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Geldanlage - Die Tricks der Finanzberater

Verkaufsgespräche laufen nach bestimmten Mustern ab. Auch bei Finanzprodukten. Wer sie durchschaut, wird Fallen leichter entgehen.

Tücken und Fallstricke für unsere Finanzen gibt es viele. Viele liegen in den Konstruktionen der Produkte selbst und deren Beschreibung. Abseits dieser zumeist schriftlichen Unterlagen gibt es jedoch auch die persönliche Ansprache der potenziellen Kunden. Wie aber nimmt der (gute) Verkäufer Einfluss auf die längst nicht rationale Kaufentscheidung bei Finanzprodukten?

Lösungen, nicht Produkte

Grundregel: Ein guter Produkt-Verkäufer verkauft keine Produkte. Er verkauft Lösungen für seine Kunden. Die Produkte sind nur noch das Mittel zum Zweck, um ein bestimmtes Ziel zu erreichen.

Man stelle sich etwa einen Staubsauger-Verkäufer vor: Wenn er sich auf die Produkteigenschaften konzentriert, kann er ins Treffen führen: 2.000 Watt, extra langer Saugschlauch, besonderes Filtersystem und Ähnliches. Finden Sie dies für Ihre Kaufentscheidung wirklich ansprechend? Die nüchternen Leistungsdaten und Ausstattungsdetails allein haben noch keine emotionale Dimension.

"Fürsorge-Modul"

Wird der Staubsauger als Lösung eines Problems dargestellt, werden damit Bedürfnisse und Motive angesprochen, zum Beispiel das sogenannte „Fürsorge-Modul“: Der Staubsauger schafft Sauberkeit und schützt damit Ihre (Klein-)Kinder vor Milben etc. Und dieser konkrete Staubsauger schafft noch mehr Sauberkeitals andere Sauger, aufgrund einer höheren Saugkraft, des speziellen Filtersystems etc.

Stark emotionalisierte Produkte

Bei vielen anderen Produktkategorien wie Autos, teuren Uhren etc. hat es der Verkäufer scheinbar leichter: Hierbei handelt es sich jeweils um stark emotionalisierte Produkte. Aber auch diesen ist gemeinsam, dass sie vom Verkäufer unterschiedlich präsentiert werden können. Bei einem Auto macht es einen Unterschied, ob er von Beschleunigungswerten und Höchstgeschwindigkeit in Zahlen spricht oder von „Sicherheitsreserve“ („Balance-System“) bzw. die Formulierung „damit lassen Sie alle hinter sich zurück“ („Dominanz-System“) verwendet.

Emotionen werden angesprochen

Emotionen kommen ins Spiel

Ein guter Verkäufer schafft es, die inneren Antriebskräfte des potenziellen Kunden schnell zu erkennen, sich darauf einzustellen und seine Argumente auf sein Gegenüber hin anzupassen. Er emotionalisiert mit dem Fokus auf seine Zielperson und spricht die sogenannten Emotionssysteme und -module im Gehirn an.

Beeinflussung der Kaufentscheidung

Die Falle liegt in diesem Fall darin, dass Ihr Gegenüber Ihre inneren Antriebskräfte erkennt und für eine Beeinflussung der Kaufentscheidung nutzt. Dies ist Ihnen zumindest insofern recht, als Sie ja ein Produkt wollen, das „richtig zu Ihnen passt“. Nur jeden Preis wollen Sie nicht hierfür bezahlen!

Machen Sie im Vorfeld des Verkaufsgesprächs Folgendes:

Ziele klären. Wofür benötigen Sie dieses Produkt eigentlich? Fragen Sie sich sowohl aus sachlicher wie auch emotionaler Sicht! Das bereits angesprochene Auto hat für Sie emotional vorrangig den Zweck, die Bedürfnisse Ihres Dominanz-Systems zu erfüllen: Zeigen von Sportlichkeit, Zeigen von Stärke und Macht, Zeigen der (finanziellen) Potenz usw.

Andererseits haben Sie vielleicht Frau und drei Kinder, brauchen Raum zum Transport von Sportgeräten, fahren mit dem Hund zur Auslaufstrecke, …

Sie haben hier deutlich sichtbare Zielkonflikte. Wenn der Verkäufer nur Ihr Dominanzsystem anspricht und Sie den Sportwagen kaufen, haben Sie anschließend Ärger mit der Frau, den drei Kindern und dem Hund. Oder Sie kaufen einen Zweitwagen für den Alltag. Was also hat für Sie in Ihrer aktuellen Lebenssituation Priorität, was können Sie sich leisten, was wollen Sie sich leisten? Und welche Träume heben Sie noch für später auf?

Aufschreiben hilft. Wie beim Lebensmittelkauf vermeiden Sie Fehler, wenn Sie Ihr Vorhaben schriftlich festhalten: Welches Produkt benötige ich – Bus, Minivan, Sportwagen? Welche Leistungen benötige ich weshalb? Was darf/soll das Ganze kosten?

Mittel zum Zweck

Finanzprodukte als Mittel zum Zweck

Bei Finanzdienstleistungen ist es genauso wie beim bereits erwähnten Staubsauger.

Ein Sparplan, der Fondsanteil, die Versicherung etc. sind an sich wenig emotionalisierte Produkte. Sie werden gekauft, weil sie das Mittel zu einem besonderen Zweck sind:

  • Sparprodukte für Sicherheit im Alter („Balance-System“)
  • Aktien oder Hedgefonds für hohe Gewinne („Dominanz-System“: Risiken sind für mich beherrschbar, …)
  • Versicherungen für Sicherheit („Balance-System“)
  • Kredite für Hauskauf („Balance-System“), ein neues Auto, Urlaub, … („Dominanz“- oder „Stimulanz“-System).

Achten Sie darauf: Ein Mittel zum Zweck muss immer selbstständig bleiben. Nur dann lässt sich unterscheiden, ob man dieses Produkt (Kredit von der Bank), ein anderes Produkt (Leasingvertrag fürs Auto) oder eine ganz andere Lösung (Ansparen auf mehr Eigenkapital fürs Auto) möchte.

Gefahr der gezielten Emotionalisierung

Die Gefahr der gezielten Emotionalisierung liegt darin, dass das Mittel (der Kredit – zumeist sehr speziell, z.B. endfälliger, variabel verzinslicher Fremdwährungskredit mit Aktien als Tilgungsträger) als Bestandteil der eigentlichen Entscheidung (Hauskauf als Mittel der Sicherheitsbedürfnisse) gesehen wird. Dies schränkt die Möglichkeiten einer anderen Produktwahl (des Kredits) ein. Zwar nicht real, jedoch im Denkvorgang des Normalkunden. Also: Seien Sie vorsichtig bei starken Emotionalisierungen!

Auftreten der Verkäufer wichtig

Fachkompetenz durch Erscheinungsbild

„Fachkompetenz“ klingt gut – erst recht in Bezug auf komplexe Finanzdienstleistungen. Das hat auch mit dem Erscheinungsbild zu tun.

Als Beispiel mag die Geschichte des Hauptmanns von Köpenick dienen: Ein Arbeitsloser ohne militärischen Hintergrund ersteht eine alte Uniform, um sich im Winter zu wärmen. Fortan wird er jedoch aufgrund der Uniform für einen Hauptmann gehalten und macht schnell militärische Karriere.

Gut, werden Sie sagen, die ursprüngliche Geschichte liegt 90 Jahre zurück, die Zeiten haben sich geändert, und von einem Soldaten würden Sie auch keine Finanzdienstleistungen kaufen, dafür hat er ja keine Kompetenz! Ja, es wird vom äußeren Erscheinungsbild (Uniform) auf den Menschen (Militärangehöriger) und auf dessen Kompetenz geschlossen! Und dies geschah nicht nur einmalig beim „Hauptmann von Köpenick“, sondern geschieht laufend – auch in unserer Zeit.

Kategorisierung im Unterbewusstsein

So war im Jahr 2009 ein Akademiker bei einem Schadenersatzprozess gegen seinen Berater geradezu schockiert, als dieser auf anwaltliches Nachfragen gestehen musste, dass er lediglich eine 3-Tages-Einschulung in bestimmte Produkte erhalten hatte. Und dies ist leider kein Einzelfall!

Unser Gehirn ist seit Jahrmillionen darauf trainiert, sehr schnell Einschätzungen der Umgebung, von Gefahren und Chancen vorzunehmen. Dies hat in der Evolution dazu geführt, dass sich in unserem Gedächtnis Verhaltensmuster einprägen und unbewusst im Hintergrund ablaufen. Unser Gehirn kategorisiert hier sehr schnell.

Fragen stellen als Aufwärmphase

Berater und Verkäufer

Viele Ahnungen zum Beispiel beruhen darauf, dass wir etwas (unbewusst) wahrnehmen und dies vom Gehirn mit einer bestimmten Situation, einem Ereignis etc. in Verbindung gebracht wird. In früheren Zeiten half uns dies beim Entkommen vor dem Säbelzahntiger im Urwald, im Dschungel (nicht nur) der Finanzdienstleistungen bekann es jedoch auch sehr problematisch sein. Das angesprochene äußere Erscheinungsbild meint zuerst einmal auch die Rolle, in der uns das Gegenüber begegnet: Ist es ein Berater oder ein Verkäufer? Unmittelbar beim Lesen der Wörter laufen bei uns im Kopf die Assoziationen.

Berater: kompetent, fachkundig, Helfer, hilfsbereit, sachverständig, seriös usw.

Verkäufer: Eigeninteresse, über den Tisch ziehen, Vorsicht, redegewandt usw.

Es macht für unser Gehirn also einen ganz wesentlichen Unterschied, ob wir es (scheinbar) mit einem unabhängigen Berater oder einem erfolgsabhängigen Verkäufer zu tun haben.

Fragen für die „Aufwärmphase“

Hüten Sie sich davor, von der Kleidung oder einem Titel auf die dahinterstehende Person zu schließen, zumindest dürfen Sie dies nicht ohne Hinterfragen machen. Benützen Sie die sogenannte Aufwärmphase im Gespräch zu Fragen an Ihr Gegenüber:

  • Wie lange ist er/sie bereits im Geschäft, was davor gemacht? (wenige Jahre sprechen gegen Erfahrung und damit Kompetenz)
  • Welche Ausbildung hat er/sie gemacht? (indirekte Frage nach der Kompetenz)
  • Wie hält sich Ihr Gegenüber bezüglich neuer Produktentwicklungen auf dem Laufenden? (Schulungen der Anbieter: eher Verkäufer)
  • Wie viele/welche Gesellschaften vertritt er/sie? (nur wenige: eher Verkäufer)
  • Selbstständig mit eigenem Gewerbeschein und eigener Zulassung durch die Finanzmarktaufsicht? (Frage nach der Unabhängigkeit und damit auch nach der Interessenslage).

So tickt der Mensch

Psychologen, Gehirnforscher, Neurobiologen und Neurochemiker nebst weiteren Wissenschaftlern erforschen unser Gehirn – auch und gerade in Bezug auf Kaufentscheidungen. Herausgekommen sind u.a. folgende Gehirnbereiche, die im Artikel angesprochen werden:

  • Dominanz-System: spiegelt den Wunsch des Menschen nach Macht, Status, Überlegenheit und Unabhängigkeit wider.
  • Stimulanz-System: ist wesentliche Kraft für die Weiterentwicklung des Menschen. Es steht für die Suche nach neuen Reizen, Suche nach Belohnung, Entdeckertum etc.
  • Balance-System: ist die stärkste Kraft im Gehirn und strebt nach Sicherheit und der Vermeidung von Risiko.
  • Fürsorge-Modul: sorgt dafür, dass man etwas für andere tun möchte. Im Finanzwesen sind klassische Beispiele Vorsorgeprodukte für Kinder und Enkel, ethische Fonds etc.

Weitere hier nicht (aber im Buch "Achtung, Finanzfalle!") angesprochene Bereiche sind das Spiel-Modul, das Jagd- und Beute-Modul, das Rauf-Modul sowie die Sexualität („sexual braintype“) und ihre Auswirkung auf das Kaufverhalten.

Buchtipp: "Achtung, Finanzfalle!"

KONSUMENT-Buch Achtung, Finanzfalle!

Finanzgeschäfte macht jede(r): Abschluss von Versicherungen, Anlegen von Erspartem in unterschiedlichste Produkte, möglicherweise sogar eine Vermögensverwaltung durch Dritte. Jede Menge Möglichkeiten, in eine von vielen Finanzfallen zu geraten: Geschäfte mit schlechter Performance und Geschäftsabschlüsse, welche mit hohen Kosten und zumindest teilweisem Kapitalverlust verbunden sind, kommen nicht selten vor. Letztere sogar mit  steigender Tendenz, wie uns die Gerichtsverfahren von Immofinanz, Meinl, AMIS, Moshammer etc. zeigen.

Finanzangebote sollten immer gründlich durchdacht werden, bevor man seine Unterschrift darunter setzt. Nicht alle Berater von Geldgeschäften meinen es immer gut mit ihren Kunden. Auch bei scheinbar einfachen Geschäftsabschlüssen ist Vorsicht geboten. Sind Sie fit für Finanzgeschäfte aller Art? Mit unserem neuen Buch "Achtung, Finanzfalle!" schärfen Sie Ihren Blick für Anleger und bekommen Einblicke in die Verkaufsmethoden der Finanzbranche.

Aus dem Inhalt:

  • Finanzfallen erkennen und vermeiden
  • Wie Anbieter und Verkäufer agieren
  • Gängige Finanzprodukte kritisch betrachtet
  • Alles, was Sie fragen sollten
  • Was tun im Schadensfall?

200 Seiten; 14,90 Euro (+ Versandspesen)

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