Stevia gegen Zucker: Wie natürlich ist der neue Süßstoff tatsächlich, wer braucht ihn und vor allem – wie schmeckt er? Wir haben Stevia-Produkte verkostet und auch gleich nachgeschaut, ob in den Produkten tatsächlich drin ist, was außen draufsteht. - Die tabellarische Übersicht zu den einzelnen Stevia-Produkten gibt es nur hier in der Online-Ausgabe nicht aber im Heft.
Sie waren nicht zu übersehen, die riesigen Plakate in Knallfarben samt einprägsamem Text wie z.B. diesem: "Lust auf Eistee mit Stevia-Glycosiden E 960? Nicht alles, was süß ist, ist so natürlich wie Wiener Zucker". Das saß.
Zuckerindustrie schlägt zurück
Selbst der österreichische Werberat runzelte die Stirn und empfahl dem Absender der Botschaft bei der Gestaltung von zukünftigen Werbemaßnahmen eine sensiblere Vorgehensweise, "um Irreführung und Täuschung von Konsumenten zu vermeiden". Damit geht das Match "Zucker gegen Stevia" zielsicher in die nächste Runde.
Natürlichkeit als Verkaufsargument
In unserer Überflussgesellschaft sehnen sich immer mehr Menschen nach naturbelassenen Lebensmitteln. Wenn man sie auch noch ohne Reue genießen kann, umso besser. Stevia erfüllt auf den ersten Blick beides: Die Süße stammt aus den Blättern der Steviapflanze und hat so gut wie keine Kalorien. Nicht von ungefähr wird es daher von vielen Menschen mit den Attributen "natürlich" und "leicht" assoziiert. Ein Eindruck, den Industrie und Handel, wann immer es geht, kräftig unterstützen.
Aufwendig, wie die Verarbeitung von Zuckkerrüben
Schaut man genauer hin, relativiert sich das Werbeargument "natürlicher Zuckerersatz". Als Süßungsmittel zugelassen sind nämlich nur die Steviolglykoside, die in einem aufwendigen Prozess aus der buschigen, grünen Steviapflanze herausgelöst werden.
Nur industriell gewonnene Steviolglykoside zugelassen
Und so sieht dieser industrielle Vorgang im Detail aus: Versetzen der getrockneten Steviablätter mit Wasser oder Alkohol, Ausfällen der herausgelösten Stoffe mit Salzen, Entfärben mit speziellen Harzen. Darauf folgen Entsalzung und Kristallisation aus alkoholischer Lösung, bis der eigentliche Süßstoff, die Steviolglykoside, in einem Reinheits- grad von mindestens 95 Prozent vorliegt (bezogen auf die Trockensubstanz des Endprodukts).
Das bedeutet, dass das Steviablatt vom Süßstoff ungefähr genauso weit weg ist wie die Zuckerrübe vom Haushaltszucker. Ja, auch beim herkömmlichen Zucker kommen Natur und Natürlichkeit nur in der Werbung vor.
Stabilisatoren, Konservierungs- und Trennmittel
Bei Stevia in Pulver- oder Tablettenform finden sich häufig auch noch Konservierungsmittel wie Kaliumsorbat oder Sorbinsäure, Stabilisatoren wie Alkohol oder Trennmittel in Form von Siliciumdioxid.