Sollte man die aktuelle Krise als Anlass nehmen, seine Anlagestrategie zu überdenken? Ja und nein. Mehr denn je braucht es Fingerspitzengefühl, einen langfristigen Plan und starke Nerven.
Nachdem die unmittelbare Infektionsgefahr in den Hintergrund rückt, drängen sich immer mehr Fragen zur finanziellen Zukunft in den Fokus: Wie wird all das finanziert werden, was im Zuge der Corona-Krise an Unterstützungen, Ausfallshaftungen, Förderungen und Einmalzahlungen in Aussicht gestellt wurde? Womit hat jeder Einzelne langfristig zu rechnen? Wo wird letztlich der Sparstift angesetzt, und welche Auswirkungen hat das auf das eigene Vermögen, auf die Pensionen?
Sorge um die eigenen Finanzen
Laut einer einer Ende Mai veröffentlichten Umfrage zur künftigen Politik der Regierung bereiten die persönlichen Finanzen unter allen abgefragten Themen die größten Zukunftssorgen: 36 Prozent erwarten schlechtere Verhältnisse für Sparer und Anleger, 33 Prozent meinen, dass für (angehende) Pensionisten die Aussichten schlechter würden. Wie sich die kommenden Monate und Jahre gestalten werden, können wegen der Einmaligkeit der Situation selbst hochrangige Experten nicht verbindlich einschätzen. Die Prognosen gehen weit auseinander. Einigkeit herrscht jedoch darüber, dass es nahezu weltweit eine deutliche wirtschaftliche Delle geben wird, die erst nach rund zwei Jahren überwunden sein soll.
Wirtschaftliche Dellen unterschiedlich
Für Österreich geht die Nationalbank heuer von einem Rückgang des Bruttoinlandsprodukts (BIP) von rund 7 Prozent aus. Mit dieser Größenordnung rechnet der Internationale Währungsfonds (IWF) für den gesamten EU-Raum. Weltweit soll der Rückgang bei einem Durchschnittswert von minus 3 Prozent liegen – natürlich mit regional und national sehr unterschiedlichen Ausschlägen. Was bedeutet das für Sparer, Anleger und Kreditnehmer, und was ist hinsichtlich staatlicher und privater Pensionen zu erwarten?
Finanzplanung: Auf Sicht fahren
Grundsätzlich gelten auch in und nach Krisenzeiten die ehernen Regeln einer soliden Finanzgebarung (siehe „VKI-Tipps“ auf der letzten Seite dieses Artikels). Mehr als sonst sollte jetzt aber auf Liquidität und kurzfristig verfügbares Kapital geachtet werden. Einerseits, um bei finanziellen Engpässen genügend Spielraum zu haben; andererseits, um disponieren zu können, wenn sich aufgrund ordnungspolitischer Entscheidungen (etwa Förderung von Unternehmensbeteiligungen) und der Kapitalmarktlage ein günstiger Einstiegszeitpunkt für Investments ergeben sollte.
Langfristig ansparen statt langfristig binden
Langfristig ansparen, zum Beispiel über einen Fondssparplan, ist auch derzeit sinnvoll, langfristig binden hingegen schlecht. Denn egal ob Sparbuch, Lebensversicherung oder Bausparen: Die Guthabenzinsen werden noch eine ganze Weile um das Nullkommanichts verharren. Der etwa bei Lebensversicherungen in Aussicht gestellte Gewinnanteil aus Wertpapierveranlagung macht das Kraut nicht fetter, wird doch ein Gutteil des investierten Kapitals schon zu Beginn durch Gebühren und Spesen eliminiert. Da müssten die Wertpapiermärkte schon kräftigst zulegen, um das wettzumachen.
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