Urlaubszeit. Da geben viele das Geld etwas lockerer aus als im harten Alltag, was ganz nett sein kann, sofern man nicht ausgerechnet nach St. Nepp am Nehmersee fährt. Aber auch der sparsame Urlauber findet kleine Freuden, die nicht ins Geld gehen. Ansichtskarten zum Beispiel. Die Ansichtskarte gilt schon länger als bedrohte Art, weil so gut wie jeder ein Handy hat und die Fortschritte seines Sonnenbrandes stündlich nach Hause melden kann. Dennoch hält sich die Karte wacker, und dabei soll es auch bleiben. Es wäre schade darum, weil sie, wenn man’s hochgestochen ausdrücken will, eine besondere Form der Literatur darstellt.
Oft mit Herzblut geschrieben
Damit sind nicht jene Autoren gemeint, die ein liebloses „Herzliche Urlaubsgrüße aus Caorle“ verfassen. Vielmehr geht es um die Ansichtskarten, die quasi mit Herzblut geschrieben werden. Oft sieht man Urlauber unter südlicher Sonne ernsthaft grübeln, bevor sie ihr Werk vollenden, und manchmal geraten Autorengemeinschaften, sprich Familien, darüber sogar in Streit.
Auf den Inhalt achten
Wem muss man schreiben? Wen soll der Neid zerfressen, weil man so toll urlaubt? Welche Karte soll man wählen? Fragen über Fragen. Im Idealfall entsteht ein Stück Kurzprosa mit fröhlichem Grundton, aber Vorsicht! Überschäumende Heiterkeit, an deren Entstehung womöglich ein Grappa beteiligt ist, wird vom Empfänger nicht immer verstanden. Denn was in Urlaubslaune zum Brüllen witzig ist, wirkt daheim bei Regenwetter manchmal nur mehr blöd.
Passiert einem so ein Missgeschick, hat man immerhin noch die Chance, den Empfänger schonend vorzubereiten. Weil in vielen Fällen der Autor früher aus dem Urlaub kommt als die Karte.