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Pestizide in Obst und Gemüse - Rückstände auf dem Rückzug

  • 104 Produkte auf Schadstoffe untersucht
  • Mehrfachbelastungen noch immer vorhanden
  • Bio schneidet am besten ab: keine Rückstände gefunden!

Makellos schön

Ob Äpfel, Erdbeeren, Paradeiser, Paprika oder Salat: Praktisch rund ums Jahr liegen in den Supermarktregalen zahlreiche Obst- und Gemüsesorten von makelloser Schönheit.

Und daheim im Garten? Dort überzieht Mehltau die Bäume, die Äpfel haben braune, korkige Stellen, die Schnecken bedienen sich an den Zucchini und die Paprika bleiben klein und unansehnlich, weil es ihnen einfach zu kalt ist. Die Ernte fällt mickrig aus und ist optisch meist Lichtjahre von dem entfernt, woran unsere Augen längst gewöhnt sind.

104 Proben untersucht

Der Vergleich fleckige Früchte aus dem Hausgarten kontra Hochglanzware aus dem Supermarkt macht unsicher: Da muss Chemie im Spiel sein, denken viele – und sorgen sich wegen Spritzmitteln in Obst und Gemüse. Wir auch, weshalb wir ab Ende März 2010 einen Monat lang in den Filialen der großen Lebensmittelketten auf Einkaufstour gingen.

Von Äpfeln unterschiedlicher Sorten räumten wir 16 Proben in unseren Einkaufswagen, dazu noch 17 Proben von meist festkochenden Erdäpfeln. 15 Proben Paradeiser – hauptsächlich Cocktailtomaten, aber auch Rispenparadeiser – standen ebenso auf unserem Einkaufszettel wie 16 Proben Salat. Nach weiteren 8 Erdbeer-, 17 Paprika- und 15 Spargel-Proben in Weiß und Grün hatten wir alles, was wir wollten.

Schadstoffen auf der Spur

Schadstoffen auf der Spur

Bezahlt, eingesackt und ab ins Untersuchungslabor, lautete die weitere Marschrichtung. Damit begann die mühsame Suche nach Rückständen von Schädlingsbekämpfungsmitteln. Das Wort Pestizid leitet sich von engl. pest = Schädling (lat. pestis = Geißel, Seuche) und lat. caedere = töten ab. Man versteht darunter chemische Substanzen, die unerwünschte Lebewesen abtöten oder in Wachstum und Vermehrung hemmen.

Pestizide können daher auch nach ihren Zielorganismen unterteilt werden: So wirken z.B. Bakterizide gegen Bakterien, Fungizide gegen Pilze bzw. Pilzkrankheiten und Insektizide gegen Insekten, um nur die wichtigsten zu nennen.

Konventioneller Anbau nicht ohne Pestizide

Vor allem beim konventionellen Anbau von Obst und Gemüse kommen während der Vegetationsperiode Pflanzenschutzmittel zum Einsatz, um mit Schädlingen, Unkraut und Krankheiten fertigzuwerden. In Österreich liegt der Verbrauch an Pestiziden bei rund 3.400 Tonnen pro Jahr.

Davon landen etwa 400 Tonnen (12 Prozent) im privaten Bereich. Darunter versteht man Haushalte, vor allem aber Hausgärten, wo der Griff zur Giftspritze offensichtlich nach wie vor aktuell ist, auch wenn allerorten ökologisch korrektes Gärtnern propagiert wird.

Höchstwerte gesetzlich geregelt

Je nachdem, wie langlebig die ausgebrachten Wirkstoffe sind, können Obst, Gemüse und andere Nutzpflanzen mit Rückständen belastet sein. Wie viel davon in einem Lebensmittel drinnen sein darf, ist gesetzlich geregelt. Wird der für ein Pflanzenschutzmittel festgelegte Höchstwert überschritten, darf das Lebensmittel nicht in Verkehr gebracht, also nicht verkauft werden.

Zum Schutz der Konsumenten wurden vor kurzem bei elf Pestiziden die zulässigen Höchstwerte europaweit gesenkt. Die neue Verordnung bringt vor allem Verbesserungen bei Trauben, Paprika und Gurken.

Belastungen rückläufig

Belastungen rückläufig

Was war in unseren insgesamt 104 eingekauften Proben drin? Erstaunlich wenig, wie wir erfreut feststellen durften. Damit bestätigt sich ein Trend, den wir seit dem Start unserer Pestiziduntersuchungen (Konsument 11/2007 - Trauben: Bio ist besser) registrieren und der auch durch Untersuchungen von Greenpeace bzw. der deutschen Stiftung Warentest bestätigt wird: Die Belastungen sind in den letzten Jahren zurückgegangen.

Und das, obwohl sich die Analytik inzwischen so verfeinert hat, dass nun wesentlich mehr Substanzen nachgewiesen werden können als früher und mit neuen Methoden selbst Minimengen an Pestiziden aufzuspüren sind. Trotzdem bleibt ein bitterer Nachgeschmack. Grund dafür sind die Mehrfachbelastungen. Die Wechselwirkungen der einzelnen Substanzen sind noch immer weitgehend unbekannt.

Lidl und Merkur negativ aufgefallen

34 verschiedene Pestizide konnten unsere Experten festmachen. Waren in einer Probe Rückstände nachweisbar, so fanden wir in der Mehrzahl der Fälle nicht nur eine, sondern gleich mehrere Substanzen. In unseren Tabellen führen wir bei jedem Produkt die Anzahl der nachgewiesenen Pflanzenschutzmittel an.

Natürlich haben wir auch diesmal bei einer Mehrfachbelastung die einzelnen Werte zusammengezählt und die Mengen der nachgewiesenen Pestizide zu den gesetzlichen Höchstwerten in Beziehung gesetzt. Negativ aufgefallen sind hier lediglich zwei Proben:

  • Äpfel von Lidl: In bei Lidl gekauften Äpfeln der Sorte Gala aus Brasilien stecken insgesamt sechs verschiedene Pestizide. Keine dieser Substanzen überschreitet den für sie jeweils festgelegten Höchstwert. Rechnet man aber die enthaltenen Mengen zusammen, werden die addierten Höchstwerte zu 146 Prozent ausgeschöpft, was einer hohen Pestizidbelastung entspricht.
  • Blattsalat von Merkur: Im Herzstück eines Blattsalats von Merkur fanden wir "nur" drei Pestizide. Davon allerdings so viel, dass die addierten Höchstwerte zu mehr als 156 Prozent ausgeschöpft werden, was ebenfalls eine hohe Pestizidbelastung bedeutet. Außerdem kam es bei einem der gefundenen Pflanzenschutzmittel zu einer Überschreitung, die aber im Bereich des gesetzlich festgelegten Höchstwertes lag. Das Produkt ist verkehrsfähig, weil die Probe aufgrund einer unvermeidbaren Messunsicherheit der Verordnung entspricht.

Knackpunkt Risikobewertung

Knackpunkt Risikobewertung

Wie viele Schadstoffe in einem Lebensmittel stecken, ist eine wichtige Information. Noch wichtiger ist die Risikobewertung dieser Rückstände. Hier kommt die akute Referenzdosis (ARfD) ins Spiel. Sie ist ein toxikologischer Grenzwert für Pestizide mit einer hohen akuten Giftigkeit.

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat als ARfD jene Substanzmenge definiert, die über die Nahrung innerhalb eines Tages oder mit einer Mahlzeit aufgenommen werden kann, ohne dass daraus ein erkennbares Gesundheitsrisiko entsteht.

Ausschöpfung der akute Referenzdosis (ARfD) berechnet

Als Grundlage für unsere Risikobewertung zogen wir das Modell des deutschen Bundesinstituts für Risikobewertung heran. Für jedes untersuchte Lebensmittel wurde berechnet, wie hoch die Ausschöpfung der akuten Referenzdosis bei Kindern zwischen zwei und fünf Jahren ist.

Keiner unserer Testkandidaten überschritt die akute Referenzdosis. Beim Blattsalat von Merkur wurde es allerdings eng. Er schöpfte bei einem der drei gefundenen Pestizide die akute Referenzdosis zu mehr als 50 Prozent, über alle enthaltenen Schadstoffe gerechnet zu über 70 Prozent aus. Keine Kleinigkeit, da aufgrund der analytischen Streubreite bereits eine Ausschöpfung von 80 Prozent als kritisch angesehen wird.

Äpfel ein Flop, Spargel top

Äpfel ein Flop, Spargel top

Im Vergleich der Produktgruppen untereinander haben Äpfel am wenigsten gut abgeschnitten. Nur in 4 von 16 Proben fanden wir keinerlei Pestizide, in 9 Fällen war die Belastung "sehr gering", in 2 "gering" und im Fall von Lidl, wie bereits beschrieben, "hoch".

Musterhaft war das Ergebnis dagegen beim Spargel. Nur 1 von 15 Proben war sehr gering belastet – in allen anderen waren Pestizide erst gar nicht nachweisbar. Ein sonniges Ergebnis hatten auch die Paradeiser vorzuweisen: In 11 Proben fanden sich keine Pestizide, die restlichen 4 der insgesamt 15 Proben waren nur sehr gering belastet.

Und noch ein echt erfreuliches Ergebnis: Bioware ist, was Schadstoffe betrifft, einfach besser. Bei allen Bioprodukten lautete das Urteil in Sachen Pestizidbelastung ausnahmslos: nicht nachweisbar. Wer hier zugreift, ist auf der absolut sicheren Seite.

Testtabelle: Pestizide in Äpfel

Testtabelle: Pestizide in Blattsalaten

Testtabelle: Pestizide in Erdäpfel

Testtabelle: Pestizide in Erdbeeren

Testtabelle: Pestizide in Paprika

Testtabelle: Pestizide in Paradeiser

Testtabelle: Pestizide in Spargel

Zusammenfassung

  • Keine Angst. Die Belastungen mit Pestiziden sind rückläufig. Viele Obst- und Gemüsesorten enthalten aber häufig mehr als nur einen Schadstoff.
  • Sauber, sauber. Manche Pestizide haften außen an der Schale, andere befinden sich im Fruchtinneren. Auch wenn nicht alle Rückstände abgewaschen werden können: Gründliches Waschen vor dem Verspeisen empfiehlt sich in jedem Fall.
  • Bio ist besser. Bei keinem einzigen Bioprodukt unter unseren 104 eingekauften Obst- und Gemüseproben waren Pestizide nachweisbar.

Testkriterien

Die Analyse der Pestizide erfolgte großteils mittels GC-MS (Gaschromatographie mit Massenspektrometrie) und LC-MS/MS (Flüssigchromatographie mit Massenspektrometrie).

Bewertet wurde nach folgender Skala: 

nicht nachweisbar
sehr gering
gering
hoch
sehr hoch

Anzahl der nachgewiesenen Pestizide (20%): 

nicht nachweisbar = 0 
sehr gering =1 bis 3 
gering = > 3 
Der höchste Mittelwert in einer Produktgruppe (Äpfel) beträgt 2,7; daraus ergibt sich das o.a. Bewertungsschema. Maximal wurden 7 Pestizide nachgewiesen. 

Überschreitung der Höchstwerte (1%)

mit Abwertung des Gesamturteils bei einer Note 4 oder 5:
sehr gut = nein 
weniger zufriedenstellend = ja, aber durch die Messunsicherheit nicht eindeutig
nicht zufriedenstellend = ja  

Addierte Ausschöpfung der Höchstwerte in Prozent (39%): 

nicht nachweisbar = 0 
sehr gering = 0,1 bis 25
gering = 25 bis 100  
hoch = 100 bis 160  
sehr hoch = >160 

Addierte Ausschöpfung der ARfD = akute Referenzdosis in Prozent (39%):

nicht nachweisbar = 0
sehr gering = 0,1 bis 10 
gering = 10 bis 80 
hoch = 80 bis 100
sehr hoch = > 100  

Überschreitung der ARfD (1%) 
mit Abwertung des Gesamturteils bei der Note 5:

sehr gut = nein 
nicht zufriedenstellend = ja 

Höchstwertüberschreitungen wurden mit "sehr hoch" bewertet. Das entspricht einem "nicht zufriedenstellend". Liegt aufgrund der Messunsicherheit kein eindeutiges Ergebnis vor (Wert kann knapp unter oder knapp über dem Grenzwert liegen), wurde im Endurteil ein "hoch" – entspricht weniger zufriedenstellend – vergeben. 

Zur Berechnung der akuten Referenzdosis (ARfD) wurde von der Untersuchungsanstalt Eurofins das Modell des deutschen Bundesinstituts für Risikobewertung herangezogen. Es wurde also berechnet, wie die akute Referenzdosis von Kindern ausgeschöpft wird, die zwischen zwei und fünf Jahre alt sind und kurzfristig von einem bestimmten Lebensmittel die maximale Verzehrsmenge (siehe unten) verspeisen. Als durchschnittliches Körpergewicht von Kindern dieser Altersgruppe wurden 16,15 kg angenommen. 

Kurzfristige maximale Verzehrsmengen in Gramm:

Äpfel, roh 234,8
Erdbeeren, roh 251,8
Salat, roh 86,9
Kartoffeln, verarbeitet 218,8
Paprika, roh 145,3
Spargel, verarbeitet 155,4
Tomaten, roh 150,6

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  • Bio- und Fairtrade Produkte
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  • Biotechnologie und Gentechnik
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156 Seiten, 14,90 € + Versand

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