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Carver-Ski - Ab jetzt wird gecarvt

  • Carven verdrängt den klassischen Skilauf
  • Die besten Modelle für Einsteiger, Umsteiger und Könner
  • Arge Schnitzer im Belastungstest

Mit dem Carver hat die Ski-Industrie, die lange Jahre in einer Absatzkrise steckte, einen Volltreffer gelandet. Carver-Ski sind auf dem Weg, den klassischen Alpinski vollständig zu verdrängen; letztere beschränken sich zunehmend auf Sonderangebote.

Für die Skifahrer ist dies eine zweischneidige Sache. Einerseits erfreulich, dass auch der Normalverbraucher die Vorzüge der neuen Skigeometrie auskosten kann. Andererseits – richtiges Carven will gelernt sein, man muss seine Fahrweise umstellen. Und es wird wohl viele passionierte Skifahrer geben, die das eigentlich gar nicht vorhatten.

Die Skibranche beruhigt: Die neuen Modelle seien längst nicht mehr so aggressiv wie die Carver der ersten Stunde. Dank Optimierung der Skigeometrie sind die Allround-Modelle leicht zu beherrschen und verzeihen viele Fehler, so heißt es. Auch weniger Geübte können auf der Kante fahren. Die weniger stark ausgeprägte Taillierung und die geringere Verdrehsteifigkeit verhindern allerdings, dass die Kanten allzu unerbittlich zupacken.

Das Skiende ist meist schmäler als die Schaufel, das unterstützt das rutschende Schwingen (Driften), wie es viele Skifahrer gewohnt sind. Das hieße, man kann die alte Technik auf den neuen Latten beibehalten.

Vom Allround- bis zum Race-Modell

Von diesen Allround-Modellen (in der Tabelle als Typ A bezeichnet) zu unterscheiden sind die Ski für Carving-Spezialisten, die als Extrem-Carver oder – etwas missverständlich – als Fun-Carver bezeichnet werden. Sie sind am stärksten tailliert und eher kürzer (Typ B). Für diejenigen, die gerne auf unpräparierten Pisten oder gar im Gelände fahren, finden sich Allterrain- oder Cross-Modelle (Typ C) im Angebot. Sie haben eine ähnliche Form wie Allround-Carver, sind aber insgesamt breiter als diese. Race-Carver, die Topmodelle für die am Rennlauf Orientierten, haben wir nicht im Test berücksichtigt.

Den Versprechungen der Hersteller wollten wir auf den Grund gehen. Wie werden die neuen Modelle von den Betroffenen bewertet? Im Praxistest ließen wir nicht nur Skilehrer zu Wort kommen, sondern Fahrer unterschiedlichen Fahrkönnens: Komfortskifahrer, die sicher im Parallelschwung unterwegs sind; sportliche Fahrer, technisch gut und gerne flott unterwegs; sowie Skifahrexperten, perfekt und schnell, die das Carven schon beherrscht haben, als es noch keine Carver-Ski gegeben hat.

Der Praxistest auf dem Hintertuxer Gletscher sollte viele Werbeslogans entzaubern. Wohl kommen auch Normalsterbliche mit klassischem Fahrstil mit den meisten Modellen ganz gut zurecht, immerhin ein Drittel der Ski wurde von den Testpiloten allerdings lediglich als passabel empfunden – nicht gerade eine Empfehlung für renommierte Skimarken. Bei den Komfortskifahrern kamen drei Modelle ganz besonders gut an: Salomon Axecleaver 8 und die beiden Blizzard-Modelle White Shark und Sigma X-Mountain Carve. Einsteiger sollten besonderes Gewicht auf die Werte für Rutschen und Toleranz legen: Wie leicht fallen gerutschte Schwünge, wie weit werden Fahrfehler verziehen?

Es fällt auf, dass keines der drei sehr guten Modelle von den Herstellern als Allround-Typ bezeichnet wird. So hat Salomon den Axecleaver der Klasse der Extremcarver zugeordnet, während die sportlicheren Testläufer diesem Modell keine herausragenden Eigenschaften attestieren wollten.

Werbegags statt Produktbeschreibung

Und damit ist das leidige Problem der Kennzeichnung angesprochen. Die Phantasie der Hersteller bei der Bewerbung ihrer Produkte kennt keine Grenzen, der Informationsgehalt für Kaufwillige ist allerdings äußerst dürftig. Mangels einheitlicher Deklarierung bleibt die Einteilung der Skimodelle in bestimmte Kategorien den Händlern vorbehalten, die damit oft überfordert sind. Schließlich können sie nicht jedes Modell selbst ausprobieren. Da darf es nicht verwundern, wenn der orientierungslose Konsument den Preis als Hauptkriterium für seine Entscheidung heranzieht. Wenn ohnehin alle Ski super sind, dann wählt man natürlich den billigsten aus. Warum ist es denn so schwer, für Allround-Modelle eine einheitliche Bezeichnung zu finden; und warum kann man denn nicht zugestehen, dass die leichte Drehbarkeit mit einer etwas verringerten Laufruhe einhergeht?

Neben den Fahreigenschaften im Praxistest haben wir auch die Materialqualität getestet. Wie wurden die Ski verarbeitet? Werden die Markenski ihrem Ruf als High-Tech-Produkte gerecht? Das Ergebnis ist eher ernüchternd. Etwa die Hälfte der Ski kommt über eine durchschnittliche Qualität nicht hinaus. Die große Schwachstelle im Belastungstest stellten die Kanten dar. Wenn man über einen Stein fährt, nimmt man einen Kratzer auf dem Belag in Kauf. Inakzeptabel ist es aber, wenn die Kante ausreißt – der Ski ist dann kaputt. Getestet wird die Ausreißfestigkeit mit einem Schlagpendel, das mit genormter Kraft zwischen Belag und Stahlkante auftrifft. Dass gleich sechs Skimodelle bei dieser Prüfung mit Pauken und Trompeten durchfielen, ist die größte Enttäuschung in diesem Test. Ein 5000-Schilling-Produkt sollte nicht schon beim ersten Stein schlapp machen.

Immer wieder werden Kanten bei der Verarbeitung sehr weit abgeschliffen. Das wirkt sich auf die Lebensdauer aus, die Kanten müssen ja bei jedem Service wieder geschliffen werden. So kann es sein, dass nach ein paar Behandlungen die Kante zu dünn wird. Die Kante ist ja auch ein tragendes Element, das dem Ski die erforderliche Biegesteifigkeit verleiht.

Mängel auch bei teuren Modellen

Probleme hatten einige Modelle auch beim Aufpralltest, bei dem die Kraft simuliert wird, die beim Fahren auf welligen, vereisten oder Buckelpisten auf den Ski einwirkt. Außer bei zwei Modellen von Blizzard, bei denen sich die Verklebung im Schaufelbereich löste, wurden jedoch keine gravierenden Mängel festgestellt. Bei einigen Modellen entstanden allerdings Haarrisse an der Oberseite.

Die Laufflächen, die auf Unebenheiten untersucht wurden, gaben nur wenig Anlass zu Beanstandungen. Keinerlei Mängel wurden schließlich bei der Prüfung der Klebefestigkeit festgestellt. Alle Modelle überstanden ein 24-stündiges Wasserbad, ohne dass es zu einem Aufquellen von Schichten gekommen wäre.

Die technische Prüfung absolvierten die Marken Head, K2 und Salomon am besten. Das schlechtere Abschneiden einiger anderer ist – zum Teil – mit dem niedrigeren Preis erklärbar. Allerdings musste auch bei einigen hochpreisigen Modellen eine schlechte Verarbeitungsqualität festgestellt werden. Zum Beispiel Vectris V30 von Völkl, mit einem Preis von 6000 Schilling einer der teuersten Carver im Test.

Die Unterschiede in der Skigeometrie

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Atomic Carver-Ski 1
Atomic Carver-Ski 1 Starke Taillierung und V-Form, das heißt, die Schaufel ist viel breiter als das Ende (Atomic Betacarv X 9.11). |
Fischer Carver-Ski 2
Fischer Carver-Ski 2 Viel weniger tailliert, Schaufel und Ende gleich breit (Fischer DRS Control). |
Kneissl Carver-Ski 3
Kneissl Carver-Ski 3 Tailliert, aber insgesamt breiter (Kneissl Ergo [CG] Cross). |
Atomic Carver-Ski 1
Fischer Carver-Ski 2
Kneissl Carver-Ski 3

Schrittwechsel vor dem Schwung . Der Innenski (vom Schwungzentrum des kommenden Schwunges aus gesehen) wird bereits vor dem Schwung nach vorne geschoben.

Kantenwechsel vor dem Schwung . Unmittelbar darauf und ebenfalls vor dem Schwung wird auf die Innenkante gewechselt. Und zwar durch Kippen der Beine aus dem Hüftgelenk, nicht aus den Knien.

Körper in Fahrtrichtung . Der Oberkörper bleibt nicht starr dem Tal zugewandt, sondern macht die Richtungsänderung mit, so dass die Schulterachse stets quer zu den Ski steht.

Offene Skiführung, kein Stockeinsatz . Eine breitere Skiführung ermöglicht einen besseren Kantenwinkel und eine größere Standfläche. Kein Stockeinsatz, das fördert nur eine falsche Körperhaltung.

Beim Aufpralltest wird der Ski mit einer Kraft bis zu 80 Kilogramm hochgezogen und auf eine Stahlplatte geschlagen.

Atomic Austria GmbH, Lackengasse 301, A-5541 Altenmarkt im Pongau, 0 64 52/39 00-0

Blizzard Marketing GmbH, Klausgasse 32, A-5730 Mittersill, 0 65 62/63 91-0

Dynamic: Atomic Austria GmbH, Lackengasse 301, A-5541 Altenmarkt im Pongau, 0 64 52/39 00-0

Dynastar Deutschland, Frauenstraße 26, D-82216 Maisach, 00 49/81 41/940-0

Fischer GmbH, Ski/Tennis, Fischerstraße 8, A-4910 Ried im Innkreis, 0 77 52/909-0

Head Sport AG, Wuhrkopfweg 1, A-6921 Kennelbach, 0 55 74/608-0

K2 Ski-Sport-Mode GmbH, Hauptstraße 6, A-4813 Altmünster, 0 76 12/890 32

Kneissl Dachstein Sportartikel GmbH, Rabach 1, A-4591 Molln, 0 75 84/33 51-0

Rossignol Österreich GmbH, Bernhard-Höfel-Straße 14, A-6020 Innsbruck, 0 51 2/36 45 85-0

Salomon Österreich GmbH, Lagerhausstraße 447, A-5071 Wals-Siezenheim, 0 66 2/85 11 85-0

Völkl Vertriebsbüro Österreich, Am Oberholz 14, A-4770 Andorf, 0 77 66/40 70

Die richtige Länge. Variiert nach dem Einsatzbereich. Für Komfortskifahrer wird in der Regel die passende Skilänge der Körpergröße entsprechen.

Nicht alle sind geeignet. Mangels einheitlicher Produktdeklaration ist es schwierig, ein geeignetes Modell auszuwählen. Informieren Sie sich daher auch unter Freunden und Bekannten.

Radius wichtig. Fragen Sie nach dem Radius (Seitenform) der Skimodelle in der gewünschten Länge. Je kleiner der Radius, desto ausgeprägter sind die Carving-Eigenschaften. Bei 1,80 Meter langen Allround-Modellen liegt der Radius meist um die 20 Meter.

Testski ausleihen. Am besten wäre es, dafür einen Skiurlaub zu benützen: So kann man jeden (Halb-)Tag ein anderes Paar Ski Probe fahren. Vielleicht finden Sie daran Gefallen und verzichten auf einen Kauf?!

Getestet wurden 34 Carvermodelle. Davon waren 11 Allround-, 11 Fun- und 12 Allterrain-Modelle (laut Herstellerzuordnung). Die Allround- und Allterrain-Modelle wurden der Körpergröße der Tester und Testerinnen gemäß eingekauft. Die Richtpreise liegen zwischen 3500 und 7000 Schilling.

Praxistest

Die Ski wurden auf dem Hintertuxer Gletscher von drei Gruppen zu je vier Personen (1 Frau, 3 Männer) in Anlehnung an die Önorm ISO 8783 Probe gefahren. Für jede Gruppe (Komfortfahrer, Skifan, Experte) wurde ein getrenntes Urteil ermittelt. Bewertet wurden Carven/Schneiden, Rutschen/Driften, Kantengriff und Bremsen sowie die Toleranz auf einem vorgegebenen Kurs. Zusätzlich wurde auf nicht präparierten Pisten und im Gelände getestet.

Technische Prüfung

Für die Beurteilung der Klebefestigkeit wurde der Ski im durchgebogenen Zustand 24 Stunden in ein Wasserbad gelegt und danach auf Schäden überprüft. Die Ausreißfestigkeit der Kante wurde mit einem Schlagpendel (definiertes Gewicht und Fallhöhe) geprüft, es wurden jeweils zwei Schläge an einem Ski durchgeführt und die Verformung der Kante gemessen. Die Lebensdauer der Stahlkante wurde durch Vermessen der Kante in der Skimitte ermittelt. Weiters wurde die Lauffläche auf ihre Planheit überprüft.

Beim Aufpralltest wurden Schaufel und Skiende mit unterschiedlichem Gewicht (3mal mit 60 kg, 1mal mit 70 kg und 1mal mit 80 kg) hochgezogen, auf eine Stahlplatte aufgeschlagen und danach auf sichtbare Schäden überprüft.

Abonennten-Service

Wenn Sie wissen wollen, wie die Gruppen Sportfans beziehungsweise Experten die Skimodelle im Detail bewertet haben, schicken wir Ihnen die Tabellen kostenlos zu:

Tel.: 01/588 770

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