s ( www.moodys.com ) informieren!

Zertifikate reagieren träger als Fonds

Von Fonds unterscheiden sich Zertifikate dadurch, dass sie (meist) einen fest vorgegebenen Korb (das Underlying) an Aktien, Rohstoffen, Indices etc. haben. Das hat den Vorteil, dass der Anleger genau weiß, wie sein Geld investiert ist. Und es bietet einen gewissen Kostenvorteil gegenüber Fonds, wo wenig rentable Aktien und Anleihen immer wieder durch profitträchtigere ersetzt werden und somit Kauf- und Verkaufsspesen sowie höhere Managementgebühren anfallen. Der Nachteil dabei ist allerdings, dass Zertifikate nicht auf geänderte Marktgegebenheiten reagieren können.

Relativ geringe Investitionsbeträge möglich

Gegenüber der Anlage in einzelne Aktien bieten Zertifikate den Vorteil, dass schon mit relativ geringen Beträgen in einen ganzen Korb von Aktien investiert werden kann. Das streut das Risiko, hemmt aber natürlich auch die Ertragschancen, da kaum alle Aktien des Korbes immer Top-Performer sein werden.

Intransparente Kosten und Gebühren

Neben der Verlustgefahr durch spekulativen Charakter und dem Gläubigerrisiko gibt es bei Zertifikaten noch ein paar andere Pferdefüße, die aus dem scheinbar genialen Investment einen Flop machen können: Gebühren und Kosten sind ziemlich intransparent, aber auf jeden Fall vom Anleger zu tragen. Wenn Sie vor Laufzeitende verkaufen wollen, bleiben Sie unter Umständen auf Ihrem Zertifikat sitzen: Wenn keine Kurse zu Stande kommen und der Emittent nicht vor Ablauf zurückkaufen will, heißt es warten bis zum Schluss! Das gilt vor allem auch bei Garantiezertifikaten: Die Garantie bezieht sich ausschließlich auf das Laufzeitende. Brauchen Sie Ihr Geld zwischenzeitlich und wollen Sie das Zertifikat abstoßen, verlieren Sie den Garantieanspruch.

Kündigung nicht möglich

Auch eine Kündigung ist für den Anleger nicht möglich; für den Emittenten hingegen schon! Ist nach seinem Ermessen nicht mehr genügend Liquidität im Basiswert, kann er einen angemessenen Marktpreis für die Zertifikate bestimmen und die Zertifikateinhaber damit auszahlen. Ähnliches gilt auch für „ausgestoppte“ Zertifikate: Bei ihnen wurde eine vorher festgelegte Kurs-Barriere über- oder unterschritten. Daraufhin ermittelt der Emittent den Restwert; und der Anleger kann dabei nur auf den guten Willen des Produktgestalters hoffen, denn Einblick in die Berechnung des Restwerts und auch der Kosten hat er nicht!

Investition mit ungewissem Ende

Wie man sieht, kann die Investition in Zertifikate also eine ziemliche Zitterpartie sein; denn was am Ende dabei herausschaut, ist mehr als ungewiss. Ein spekulatives Investment eben, das sich nur Anleger „leisten“ sollten, die Verluste verschmerzen können und sich außerdem gern mit der Börsenmaterie beschäftigen.

Begriff  "Zertifikat" sagt wenig über Veranlagung

Wie wenig übrigens der Begriff „Zertifikat“ darüber aussagt, was dahintersteckt, zeigt etwa das „Vorsorge-Zertifikat“ der Raiffeisen OÖ. Dabei handelt es sich schlicht um eine indexgebundene Lebensversicherung im Rahmen der staatlich geförderten Pensionsvorsorge. Achten Sie also bei Zertifikat-Veranlagungen mehr noch als bei anderen Anlageformen darauf, was Sache ist.

Lexikon

Barriere: Festgelegte Schwelle, die eine sofortige Rückzahlung, einen Verfall oder einen anderen starken Einschnitt beim Zertifikat hervorruft.

Basiswert: Aktie, Rohstoff, Branche, Region oder Index, der die Grundlage für das Zertifikat bildet. Der Wert des Zertifikats ist abhängig von der Wertentwicklung des Basiswerts.

Basket: Korb, der aus mehreren verschiedenen Aktien, Rohstoffen etc. besteht und als Basiswert für ein Zertifikat dient.

Bezugsverhältnis: Drückt aus, welchen Anteil am Basiswert ein Zertifikat hat. Ein Bezugsverhältnis von 10 : 1 bedeutet, dass ein Zertifikat ein Zehntel des Basiswerts ausmacht. Hat also die Aktie (Basiswert) einen Kurs von 100 Euro, ist das Zertifikat 10 Euro wert.

Cap: Höchstgrenze des Ertrags. Bei Zertifikaten wird der mögliche Ertrag oft vom Emittenten gedeckelt. Auch wenn der Basiswert bereits bedeutend höher liegt, ist der Cap der maximale Wert, der am Ende der Laufzeit ausgezahlt wird.

Hebel: Drückt das Vielfache aus, mit dem sich der Wert des Zertifikats im Vergleich zum Basiswert ändert. Der Hebel wirkt sowohl bei steigenden als auch bei fallenden Werten.

Kickout: Herausnahme einzelner Werte aus dem Underlying-Basket, wenn diese eine Barriere durchbrochen haben. Sonderform der Zertifikate, da hier auch eine Änderung des Basiswerts während der Laufzeit erfolgt.

Knockout: Verfall des Zertifikats, wenn die Barriere durchbrochen wird.

Lock, Frozen: Wird bei Zertifikaten angegeben, die ein einmal erreichtes Ertragsniveau garantieren.

Long, Call: Zertifikate auf steigende Kurse des Basiswerts; besonders bei Hebelzertifikaten gebräuchlich.

Short, Pull: Zertifikate auf fallende Kurse des Basiswerts; besonders bei Hebelzertifikaten gebräuchlich.

Strike: Bei Hebelzertifikaten der Ausübungspreis, zu dem das Basisinvestment bezogen werden könnte.

Turbo: Andere Bezeichnung für Hebelzertifikat.

Underlying siehe Basiswert.

Häufige Zertifikat-Formen

Zertifikate werden unter vielfältigster Bezeichnung und Ausgestaltung angeboten. Selbst wenn ein Produkt genauso heißen sollte wie eines der hier vorgestellten – lesen Sie die Bedingungen genau durch. Schon kleine Änderungen oder Einschränkungen können daraus ein Produkt mit völlig anderen Ertragschancen und -risiken machen.

Basketzertifikate: Bilden einen Korb von Aktien oder anderen Anlageprodukten ab, meist aus einem Marktsegment oder Bereich (wie High-Tech- oder Fernost-Aktien). Dadurch wird das bei einer Einzelaktie vorhandene Risiko einer schlechten Kursentwicklung minimiert. Ebenso sind aber die Chancen auf außergewöhnliche Kursgewinne reduziert.

Bonuszertifikate: Zahlen dem Anleger einen definierten Bonusbetrag aus, wenn sich der Kurs der Aktie während der gesamten Laufzeit innerhalb einer bestimmten Bandbreite bewegt. Eignen sich zur Spekulation auf Seitwärtsbewegungen des Kurses.

Discountzertifikate: Werden unter dem eigentlichen Basiswert erworben (= Rabatt, Discount). Das bedeutet Gewinne selbst bei gleich bleibendem Kurs. Dafür sind aber auch die Ertragschancen gedeckelt (= Cap). Das ist ein Nachteil bei extrem positiver Entwicklung des Basiswerts. Dafür bietet der Rabatt einen gewissen Puffer, wenn die Anlage in die Verlustzone gerät.

Garantiezertifikate: Der Emittent garantiert, dass der Käufer auch bei fallendem Kurs des Basiswerts das eingesetzte Kapital zu einem gewissen Prozentsatz am Laufzeitende zurückerhält. Das verringerte Risiko wird mit einer unterdurchschnittlichen Teilnahme an etwaigen Wertsteigerungen erkauft.

Indexzertifikate: Haben als Basiswert einen Wertpapier- oder Rohstoff-Index und werden üblicherweise 1 : 100 gehandelt. Bei einem ATX von 4000 Punkten wäre ein ATX-Indexzertifikat demnach 40 Euro wert.

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