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Türkei-Reisen: Nicht wirklich gratis - Getrübte Urlaubsfreuden

, aktualisiert am

Sie sind wieder im Umlauf: sehr günstige oder Gratis-Reisen als Dankeschön für Abotreue bei Zeitschriften oder als Preis bei Gewinnspielen.  Vorsicht: Geschenkt gibt es nichts! Auch Gratis-Reisen können ins Geld gehen.

„Wenn einer eine Reise tut, dann kann er was erzählen“. Diese alte Weisheit, wurde für "Konsument"-Leser Heinrich R. vor einiger Zeit im Rahmen einer Gratis-Türkei-Reise Wirklichkeit. Nach der Rückkehr aus seinem Urlaub hat er uns seine Erfahrungen geschildert.

Keine Verkaufsfahrt, oder doch ...?

Heinrich R. und seine Frau sind normalerweise Individualreisende. Wenn sie auf Urlaub fahren, buchen sie ein Familienappartement oder sind mit dem Campingbus unterwegs. Einmal wurden sie jedoch auf eine der großen Hotelanlagen aufmerksam. Und das kam so: Eines Tages flattert ein Schreiben einer Sportkette ins Haus. Als „Stammkunde“ wird Herr R. samt Begleitung zu einer einwöchigen Türkei-Reise eingeladen, als Dank für die Kundentreue sozusagen. Reiseveranstalter ist BigXtra.

Ein wichtiger Bestandteil des sieben-Tage-Trips soll eine Rundfahrt durch verschiedene Regionen und historische Stätten der Westtürkei sein. An Kosten würden laut Ankündigung im Reiseprospekt nur der Flug von 240 Euro für zwei Personen inklusive Stornogebühren, anfallen. Spontan fassen Herr und Frau R. den Entschluss, einmal eine andere Urlaubs-Art auszuprobieren – noch dazu, wo der Aufenthalt doch gratis sein soll. Den Anstoß gibt nicht zuletzt der ausdrückliche Hinweis im Prospekt, dass es sich nicht um eine Verkaufsfahrt handeln würde. Im März 2008 geht die Reise los.

Erstens kommt es anders, zweitens,….

Kurz nach der Ankunft im Hotel startet die erste Erkundungsführung. Im Nachhinein ist bei Herrn R. der Eindruck entstanden, dass das der Auftakt zur gezielten Vorbereitung und Stimmungsmache für die bald folgenden Einkaufstouren war.

Dass einem doch keiner was schenkt, stellt das Ehepaar erstmals auf dieser Reise fest, als die Masche mit den Mahlzeiten aufs Tapet kommt. Das Frühstück ist im Arrangement inkludiert, die übrigen Speisen nicht. Herr und Frau R. würden diese gerne in netten Restaurants in der Umgebung einnehmen. Allein, das ist nicht möglich. Schließlich ist Nebensaison. Bei den Nachbarhotels laufen gerade die Vorbereitungen für die Haupturlaubszeit. Und so gibt es weder Taxis noch geöffnete Restaurants in Hotelnähe. Es bleibt nichts anderes übrig, als das Speise-Angebot des Hotels anzunehmen. Die Kosten: 14 Euro pro Person und Abendessen.

Am zweiten Tag finden sich die erstaunten Eheleute mitten in einer regelrechten Verkaufsshow wieder. Ziel des Tages ist die Besichtigung des Dorfes Pamukkale. Dort sollen die berühmten Kalksinterterrassen angesehen werden. Ein Reisehöhepunkt, auf den sich Familie R. besonders freut.

Also doch: eine Verkaufsveranstaltung nach der anderen

Doch der Weg dorthin ist ein weiter …Grund: Bis zum Erreichen des über 300 Kilometer entfernten Ziels haben die Reisenden etliche Werbeveranstaltungen über sich ergehen zu lassen. Sicher, man ist mit klimatisierten Bussen unterwegs und der freundliche Reiseleiter scheint wirklich bemüht, den Teilnehmern Land und Leute näher zu bringen. In einer Tour beschreibt er die sozialen Aspekte der Bevölkerung: Es ist von Armut die Rede, von Landarbeitern, Baumwollpflückereien und davon dass viele Frauen durch das Teppichknüpfen Arbeit hätten. Herr R. empfindet die mit Eindringlichkeit und Nachdruck dargebrachten Schilderungen schon irgendwie penetrant: „Da kann doch was nicht stimmen, wenn man derart durchgeknetet wird“, ist sein Eindruck, als der Bus die erste Station, eine Teppich-Verkaufsstelle, anfährt.

Abzocke inklusive

Perfekt durchorganisiert ....

Nicht schlecht staunt Familie R. über die ausgefeilte Organisation. Jeder Bus bekommt eine Tafel mit einer Nummer. Aus der Beschilderung geht hervor, dass gleichzeitig die Reisenden von 100 Bussen betreut werden können. Laut Prospekt hätte man sich eigentlich eine Teppichknüpferei anschauen sollen. Dass es sich lediglich um eine Teppichsammelstelle handelt, ist für das Ehepaar R. eine von etlichen noch folgenden Enttäuschungen. Und noch einmal wird viel über soziale Hintergründe erklärt. Es handle sich um ein Regierungsprojekt. Mit dem Kauf von Teppichen würde man wertvolle Hilfe leisten.

.... und psychologisch gut geschult

Zur Untermauerung sehen die Touristen vier Teppichknüpferinnen bei der Arbeit. Später erinnert sich Herr R. daran, dass die Arbeiterinnen nur wenige Zentimeter Knüpfwerk geschafft hatten. "Sind die wirklich in einer Teppichknüpferei beschäftigt?“, fragt sich Familie R. nicht zu Unrecht. Viele Teppiche werden vorgeführt. Die Händler beherrschen perfektes Deutsch. Frau R. erwähnt etwas von Naturfarbe und sofort wird bei jedem Produkt auf die Naturfarbe verwiesen. Ein Teppich hat es Frau R. angetan. Herr R. ist eigentlich nicht begeistert. Er will seiner Frau die Freude aber nicht verderben und so entscheiden sich die beiden für einen Teppich. Ob man das schöne Stück gleich mitnehmen könne, erkundigen sich die Reisenden. "Nein, wir schicken den Teppich zu. Sie bekommen eine Anzahlungsbestätigung. Geben Sie mir die Hand drauf", lautet die lapidare Antwort.

Herr R. leistet eine Anzahlung von 500 Euro mit der Visakarte. Er bekommt einen Kaufvertrag, der jedoch nirgendwo die gesamte Kaufsumme von 900 Euro ausweist. Wahrscheinlich kaufen auch andere aus der Reisegruppe. Direkt mitbekommen können die R`s das deshalb nicht, weil sie bei den Verkaufsgesprächen von den Mitreisenden separiert werden.

Kaum Zeit für die Besichtigung

Anschließend geht die Fahrt weiter zu einer Bekleidungsfabrik. Auch eine Gold- und Edelsteine-Verkaufsstelle gilt es zu besuchen. Das nimmt noch zwei Stunden in Anspruch. Und so kommt die Reisegruppe erst mitten am Nachmittag an ihrem eigentlichen Ausflugsziel an. Für den tatsächlichen Grund des Ausflugs, nämlich die Besichtigung der Ausgrabungen, bleiben gerade eineinhalb Stunden Zeit.

Preisunterschiede bis zum Fünffachen

Am nächsten Tag macht das Ehepaar in der Nähe des Hotels einen Spaziergang und kommt an einem Teppichgeschäft vorbei. Der zugehörige – ebenfalls sehr eloquente Verkäufer – weist gleich darauf hin, dass er die meiste Zeit des Jahres mit seiner Frau in Linz lebt. Die Eheleute erzählen vom Teppichkauf in der Fabrik. Der tüchtige Kaufmann führt daraufhin sein eigenes Teppichsortiment vor.

Mit den Worten "Ich schenke Ihnen reinen Wein ein“, zückt er einen großen Ordner mit Einspruchsschreiben von Österreichern, die in der Türkei überteuerte Teppiche gekauft haben. Angeblich hat er diese Leute beim Stornieren der kostspieligen Stücke unterstützt. „Ich helfe Ihnen aus der Patsche. Sie haben das bis zu Fünffache des Wertes bezahlt. Ich verkaufe Ihnen einen Teppich, der wert ist, was er kostet und helfe, die Anzahlung zu stornieren“, bietet er dem überraschten Ehepaar an und klärt Familie R. haarklein über die Verkaufs-Praktiken so mancher seiner Landsleute auf. Er weist darauf hin, dass die auf der Visarechnung aufscheinende Firma nicht ident sei mit dem Firmennamen auf den Verkaufsunterlagen. Mit diesem Trick könne die Anzahlung am türkischen Finanzamt vorbeigeschleust werden. Außerdem weiß er von Provisionen zu erzählen: an so manchen Reiseveranstalter fließen bis zu 40 Prozent der Verkaufspreise.

Familie R. schätzt den Verkäufer als besonders rechtskundig ein. Immerhin erzählt er von seiner Arbeit bei der türkischen Handelskammer. 

Storno, zwei neue Teppiche und ein gutes Gefühl

Tatsächlich haben die R`s den Eindruck, hier wesentlich günstigere Teppiche vorzufinden als bei der Verkaufsfahrt. Und sie staunen nicht schlecht, als sie die Korrespondenz von Leuten sehen, die Teppiche um 20. bis 30.000 Euro gekauft haben. Laut Aussagen des beredten Händlers sind die horrenden Summen in etlichen Fällen mittels durchaus üblicher telefonischer Nachverhandlungen um einige tausend Euro reduziert worden.

Das Ehepaar R. fasst Vertrauen zu dem wortgewandten Verkäufer und entscheidet kurzerhand, die angebotene Hilfe bei den Stornoschreiben in Anspruch zu nehmen. Diese werden unter anderem an das türkische Finanzamt und an die Handelskammer verschickt. Immerhin hat Herr R. außer dem Visabeleg nicht einmal eine Rechnung für den anbezahlten Betrag erhalten.

Das Ende des Reiseerlebnisses: Das Ehepaar R. kauft dem engagierten Kaufmann zwei Teppiche um 1400 Euro ab. Bei diesem Geschäft haben beide Ehepartner ein gutes Gefühl. Die Stornierung des in der Fabrik anbezahlten Betrages von 500 Euro funktioniert tatsächlich. Das Geld befindet sich drei Wochen nach der Rückkehr auf Herrn R`s Konto.

Abzocke inklusive

Für Herrn und Frau R. ist diese Reise emotional sehr aufwühlend. Dass man so leicht über den Tisch gezogen werden kann, ist nicht leicht zu verkraften. Immerhin dürfen sie über die restlichen Ferientage selbst bestimmen und verbringen die Zeit mit Strandspaziergängen in Hotel-Nähe. Das Hotel ist im Übrigen ganz in Ordnung. Herr R. hat nach seiner Reise mit etlichen Leuten gesprochen, die ähnliche Kauferlebnisse zu berichten haben. Besonders leid tut es ihm um die in den Bussen abgesessene Zeit im Rahmen der langen Verkaufsfahrten. Irgendwie fühlt er sich um seinen gutgläubig angetretenen Urlaub gebracht. Wer hat schon Urlaubstage zu verschenken? Ob den Zuständigen bei der Sportkette bewusst ist, dass sie die Leute mit so einem Reiseangebot in Verkaufsfallen hineinlocken, und ob die wissen, dass sich solche Besichtigungstouren als reine Abzocke entpuppen? Das würde Herrn R. interessieren.

Als Reinfall betrachtet Herr R. die Reise dennoch nicht. „Wir haben viel gelernt, und wir waren am Meer“, zieht Herr R. bescheiden Resümee.

Veranstalter, Hotelier und Teppichhändler sind wahrscheinlich auf ihre Kosten gekommen. Für Familie R. sind trotz "gratis“ welche entstanden.

Auch AK NÖ warnt vor vermeintlichem Reisegewinn

Traumreise gewonnen? Fehlanzeige!

Ein Gewinnschreiben von M.E.I.E.R. Reisen versprach einen Traumurlaub in die Türkei.  Doch aus der Reise wurde nichts. Was blieb, sind Spesen.

Ein St. Pöltner freute sich zu früh als er bei einem harmlos wirkenden Gewinnspiel zuerst die richtig ausgefüllte Lösungskarte einschickte und dann eine Gewinnverständigung bekam. Er hätte eine 8-tägige Traumreise in die Türkei für zwei Personen mit dem Reiseveranstalter M.E.I.E.R. gewonnen. Das beigelegte Prospekt machte schon Lust auf Sonne, Strand und Meer und das alles noch dazu fast kostenlos. Nur eine Bearbeitungsgebühr samt Flughafenzuschlag in Höhe von 194 Euro für beide Reisende sei vorab zu bezahlen.

Reise kurzfristig abgesagt

Zwei Wochen vor Reiseantritt bekam der Niederösterreicher ein zweites Schreiben von  M.E.I.E.R Reisen. Die Reise müsse leider abgesagt werden, hieß es darin. „Als fadenscheiniges Argument wurde genannt, dass sämtliche Flüge und Hotels in der Türkei überbucht wären, weil Touristen aufgrund der politischen Entwicklungen in Nordafrika auf die Türkei als Reisedestination ausgewichen seien“, zitiert AKNÖ-Konsumentenexpertin Christa Hörmann aus dem Schreiben. Dem Gewinner blieb nur die Möglichkeit, die Reise auf einen vom Veranstalter vorgegebenen Zeitpunkt zu verschieben oder die Reise gegen eine Gebühr von 76,80 Euro zu stornieren. Von einer Rückerstattung der bereits bezahlten 194 Euro war keine Rede. „Das ist leider kein Einzelfall, denn dieses Gewinnschreiben war eine Massenzusendung“, weiß Hörmann.

Eine solche Vorgehensweise sei jedoch klar rechtswidrig. „Wenn der Reiseveranstalter eine Reise verschieben muss, so muss für den Konsumenten ein kostenloser Rücktritt vom Vertrag möglich sein“, weiß Hörmann und warnt: „Bloß nichts bezahlen und Massenzusendungen am besten gleich in den Papierkorb werfen.“

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