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Tee - Soziale Verantwortung - Der Preis der Qualität

  • Handgepflückte Teeblätter garantieren höchsten Genuss
  • Kinder und Zwangsarbeiter im Einsatz
  • Verbesserungen greifen nur langsam

Geerntet von Kinderhänden

Auf den Plantagen von Vale do Ribeira in Brasilien sind Teepflücker im Alter von sieben Jahren keine Seltenheit. Man schätzt den Einsatz von Kindern, weil die Teebüsche nicht sehr hoch sind und das ewige Bücken für Erwachsene anstrengend ist. Kinder sind da effizienter. Das Pflücken lernen sie sehr schnell. Wenn man nur die jüngsten Blätter und die Blattknospe nimmt, ist die Qualität am besten. Deswegen wird der Tee auch heute noch von Hand geerntet.

Unmenschliche Bedingungen

Qualität hat eben ihren Preis, und der lautet: Kinderarbeit, miserabel bezahlt. Die Kinder haben vom ständigen Kontakt mit den Pflanzen Striemen an Armen und Beinen oder Blutergüsse. Sie tragen häufig nur kurze Hosen, T-Shirts und Gummisandalen, manche müssen barfuß laufen. Ständig lauert die Gefahr, von Schlangen gebissen oder von Bienenschwärmen überfallen zu werden. Häufig bekommen sie Fieber durch die lange, anstrengende Arbeit im rauen Klima – Teegärten befinden sich oft auf steilen Gebirgshängen bis zu einer Höhe von 3000 Meter.

Die alten Kolonialherren

Hauptanbaugebiete sind China, Indien, Sri Lanka und Kenia. Der Markt für Schwarz- und Grüntee wird von wenigen Multis dominiert. Sieben große Teegesellschaften teilen 90 Prozent des internationalen Handels unter sich auf, darunter der britisch-niederländische Konzern Unilever und die indische Unternehmensgruppe Tata. Sie kontrollieren die gesamte Wertschöpfung vom Teestrauch in den Tropen bis zum Teebeutel in den Supermärkten der reichen Länder.

Starke Marken

Als Relikt aus der Kolonialzeit haben die Multis ihre eigenen Plantagen, sie dominieren den Handel, haben großen Einfluss auf die Transportgesellschaften und sind mit starken Marken auf dem Endverbrauchermarkt präsent. Unilever etwa mit der Marke Lipton, von der in Österreich der Eistee bekannt ist.

Abhängigkeit von den Großen

Es gibt aber auch sehr viele kleine Produzenten. Grund: Der Teeanbau erfordert keine besonderen Investitionen, die immergrünen Sträucher garantieren eine kontinuierliche Ernte über das ganze Jahr hinweg und das Risiko eines kompletten Ernteausfalls ist gering. Die kleinen Teebauern sind den Big Playern am Markt auf Gedeih und Verderb ausgeliefert. Sie bekommen für ihren Tee einen geringeren Preis als Plantagenbetreiber.

Teurer Eistee

Das große Geld schöpfen andere ab: für Transport, Abfüllen in Teebeutel, Marketing und Handel. Noch größer sind die Gewinnspannen bei Eistee oder Instant-Tee, wo für einen geringeren Tee-Anteil höhere Preise erzielt werden können. Dieselbe Menge Tee kostet den Konsumenten in Form von Eistee rund 17-mal so viel wie im Teebeutel.

Kräuter- und Früchtetees beliebter

Auf dem österreichischen Markt beherrschen drei Marken das Geschehen: Teekanne (Stammsitz in Düsseldorf), Twinings (die britische Marke wird von Maresi vertrieben) sowie Milford (Ostfriesische Teegesellschaft). Die Eigenmarken der Handelsketten kommen zusammen auf rund 10 Prozent. Alles in allem ist der Konsum von Schwarz- und Grüntee in Österreich eher gering. Der jährliche Pro-Kopf-Verbrauch beträgt 46 Liter, während Kräuter- und Früchtetees 82 Liter auf sich vereinen.

Moderne Sklaverei

Jahrhundertelang ist Sklaverei die gängige Beschäftigungsform auf Teeplantagen gewesen. Nach dem Untergang der Kolonialreiche hat sich die Situation allerdings nicht grundlegend geändert. Das heutige Abhängigkeitsverhältnis gleicht einer modernen Form von Zwangsarbeit. „Sie werden in den Gärten geboren und sterben in den Gärten“, heißt es in einer indischen Studie aus dem Jahr 2000. Ganze Familien sind den Plantagenbesitzern ausgeliefert, eine andere Erwerbsquelle gibt es in entlegenen Gebieten nicht.

Kein Ausweg

Die Kinder müssen nach der Grundschule als ungelernte Arbeiter auf den Plantagen schuften. Ohne Aussicht, sich weiterbilden zu können. Die meisten der Teearbeiter in Indien sind Abkömmlinge von Immigranten in dritter oder vierter Generation, ohne je ein Heimatrecht erworben zu haben. Wenn sie eine andere Arbeit suchen wollen, laufen sie Gefahr, ausgewiesen zu werden. So bleiben Generationen in diesem Arbeitsverhältnis gefangen.

Zwangsarbeit in China

Aber auch in China ist es nicht besser. Viele Menschen müssen in Straflagern Zwangsarbeit verrichten. Nach Aussagen eines Dissidenten stammte im Jahr 1997 ein Drittel der chinesischen Teeproduktion aus Straflagern. Neuere Zahlen sind nicht verfügbar, doch es gilt als wahrscheinlich, dass Tee in China zu einem großen Teil noch immer von Zwangsarbeitern produziert wird.

Frauen- und Kinderarbeit

Für die einfachen, jedoch anstrengenden Arbeiten werden überwiegend Frauen, aber auch Kinder eingesetzt. In vielen Fällen haben Frauen gar keine andere Wahl, als ihre Kinder mit zur Arbeit zu nehmen. Laut einem UNICEF-Report waren 2002 in Kenia 30 Prozent der Teepflücker unter 15 Jahre alt. Insgesamt wird die Zahl von Kinderarbeitern in der Teeproduktion auf mehrere Hunderttausend geschätzt. Viele von ihnen als unbezahlte Helfer ihrer Eltern, damit die ihre Quoten erfüllen können.

Machtlose Gewerkschaften

Wenn es Gewerkschaften gibt, so sind sie schwach und untereinander zerstritten, häufig unterstützen sie eher die Interessen der Arbeitgeber. Die Arbeitskräfte gehören in der Regel den untersten sozialen Schichten an, Gewerkschaftsfunktionäre hingegen dem Mittelstand.

0,60 US-Dollar Tageslohn

Die Löhne sind besonders niedrig. Laut einer offiziellen Statistik der indischen Regierung verdienen Landarbeiter in der Teeproduktion 0,60 US-Dollar pro Tag, während Baumwollpflücker 1,65 Dollar bekommen. Die Löhne in der indischen Teeproduktion liegen damit weit unter dem Mindestlohn, nicht geeignet, auch nur die minimalen Lebenshaltungskosten zu decken.

Gefährdung von Mensch und Umwelt

Der teilweise massive Einsatz von Insektiziden und anderen Schädlingsbekämpfungsmitteln bedroht Mensch und Umwelt. Die Arbeiter und ihre Familien sind diesen giftigen Substanzen ständig ausgesetzt, weil sie auf den Plantagen in primitiven Behausungen leben. Schutzbekleidung gibt es nicht oder sie ist unzureichend. Die Umwelt wird auch durch die Monokulturen bedroht, Wälder werden gerodet, was den Boden erodieren lässt und immer wieder zu Erdrutschen führt.

Ethical Tea Partnership

Die Teegesellschaften mussten auf diese unzumutbaren Bedingungen früher oder später reagieren. So starteten namhafte Unternehmen im Jahr 1997 eine Initiative, in der sie sich zu bestimmten Prinzipien verpflichteten. Heute hat die „Ethical Tea Partnership“ (ETP) 22 Mitglieder, darunter die Weltmarktführer Unilever und Sara Lee, aber auch die Marke Twinings, die wie erwähnt auf dem österreichischen Markt stark vertreten ist. Alle Lieferanten müssen die ETP-Richtlinien, beispielsweise Verzicht auf Kinder- und Zwangsarbeit, erfüllen. Es gibt eine unabhängige Kontrolle – durchgeführt von PriceWaterhouseCoopers.

Fehlende Grundsätze

Die Zivilgesellschaft bleibt allerdings weitgehend ausgeschlossen, weder mit lokalen Gruppen noch mit Nichtregierungsorganisationen in den reichen Ländern gibt es eine kontinuierliche Kooperation. Das niederländische Centre for Research on Multinational Corporations (SOMO) kritisiert in einem Bericht aus dem Jahr 2006, dass wichtige Grundsätze wie ein existenzsichernder Lohn oder die Festlegung der maximalen Arbeitszeit fehlen; Kontrollen würden zuvor angekündigt, die Anonymität der befragten Arbeitnehmer sei nicht gewährleistet. Und die Öffentlichkeit bekäme praktisch keine Informationen.

Kaum Informationen

Der zweite große Anbieter auf dem österreichischen Markt, Teekanne, ist nicht Mitglied der ETP. Er bekennt sich aber ebenfalls zu den zentralen sozialen Kriterien. Die Lieferanten verpflichten sich eigenen Angaben zufolge zu deren Einhaltung, die von Teekanne-eigenen Auditoren kontrolliert wird. Doch gleich ob Teekanne oder Twinings: Das Thema Ethik spielt keine große Rolle in der Kommunikation nach außen, interessierte Kunden finden auf der Homepage keine konkreten Informationen dazu.

Wer am Tee verdient:

 

Der Teepflücker bekommt
für 1 kg Tee € 0,51
Der Lohnanteil beträgt
2,8 %

Der örtliche Produzent
verkauft ihn um
€ 1,25
Bei der Auktion wird dieser 
Preis erzielt
€ 1,39
Hafengebühren, Exportsteuern
und Transport erhöhen den
den Preis auf
€ 2,47
Durch Marketing und
Verpackung in Teebeutel
steigt er auf
€ 8,51

Der Konsument
im Supermarkt muss dafür 
€ 18,10 bezahlen

Quelle: ProFound 2005 
Fotos: Waldhäusl (2), Wodicka

 

Tee: Kompetent mit "Konsument"

  • Prekäre Verhältnisse. Die sozialen und ökologischen Bedingungen der Teeproduktion gehören weltweit zu den schlechtesten. Kinderarbeit und Zwangsarbeit sind immer noch Alltag.
  • Erste Schritte. Die großen Teegesellschaften haben begonnen, sich ihrer Verantwortung zu stellen. Es bleibt aber strittig, ob dies zu einer generellen Verbesserung der Lage geführt hat.
  • Tee aus fairem Handel. Wer auf Nummer sicher gehen will, greift am besten zu Produkten mit dem Fairtrade-Logo. Es gibt eine breite Auswahl von Schwarz- und Grünteesorten, die auch in vielen Supermärkten erhältlich sind (Händlerliste: www.fairtrade.at).

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