Gelöste Stimmung bei der AUA
Das Publikum bei der Hauptversammlung der Austrian Airlines ist homogen:
Neben zahlreichen Herren im einheitlichen Blau- und Grau-Look tummeln sich vor
allem ältere Herrschaften von 50 Jahren aufwärts. Dazwischen stechen ein paar
jüngere Menschen in Jeans und mit City-Bag am Rücken hervor – Gäste, die im Zuge
ihres Wirtschaftsstudiums ein wenig Aktionärsluft schnuppern wollen. Sie
erhalten am Eingang ein Schild mit der Aufschrift "Gast", während die Aktionäre
jeweils mit einer Nummernkarte – die sie zur Abstimmung berechtigt –
ausgestattet werden.
Aufsichtsratsvorsitzender Rudolf Streicher und sein Stellvertreter sowie die
beiden Unternehmensvorstände sitzen entspannt auf dem Podium. Sie haben allen
Grund dazu, denn die AUA mitsamt ihren Tochtergesellschaften hat die besten
Ergebnisse seit Bestehen eingeflogen. Sieben Prozent Dividende sollen
ausgeschüttet werden, um zwei Prozent mehr als im vergangenen Geschäftsjahr! Da
sollte auch die Hauptversammlung reibungslos ablaufen.
Die Vorstellung beginnt mit ein wenig Kino: Die "friendly airline"
präsentiert sich in einem Video von ihrer freundlichen Seite. Der Vorstand
berichtet über das abgelaufene Geschäftsjahr, sein Kollege läßt die Aktionäre
einen Blick in die Zukunft werfen, und der Aufsichtsrat gibt den launigen
Moderator.
Zeit für die "Shareholder", ans Wort zu kommen. Fragesteller scheinen hier
allerdings eher als Störfaktoren betrachtet zu werden, die den reibungslosen
Programmablauf unterbrechen. Dementsprechend werden sie höflich, aber mit dem
nötigen Quentchen Ironie und Zynismus abgefertigt. Oder mit routinierten
Antworten aus dem Standardrepertoire beglückt. So etwa ein junger Mann, der
wissen will, warum die Dividende ausgeschüttet (und nicht reinvestiert, Anm. d.
Red.) wird, wo sie doch mit 25 Prozent KESt versteuert werden müsse. Antwort vom
Podium: "Wir fanden es richtig, das verbesserte Ergebnis durch eine verbesserte
Dividende auszudrücken." Punkt. Noch Fragen?
Es geht zügig weiter zur Abstimmung: Ein Vertreter des Hauptaktionärs ÖIAG
stellt die Anträge, über die die Aktionäre nun zu befinden haben. Wer dafür
stimmt, hebt die Hand. Wer dagegen stimmt oder sich der Stimme enthält, muß sich
"outen" und seine Nummernkarte hochheben. Die Nummern werden dann jeweils in die
entsprechenden Stimmenverhältnisse umgerechnet. Die Abstimmungen verlaufen
tatsächlich unproblematisch, die Zahl der Nein-Stimmen und Stimmenthaltungen ist
gering. Wer den Saal verläßt, muß seine Nummernkarte abgeben, damit der
Überblick über die "anwesenden Stimmen" gewahrt wird.