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Wasserrutschen - Guten Rutsch

Wasserrutschen werden immer schneller und spektakulärer: Spezialeffekte garantieren ein gesteigertes Rutschvergnügen, erhöhen jedoch gleichzeitig das Verletzungsrisiko für die Benutzer.

Die Konkurrenz schläft nicht. Schon gar nicht in der Freizeitwirtschaft. So wurden in den letzten Jahren viele Bäder und Thermen mit neuen Wasserrutschen ausgestattet, um das Planschvergnügen noch attraktiver zu gestalten. Das Spektrum reicht von kindgerechten Bahnen bis hin zu abenteuerlichen Loopingtunnels. Rund 1.000 solcher Anlagen gibt es derzeit in Österreich. Etwa zwei Drittel davon sind im Freibadebereich installiert. Der Rest befindet sich in Innenbereichen.

Regeln hinken Realität hinterher

Da Mängel bei Bau, Planung, Betrieb und Wartung der Wasserrutschen zu schweren Verletzungen bei den Benutzern führen können, müssen Rutschen hierzulande sicherheitstechnisch geprüft werden. Die Auflagen dazu existieren seit über zwei Jahrzehnten und werden laufend überarbeitet. Tatsache ist jedoch, dass gerade auf diesem Gebiet die Regelwerke der Realität hinterherhinken.

Vom TÜV geprüft

"Der TÜV Austria (Technischer Überwachungsverein) war maßgeblich an der Anpassung der neuen Europäischen Wasserrutschennorm beteiligt", sagt Ing. Robert Terp, der österreichische TÜV-Experte für Spiel-, Sport- und Freizeitgeräte. "Schon jetzt gibt es aber Rutschentypen, die in der soeben erschienenen Norm noch nicht ­behandelt werden."

Grundsätzlich sind die Betreiber für die ­Sicherheit der Anlagen und die Einhaltung der Benützungsvorschriften verantwortlich. Ing. Terp: "Die Rutsche muss beaufsichtigt und ein Logbuch geführt werden, in dem das tägliche Geschehen dokumentiert wird." Die unabhängige akkreditierte Inspektionsstelle des TÜV Austria prüft Wasserrutschen vor ­Inbetriebnahme und danach einmal jährlich.

Praxistest

Praxistest

Ein Praxistest durch erfahrene Rutscher zeigt unter anderem, ob genügend Wasser durch die Röhre fließt, damit es nicht zu Haut­abschürfungen oder Verbrennungen (durch Reibung) kommt. "In Einzelfällen sind diese Verletzungen aber unvermeidbar, insbe­sondere wenn nicht alle Körperpartien des Benutzers mit Wasser benetzt sind", sagt Terp. Das passiert vor allem dann, wenn die ­Rutsche gerade gestartet wurde und ihre ­Seitenteile noch trocken sind. "Besser wäre es, vorab zu duschen, damit der Rutschverlauf ausreichend sicher erfolgt", so der Rat des Fachmanns.

Außerdem treten im Laufe der Zeit an den Verfugungen der Rinnenteile Verschleiß­mängel auf, deren unsachgemäße Reparatur Hautabschürfungen und stellenweise verbrannte Badebekleidung verursachen kann. "Leider bewirken gut gemeinte Verbesserungen oft das Gegenteil", weiß Terp, der bei der erwähnten jährlichen Prüfung unter anderem genau darauf achtet.

Neue Spezialeffekte

Nichts für schwache Nerven

Nicht jeder hat die physischen und psy­chischen Voraussetzungen, um durch eine enge Röhre zu flitzen. In sogenannten "black holes" etwa kann man leicht die Orientierung verlieren und dadurch in Panik geraten. Wasser-, Ton- und Lichteffekte bergen ein ­zusätzliches Verstörungspotenzial. Klaustrophobisch Veranlagte sollten Röhrenrutschen generell meiden, weil sich schnell das Gefühl des Eingesperrtseins einstellt. Entsprechende Warnungen fehlen allerdings mancherorts noch, sind nicht eindeutig verständlich oder werden von den Benutzern schlicht ignoriert.

Tempokicks bis 60 km/h

Loopings – vertikale Schleifen mit Kopfübereffekt – sorgen mit Geschwindigkeiten um die 60 Stundenkilometer für einen gewaltigen Tempokick, der für viele ungewohnt ist. "Wenn aber im Looping ein Rutschvorgang misslingt, dann bleibt man in der Schleife hängen und muss warten, bis sich die Ausstiegsklappe öffnet", gibt Terp zu bedenken.

Freier Fall

Weiteren Nervenkitzel sollen Raketenstarts garantieren. Hier kommen selbst die Mutigs­ten auf ihre Kosten: Glasfenster zeigen den meist atemberaubenden Blick in die Tiefe, ein Countdown ist zu hören, und nach dem Öffnen der Fallklappe geht’s im freien Fall abwärts. Trichterwasserrutschen wiederum bieten den freien Fall als besonderen Gag am Ende der Rutschpartie: Man stürzt mit Erdbeschleunigung ins Auffangbecken.

Alles in allem sind Wasserrutschen mit Spe­zialeffekten nur für Personen geeignet, die körperlich und mental fit sind. "Ein wichtiger Grundsatz ist, sich niemals zum Rutschen überreden zu lassen, wenn man sich nicht wirklich dazu in der Lage fühlt", sagt TÜV- Austria-Experte Terp.

Benutzerregeln einhalten

Benutzerregeln unbedingt einhalten

Das Um und Auf für ein sicheres Gleiten ins kühle Nass ist die Einhaltung der Benutzer­regeln. Da jede Wasserrutsche ihre Besonderheiten aufweist, gibt es keine allgemein gül­tigen Bestimmungen. Die Hinweise für den ­Benutzer sind – oft in Form von Piktogrammen (oben) – vor dem Rutschenaufgang und beim Start zu sehen. Das gilt auch für die Vorschriften zur Einhaltung eines Abstands, die für jede ­Wasserrutsche separat festgelegt werden.

Abstand, Rutschhaltung

Robert Terp: "Die Abstandsregelung sollte auf jeden Fall beachtet werden. Ebenso die vorgeschriebene Rutschhaltung. Um Kollisionen zu vermeiden, schwimmen Sie möglichst bald nach dem Eintauchen ins Auffangbecken weg."

Was man nicht tun sollte

Zu den Verhaltensweisen, die man ­unbedingt vermeiden sollte, zählen das Abstoppen in der Rutsche, das Aufstauen von Wasser durch Querlegen des Körpers und ein Springen von der Rutsche direkt ins Becken. "Dabei kann es einerseits zu gefährlichen Kollisionen kommen, andererseits kann der Benutzer aber auch selbst instabil werden und an Rutschenteile anprallen." Abschürfun­gen, Prellungen und ausgeschlagene Zähne bis hin zu Wirbelsäulen- oder Kopfverletzungen sind typische Folgen.

Verantwortungsbewusste Eltern beachten speziell die angegebenen Alterslimits und bringen ihren Kindern die Benutzerregeln ­nahe. "Erfahrungsgemäß sind Burschen in der Pubertät am stärksten unfallgefährdet, weil sie sich oft überschätzen", so Terp.

Wenn etwas schief geht

Ist ein Unfall geschehen, wendet man sich am besten sofort an den Rutschenbetreiber. Beschreiben Sie ihm den Hergang so sachlich wie möglich und lassen Sie sich nachweislich schriftlich bestätigen, wo und wie die Ver­letzung entstanden ist. Falls Sie selbst ­Mängel an einer Wasserrutsche entdecken, ohne sich verletzt zu haben, melden Sie auch diesen Umstand unverzüglich dem Betreiber. So kann eine Gefährdung anderer Personen vermieden werden.

Rutschen im Ausland

Rutschen im Ausland

Besondere Vorsicht ist in südlichen Urlaubs­destinationen geboten. Der technische und hygienische Standard der dortigen Anlagen kann sich mit dem österreichischen häufig noch nicht messen. Robert Terp von TÜV ­Austria: "Unterschiedlich ist auch die Disziplin der Benutzer. Aus nordeuropäischen Staaten wird von einem recht guten Einhalten der ­Vorschriften berichtet, unter Einfluss des südlichen Temperaments scheint man es dagegen nicht immer so genau zu nehmen."

Defekte, Übermut

Die spektakulärsten Unfälle auf Wasserrutschen ereigneten sich übrigens in den USA. Teils waren sie auf technische Defekte zurückzuführen, teils auf reinen Übermut. Beispielsweise brach eine Anlage unter der Last von 32 Menschen zusammen, die den Adrenalinkick gleichzeitig erleben wollten. Die Bilanz: zahlreiche Schwerverletzte und ein Todesfall.

Zusammenfassung

  • Benutzerregeln beachten. Die wichtigsten Hinweise sind vor dem Aufstieg und beim Start ersichtlich. Halten Sie, um Kollisionen zu vermeiden, Abstand zum Vordermann, rutschen Sie zügig und verlassen Sie den Auffangbereich sofort nach Beendigung der Fahrt. Springen Sie bei installiertem Ampelsystem stets nur bei grünem Licht in die Röhre.
  • Richtige Körperhaltung. Ob sitzend, auf dem Rücken liegend oder im Reifen – befolgen Sie zu Ihrer eigenen Sicherheit die jeweilige vorgeschriebene Rutschhaltung. Wer kopfüber hinunterbraust, riskiert schwerste Gehirnverletzungen. Kinder nur dort mitnehmen, wo es eindeutig zulässig ist.
  • Ehrliche Selbsteinschätzung. Weniger Sportliche sollten Wasserrutschen mit einem erhöhten Schwierigkeitsgrad unbedingt meiden. Das gilt nicht nur für Einrichtungen mit Sprungschanzen oder Loopings. Auch für harmlos aussehende Rutschen ist eine gute ­körperliche Konstitution und ein stabiler Gleichgewichtssinn erforderlich.
  • Eingeschränkte Haftung. Wasserrutschen werden heute zumeist videoüberwacht. Ein etwaiges Fehlverhalten des Benutzers – etwa eine nicht erlaubte Rutschhaltung – ist somit für den Streitfall dokumentiert. Unter diesen Umständen muss der Betreiber nicht für Folgeschäden haften, wenn er sich sonst ausreichend um das Rutschgeschehen gekümmert hat.

Hinweistafeln im Schwimmbad

Auf folgende Hinweistafeln könnten Sie und Ihre Kleinen beim nächsten Besuch im Wasserpark stoßen. Hier Ihre Bedeutungen:

Schwierigkeitsgrad (Bild: ÖNORM EN 1069-2/Copyright Austrian Standard Institute)  Dunkelrutsche (Bild: ÖNORM EN 1069-2/Copyright Austrian Standard Institute)  Warnung: Abheben von der Rutsche (Bild: ÖNORM EN 1069-2/Copyright Austrian Standard Institute) 
Schwierigkeitsgrad der Rutsche Dunkelrutsche

Warnung: Abheben von der Rutsche

Auffangeinrichtung umgehend verlassen (Bild: ÖNORM EN 1069-2/Copyright Austrian Standard Institute)  Eintauchbereich umgehend verlassen (Bild: ÖNORM EN 1069-2/Copyright Austrian Standard Institute)  Ein-Personen-Floß benutzen (Bild: ÖNORM EN 1069-2/Copyright Austrian Standard Institute) 
Umgehend die Auffangeinrichtung verlassen.

Umgehend den Eintauchbereich verlassen.

Ein-Personen-Floß benutzen.

Nicht an den Rutschenseiten festhalten (Bild: ÖNORM EN 1069-2/Copyright Austrian Standard Institute)     

Nicht an den Rutschenseiten festhalten.

   

Neue Norm für Wasserrutschen

Seit Februar 2011 regelt die ÖNORM EN 1069-2 Anweisungen für die Benutzung, den Betrieb und die Wartung von Wasserrutschen. Das Regelwerk legt unter anderem fest, dass eine Abstandskontrolle beim Start z.B. mit einem Drehkreuz oder einem Lichtzeichen erfolgen muss. Ebenfalls vorgeschrieben ist eine permanente Überwachung des Rutschgeschehens durch Aufsichtspersonal. Kameras und Monitore, die einen Überblick über den Eintauchbereich geben, können zusätzliche Sicherheit gewährleisten.

Die Norm umfasst auch Hinweisschilder und Sicherheitszeichen, die in eindeutiger Form über den Schwierigkeitsgrad und eine risikofreie Benutzung informieren. Der Betreiber muss Richtlinien für Notfälle erstellen, alle Vorfälle sind zu dokumentieren. Neben der täglichen Sichtprüfung auf eindeutige Gefährdungen sind regelmäßige Inspektionen gemäß den Herstellervorschriften sowie jährliche Sachverständigenprüfungen durchzuführen.

Kommt es zu einem Zwischenfall und stellt sich die Frage nach der Haftung, wird künftig die neue Norm herangezogen. Sie macht deutlich, dass öffentliche Wasserrutschen sich nicht ohne entsprechenden Kosten- und Personalaufwand sicher betreiben lassen.

Quelle: Austrian Standards Institute – Österreichisches Normungsinstitut

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